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In die unbegrenzte Weite. Karoline von GünderrodeЧитать онлайн книгу.

In die unbegrenzte Weite - Karoline von Günderrode


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wohnt mit mir im kleinen Palmenthal,

      Doch nicht des Thales angenehme Kühle,

      Nicht Bäche Murmeln, nicht der Sonne Kreisen

      Erfreuet meinen guten Vater mehr.

       Franke

      Wie! freut dem Vater nicht des Stromes Quellen,

      Der Palmen lindes Frühlingssäuseln nicht?

      Ich faß es; doch, wie es ein Gram mag geben

      Der deiner Tröstung möchte widerstreben,

      Das nur, Lastrata, faß ich nicht.

       Mädchen

      Italien ist das Vaterland des Greisen,

      Und vieles Unglück bracht ihn nur hierher.

      Mit sehnsuchtsvollem Blick schaut er am Mittelmeere

      Hinüber in das vielgeliebte Land.

      Und seufzend sehn’ auch ich hinüber

      Nach jenen Blüthenreichen Küsten mich.

      Erkranket ruht mein Geist auf jener blauen Ferne,

      Und schöne Träume tragen mich dahin.

      Sag’, wogt nicht schöner dort der Strom des Lebens?

      Sehnt dort die kranke Brust sich auch vergebens?

       Franke

      Mädchen! ach! von gleichem Wunsch betrogen,

      Wähnt’ ich: schönes berg’ die Ferne nur,

      Doch umsonst durchsegelt’ ich die Wogen,

      Hat auch diese Ahndung mir gelogen

      Die du, Mädchen, jetzt in mir erweckt. –

       Mädchen

      Fremdling! kannst du diese Sehnsucht deuten?

      Fühlst du dieses unbestimmte Leiden?

      Dieses Wünschen ohne Wunsch?

       Franke

      Ja ich fühl ein Sehnen, fühl ein Leiden.

      Doch jetzt kann ich diese Wünsche deuten,

      Und ich weiß, was dieses Streben will.

      Nicht an fernen Ufern, nicht in Schlachten!

      Wissenschaften! nicht an eurer Hand,

      Nicht im bunten Land der Phantasien!

      Wohnt des durst’gen Herzens Sättigung.

      Liebe muß dem müden Pilger winken,

      Myrthen keimen in dem Lorbeerkranz,

      Liebe muß zu Heldenschatten führen,

      Muß uns reden aus der Geisterwelt. –

      Mächt’ger Strom! ich fühlte deine Wogen,

      Unbewußt fühlt’ ich mich hingezogen,

      Nur wohin! wohin! das wußt’ ich nicht.

      Wohl mir! dich und mich hab’ ich gefunden.

      Liebe hat dem Chaos sich entwunden.

      1Hinweise bezüglich orthographischer Besonderheiten s. Nachbemerkung.

      2Tellus: „Erde“, in der römischen Mythologie die Erd-Gottheit, entspricht der griechischen Gaia.

      3Timur: auch als Tamerlan bzw. Timur Lenk bekannt, 1336-1405, ein zentralasiatischer muslimischer Eroberer, strebte die Wiederherstellung des Mongolischen Reiches an.

      4Manen: in der römischen Religion die Geister der Toten.

      5Erebos: in der griechischen Mythologie der Gott und die Personifikation der Finsternis.

      6Samum: Bezeichnung für einen Sandsturm in Nordafrika/Arabien.

      7Ariadne: in der griechischen Mythologie die Tochter des kretischen Königs Minos und seiner Gattin Pasiphaë. Sie half Theseus den Minotauros zu besiegen, floh mit Theseus von Kreta, wurde von ihm aber auf der Insel Naxos zurückgelassen.

      8Möris: in der griechischen Antike Name eines großen, durch Dämme begrenzten künstlich angelegten Sees in Unterägypten.

      ES HAT EIN KUSS MIR LEBEN EINGEHAUCHT

      Poetische Fragmente

       Piedro

      Dunkel ruhet auf den Wassern,

      Tiefe Stille weit umher,

      Piedro’s Schiff nur theilt die Wellen,

      Seine Ruder schlägt das Meer.

      Aber Piedro steht am Maste

      Und sein Aug’ in trüber Glut,

      Sucht den Räuber der Geliebten,

      Sucht sie durch des Meeres Fluth.

      Endlich naht er ihrem Segel,

      Endlich geht die lange Nacht,

      Und mit ungedult’ger Eile

      Ordnet er der Schiffe Schlacht.

      Viele fallen, Viele siegen,

      Einer kämpft mit Löwenmuth,

      Naht sich Piedron durch die Menge

      Kühnlich mit bescheidnem Muth.

      Und sie kämpfen, keiner weichet,

      Tapferkeit wird wilde Wuth;

      Und in zornigen Strömen mischet

      Sich der Kämpfer heißes Blut.

      Endlich in des Jünglings Busen

      Senket Piedro seinen Stahl,

      Vor dem unwillkommenen Gaste

      Flieht sein süßes – Leben all.

      Und er stirbt so hold im Tode,

      Daß Piedro niedersinkt,

      Und von seinen blassen Lippen

      Reuig heiße Küsse trinkt.

      Nacht will endlich niedersinken,

      Tiefe Stille weit umher;

      Piedro’s Schiff nur theilt die Wellen,

      Seine Ruder schlägt das Meer.

      Piedro aber liegt verwundet

      Einsam in des Schiffes Raum;

      Seine Seele ist gefangen,

      Ganz und gar in einem Traum.

      Denn ihm däucht er sey umschlungen

      Von des todten Jünglings Arm,

      Freundlich will sein Auge brechen,

      Doch es schlägt sein Herz noch warm.

      Piedro


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