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Frau Jenny Treibel. Theodor FontaneЧитать онлайн книгу.

Frau Jenny Treibel - Theodor Fontane


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Bühne für den Entwicklungskampf der Zeit (Nr. 4 / 1893) so: „Fontane ist der Zeit nach der erste gewesen, der sich im Berliner Roman im eigentlichen Sinne des Wortes versucht hat, und ist im Range nach der Erste geblieben, soviele Nachahmer sich mittlerweile auch um ihn gescharrt haben“4. Als außerordentlicher Stilist präsentiert sich Fontane ebenso in seinen Briefen. Er war einer der fleißigsten Briefeschreiber seiner Zeit. Nach seinem Tod am 20. September 1898 hinterließ er ein Briefwerk von über 5000 Druckseiten.

      Auch in Frau Jenny Treibel spiegelt sich all sein dichterisches Können. Poetisch realistisch beschreibt er hier kritisch die Dünnhäutigkeit und leere Geschwätzigkeit der Gesellschaft des zeitgenössischen Preußens. Was aber lieferte so viel Grund zur Kritik? Mit dem Definieren über Besitz und Bildung schien es dem Bürgertum nicht genug. Das Bildungsverständnis wandelte sich zum Bildungswahn. Der Grad der Bildung maß sich plötzlich am Zitatenschatz und auswendig gelernten Gedichten, wobei die innere Auseinandersetzung derer vollkommen ungeachtet blieb.5 „Bildung [verhalf] also zu Besitz und Ansehen, und Besitz ermöglicht[e] Bildung. […]Geistiger ‚Reichtum‘ und materieller Reichtum [gingen] auf einmal Hand in Hand.“6 Für Fontane galt es, diese „Strategie bürgerlicher Gesinnung mit ihrem Widerspruch von Schein und Sein, von Anspruch und Wirklichkeit“7 zentral zu thematisieren. Letztendlich ließ er sich am 26. Februar 1884 von einem Theaterbesuch zu Frau Jenny Treibel inspirieren. Roderich Heller hieß das Stück, in welchem eine reiche Fabrikantenfrau ihrem Freund von einst – einem Dichter – nachschwärmt.8 Der damals 65 Jahre alte Theodor Fontane begann zu schreiben. „Zweck der Geschichte“ sei, so schrieb er am 9. Mai 1888 an seinen Sohn Theodor: „das Hohle, Phrasenhafte, Lügnerische, Hochmütige, Hartherzige des Bourgeoisesstandpunkts zu zeigen, der von Schiller spricht und Gerson [ein Berliner Modesalon] meint“9. Eine vorläufige Fassung des Werkes war bereits im Mai 1888 fertig und trug den Titel Frau Kommerzienrätin oder Wo sich Herz zum Herzen findt. Fontane griff erst 1891 das liegengelassene Werk wieder auf und überarbeitete es gründlich. Zwischen Januar und Juni des darauffolgenden Jahres erschien der Roman fortsetzungsweise in der Deutschen Rundschau. Noch heute dient diese Version als Grundlage für neuere Ausgaben, da das ursprüngliche Manuskript seit Ende des Zweiten Weltkrieges als verschollen gilt. Die erste Buchausgabe wurde mit eingedrucktem Erscheinungsjahr 1893 veröffentlicht.10

      Die Hauptperson, Frau Jenny Treibel, stellt eine typische Vertreterin des Besitzbürgertums dar. Als Frau des Kommerzienrates und Fabrikbesitzers Treibel schwärmt sie allerdings immer noch in sentimentaler Weise für den Gymnasiallehrer Wilibald Schmidt und dessen Bildung. Dessen Tochter Corinna möchte Jennys Sohn Leopold heiraten und es kommt zu einigen Verwicklungen. Die dominante, prestigesüchtige Jenny wird dabei als „Musterstück von einer Bourgeoise“ gnadenlos vorgeführt und verhöhnt.11 Der Erzähler ironisiert das bürgerliche Selbstverständnis, indem er das Haus Treibel so eindeutig „Besitz“ repräsentieren lässt wie das Haus Schmidt „Bildung“ und deren Konflikt dann eine Ideologie Lügen straft, die noch das zusammendenkt, was in der Realität längst getrennt war.12 Durch den ganzen Roman zieht sich Ironie und Heiterkeit. Es sollte das humorvollste Werk Fontanes bleiben. Schon der Untertitel Wo sich Herz zum Herzen find‘t ist ironisch aufzufassen, da bei Jenny Treibel eindeutig nicht Herz zum Herzen gefunden und sie statt zu Rosen zum Gold gegriffen hat.13

      Fontane verlieh seinen Figuren allerlei Züge real existierender Personen. Seine eigene Schwester Jenny Sommerfeldt – in seinen Augen eine typische Bourgeoise – verkehrte in Kreisen Berliner Großindustrieller14 und diente so als Vorlage für die Kommerzienrätin. Der Dichter selbst fand sich wohl in der Figur des Wilibald Schmidt wieder und auch dessen Tochter Corinna verlieh er Züge seiner eigenen Tochter Mete.15

      1893, nicht einmal ein Jahr nach dem Erstdruck, erschien eine Neuauflage von Frau Jenny Treibel. Bis 1899 wurden drei weitere Auflagen verlangt und waren damit signifikant für den Erfolg des Buches. Nur Effi Briest toppte diese Zahlen noch. Die satirische Darstellung des modernen großstädtischen Besitzbürgertums wurde beinahe ausschließlich positiv kritisiert Vorwürfe, Fontanes Gesellschaftskritik, die humorvoll und humanistisch abgemildert sei, fehle es an Schärfe und Konsequenz, sind dabei zwar nicht zu unterschlagen16, aber die zahlreichen Bühnenbearbeitungen und Verfilmungen sprechen für sich. So ist es auch nicht verwunderlich, dass in der 17. Auflage des Brockhaus unter dem Stichwort „Bourgeoisie“ als einziges literarisches Beispiel dieser Roman aufgeführt wird.

      Theodor Fontane, Frau Jenny Treibel

      Der Künstler, der geistig schaffende Mensch freier Denkweise, wird mit dem Bourgeois17 verschiedener Schattierung keine Möglichkeit der Verständigung haben; ja, er wird in ihm einen Feind sehen müssen — und umgekehrt. Bei dem Verhältnis des Künstlers — im weitesten Sinne genommen — zum Kleinbürger18 liegen die Dinge einfach. Die Ablehnung der Arbeit und oft auch der menschlichen Persönlichkeit, der „Moral“ des Künstlers durch den Kleinbürger ist ehrlich; die Unvereinbarkeit der Denk- und Lebensweisen liegt klar zutage. Der Kleinbürger kann gar nicht anders, er muss die muffige Atmosphäre seines Daseinsbezirkes vor jedem frischen Luftzug bewahren. Er wird den Künstler gewähren lassen, er wird den Kopf schütteln über dessen ihm unfassbare Art des Denkens und Handelns und wird Türen und Fenster fest zusperren; gerade in dem Punkte des Sichabsperrens gegen alles Neue, Ungewohnte ist der Kleinbürger ja von großer Zähigkeit und Treue gegen sich selbst. Wird er angegriffen oder auch nur kritisiert, so versteht er entweder überhaupt nicht, dass er gemeint ist, oder aber er zieht sich auf das nicht zu erschütternde Bewusstsein seiner bürgerlichen Ehrbarkeit, seiner „Rechtschaffenheit“ in Denken und Handeln zurück; tückisch wird er erst, wenn das Neue, Fremde irgendwelche Ansprüche an seinen Geldbeutel stellt. — Komplizierter liegen die Dinge bei dem Verhältnis des Künstlers zum Großbürger. Denn dessen Mentalität ist eine zwiespältige. Einerseits wird er geneigt sein, auf die „Hungerleider“, die da Bücher schreiben, malen, in Stein meißeln, Komödie spielen oder sonst eine „brotlose“ Kunst treiben, mit der gleichen auf die Überlegenheit, die ein Bankkonto verleihe, gegründeten Verachtung herabzusehen, die er den von ihm Ausgebeuteten oder Übervorteilten entgegenbringt. Anderseits wird er sie irgendwie beneiden, weil er — im Gegensatz zum Kleinbürger, der seine Lebensform für die vollkommene hält — spürt, dass es doch Dinge gibt, die mit einem Bankkonto nicht zu erkaufen sind. Wird er daraufhin angesprochen, so wird er, je nach seiner spezifischen Bewusstseinshaltung, verschieden reagieren. Er wird entweder die Unterstellung, der von ihm betriebene Industrie- oder Geschäftszweig sei nicht das A und O seines Lebens, als absurd bezeichnen — die das tun, sind die relativ Aufrichtigen —, oder aber er wird sich in sentimentalem Bedauern ergehen, dass es ihm nicht beschieden gewesen sei, seiner wissenschaftlichen oder künstlerischen Neigung zu folgen, dass er dieses oder jenes habe fabrizieren oder verkaufen müssen. „Glauben Sie mir: ich beneide Sie, ich tauschte jeden Augenblick mit Ihnen — er kann das unbesorgt sagen, weil ein solcher Tausch außerhalb jeder Möglichkeit ist. Der also Angeredete wird höflich oder skeptisch lächeln und sich seinen Teil denken. Von diesem Lächeln aber, mag es auch noch so flüchtig sein, bleibt bei dem anderen ein unbehagliches Gefühl zurück. Denn der eigentliche Bourgeois weiß, wiederum im Gegensatz zum Kleinbürger, dass er durchschaut wird, dass sein geschäftliches und privates Gebaren die Geste sentimental-neidvollen Bedauerns allzu deutlich Lügen straft. Die Ablehnung des Künstlers, ja schon des Nicht-Kaufmannes, des Nicht-Unternehmers, des Beamten und Lehrers etwa, ist bei ihm eine bewusste. Wenn er dessen ungeachtet mit geistigen Menschen, Dichtern, Schriftstellern, Malern, Musikern, Schauspielern, Umgang sucht, so geschieht das, weil er seinemgünstigenfalls auf nüchternes „Verdienen“, oft jedoch auf fragwürdige geschäftliche Manipulationen gestellten Dasein dadurch ein Relief zu geben wünscht; zumal der Verkehr mit „Berühmtheiten“ schmeichelt dem Snob. Auch das so oft hervorgehobene „Mäzenatentum19“ reicher Leute gehört hierher. Auch hier ist das Motiv ein egoistisches. Als Förderer junger „Talente“ und „Begabungen“ gepriesen zu werden, verschafft der Eigenliebe des Bourgeois Genugtuung, und so investiert er sein Geld zur Abwechslung einmal in geistigen „Unternehmungen“. Wehe jedoch, wenn einer der mit seiner Gastfreundschaft


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