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Paulas Töchter. Hans GarbadenЧитать онлайн книгу.

Paulas Töchter - Hans Garbaden


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Lokführer folgte.

      Nachdem der Stationsbeamte das Signal zur Abfahrt des Zuges gegeben hatte, verließ der Moor-Express unter lautem Pfeifen den Findorffer Bahnhof zur Rückfahrt nach Worpswede.

      Dirk Murken machte es sich auf einer der harten Holzbänke in einem der ersten Abteile so bequem wie möglich, schaute aus dem Fenster und ließ das Bremer Blockland an sich vorbeigleiten.

      »Hier bin ich im Februar Schlittschuh gelaufen, die Wiesen werden im Winter immer unter Wasser gesetzt.«

      Murken drehte sich überrascht um. Lena Geffken, die Reporterin vom Bremer Kurier, hatte das Abteil betreten. Sie setzte sich gegenüber von Murken auf den anderen Fensterplatz. »Ist Ihr Chef immer so muffköpfig?«

      Murken hatte sich von seiner Überraschung erholt. »Nein, aber man muss ihn ja verstehen. Vier Mädchen verschwinden einfach so ohne jede Spur. Er leitet die Ermittlungen, bekommt Vorwürfe von oben und kann immer noch keine Ergebnisse vorweisen. Und dann der Druck der Presse, für den Sie ja auch wohl mitverantwortlich sind.«

      »Nein – bis vorgestern jedenfalls nicht. Ich bin neu in der Lokalredaktion. Der Kollege, der zuständig war, hat gekündigt. Er hat ein Angebot von der Hamburger Abendpost bekommen.«

      Murken riss sich vom Anblick der blonden Haare, der blauen Augen, der kleinen Stupsnase und der schnuckeligen Figur los. »Ich bin im Dienst.«

      Lena Geffken lächelte. »Ich auch, da können wir ja zusammen ermitteln.« Dabei nahm sie ihre Mütze ab und schüttelte ihre blonden Locken.

      Lautes Pfeifen der Lokomotive kündigte den Halt auf der Bahnstation Lilienthal an. Der Regen hatte inzwischen aufgehört. Mit einigen anderen Fahrgästen verließen der Wachtmeister und die Reporterin den Zug, um sich während des fünfzehnminütigen Aufenthaltes auf dem Bahnhofsgelände umzusehen. Aufmerksam betrachteten sie die ein- und aussteigenden Fahrgäste. Es waren wieder nur unauffällige Bürger; Lilienthaler, die in Bremen Einkäufe getätigt hatten und jetzt mit ihren vollen Taschen und Körben nach Hause wollten.

      Murken und Lena Geffken stiegen wieder in den Zug. Auf den Bahnhöfen der Ortschaften Falkenberg, Worphausen und Mooringen bot sich ihnen das gleiche Bild: unauffällige Bürger, Bauern und Landarbeiter. Kinder waren weder im Zug noch auf den Bahnstationen zu sehen.

      Schweigend fuhren sie der Endstation Worpswede entgegen. Als das Pfeifen der Lokomotive die Ankunft ankündigte, brach Murken die Stille zwischen ihnen: »Ich fahre noch nicht wieder zurück nach Bremen. Ich werde mich in der Bahnhofsgaststätte mal umhören und in Worpswede noch eine Zeugin befragen.«

      »Ich muss leider zurück in die Redaktion. Ich arbeite gerade an einem Artikel über das Überseemuseum in Bremen und bin heute noch mit dem Museumsleiter verabredet.«

      Auf dem Bahnhof verabschiedete Murken sich: »Schade, ich hoffe, dass wir uns auch mal privat sehen.«

      Lena Geffken stieg wieder in den abfahrbereiten Zug und rief Murken aus dem Abteilfenster des anfahrenden Moor-Express zu: »Nun mal nicht so schnell, junger Mann. Aber Sie wissen ja, wo Sie mich finden können.« Damit verschwand sie im Abteil.

      Murken sah sich um und betrachtete den von Heinrich Vogeler gestalteten Bahnhof, erinnerte sich an seinen Auftrag und ging zügigen Schrittes zur am Ende des Bahnhofsgebäudes gelegenen Gaststätte.

      Beim Betreten des Gastraumes stellte er fest, dass das Lokal sehr gut besucht war. Er setzte sich an einen der letzten freien Tische und betrachtete die Gäste. Der Kleidung nach zu urteilen handelte es sich überwiegend um Torfbauern. Aber auch einige städtisch gekleidete Männer waren unter den Gästen. Am Tisch neben ihm saß ein junger Mann in einem langen Mantel, der offensichtlich angetrunken war und in sein leeres Bierglas starrte. Die Wirtin, eine etwas aufgedunsene, verschlagen wirkende und Murken an ein Eichhörnchen erinnernde Frau, brachte dem jungen Mann gerade ein neues Bier, wandte sich dann Murken zu und fragte nach seinen Wünschen. Er bestellte einen Kaffee und richtete sein Augenmerk auf drei Gäste an einem großen Tisch; offenbar der Stammtisch.

      Die Männer, von denen zwei der Kleidung nach zu urteilen Torfbauern waren und der dritte, der elegant – mit gestärktem Hemd mit Stehkragen, Fliege und einem Dreiteiler – wie ein Städter am Sonntag gekleidet war, diskutierten lautstark – wie Murken unschwer mitanhören konnte – über die vermissten Mädchen.

      Einer der drei, ein bulliger Glatzkopf, sagte gerade: »Man müsste dem Cord mal gehörig auf den Zahn fühlen, ich habe das ungute Gefühl, dass dieser Idiot etwas mit dem Verschwinden der Mädchen zu tun hat.«

      Der neben ihm Sitzende – ein kleiner, gnomenhaft wirkender Mann – pflichtete ihm bei: »Ja, ich habe auch schon daran gedacht, dass dieser Schwachkopf Dreck am Stecken hat.«

      Murken stand auf, ging zu dem Tisch mit den Männern und gab sich als im Fall der verschwundenen Mädchen ermittelnder Polizeibeamter zu erkennen. Mit einer Handbewegung lud der Glatzkopf ihn an ihren Tisch ein. Er stellte sich als Viehhändler Friedrich Wahlers aus Hüttenbusch vor, den neben ihm sitzenden Gnomenhaften als Berend Lankenau, Großbauer in Mooringen. Der Elegante, ein Mann mit leichtem Bauchansatz, wallendem Haupthaar und einem gewaltigen Schnurrbart, der an den eines ungarischen Pusztabauern erinnerte, stellte sich selbst vor: »Mein Name ist Frederic Arend, ich bin Kunsthändler, habe eine Galerie in Bremen. Ich halte in Worpswede Ausschau nach noch unbekannten Malern.«

      Die bisher sehr angeregt geführte Unterhaltung der drei, die sie jetzt unterbrochen hatten, verriet Murken, dass ihre geröteten Gesichter nicht von der schon kräftigen Junisonne, sondern vom Alkohol stammten. Während der Viehhändler und der Großbauer zwei frische Biere und leere Schnapsgläser vor sich auf dem Tisch stehen hatten, trank der Kunsthändler Rotwein. Die Flasche Rotspon, die vor ihm stand, war halb geleert.

      Murken kam zur Sache: »Wie war das mit dem Cord eben in Ihrem Gespräch?«

      Viehhändler Wahlers polterte los: »Ja, ja, der Cord, Cord Wischhusen, den sollten Sie sich mal vornehmen, da war vor Jahren schon mal was mit zwei Bauernmägden.«

      Der gnomenhafte Großbauer ergänzte: »Der gilt hier als der Dorftrottel, ich meine aber, dass das ein ganz durchtriebener Bursche ist.«

      Während ihres Gesprächs verließ der angetrunkene junge Mann die Gaststätte. Kunsthändler Arend deutete hinter ihm her: »Der Lür, ein Jammer, ein so talentierter Maler, wenn nur der Suff nicht wäre. Die Amerikaner sind ganz scharf auf junge Worpsweder.«

      Murken räusperte sich. »Den Cord Wischhusen, wo finde ich den?«

      Lankenau machte eine ausholende Armbewegung: »Den finden Sie überall und nirgends. Er hilft den Bauern bei der Arbeit. Dafür bekommt er zu essen und darf bei ihnen im Stall schlafen. Oder er hilft den Künstlern beim Ausbau ihrer Ateliers. Wo er im Moment ist, kann ich nicht sagen.«

      Murken bedankte sich und ging zur Theke, um seinen Kaffee zu bezahlen. Die Wirtin hielt Murken nach dem Bezahlen leicht am Ärmel fest. Sie beugte sich dicht an sein Ohr und flüsterte: »Ich will ja nichts gesagt haben, aber der Lür, ich meine den jungen Kunstmaler, der eben am Tisch neben Ihnen gesessen hat, führt immer so komische Selbstgespräche. In letzter Zeit – immer wenn ich ihm sein Bier bringe – höre ich da was von Paula und den Mädchen und so. Und vor ein paar Monaten soll da auch schon mal was mit einem Mädchen gewesen sein, das ihm in seinem Atelier Modell gesessen hat.«

      »Vielen Dank, Frau ...«

      »Meyerdierks, Grete Meyerdierks«, antwortete die Frau beflissen.

      Murken nickte noch einmal dankend und verließ die Gaststätte, um den Ortspolizisten Johann Behrens aufzusuchen.

      Die Polizeistation in der Lindenallee war geschlossen. Ein Nachbar steckte seinen Kopf aus der Klöntür des Hauses: »Wenn Sie den Johann Behrens treffen wollten, sieht das heute schlecht aus. Der ist gerade wegen einer Grenzstreitigkeit in Lüninghausen.«

      Murken dankte für die Auskunft und ließ sich von dem Nachbarn den Weg zu Meta Tietjen beschreiben: »Ganz einfach, hier die Straße hinunter. Dann links in die Hembergstraße. Gleich auf der rechten Seite liegt das ehemalige Wohnhaus von Paula


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