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Das Erwachen der Gletscherleiche. Roland WeisЧитать онлайн книгу.

Das Erwachen der Gletscherleiche - Roland Weis


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war. Obendrein war der Professor ein Genie. Der andere Grund.

      Wenig später erreichten sie das Carlton in St. Moritz. Aschendorffer hatte während der kurzen Fahrt im Telefonat mit seiner Assistentin darauf bestanden, dass sie „den größten Klotz“ aussucht. „Wir sollten ein bisschen anonym bleiben“, erklärte er schnoddrig, ganz wie es seine Art war. Überhaupt sprach der Professor immer sehr lässig, auf schnippische Art emotionslos. Im gleichen Tonfall, in dem er den kürzesten Fußweg vom BioGen-Institut zum Freiburger Hauptbahnhof erklärte, berichtete er auch von der erstmaligen Verpflanzung eines Hühnerhirns in den Schädel einer Taube. Das war ihm vor einem halben Jahr gelungen. Die Taube konnte danach zwar nicht mehr fliegen, lebte aber noch vier Wochen lang. Auf jeden Fall hätte man an seinem Tonfall niemals erkennen können, ob es sich nun gerade um etwas Wichtiges oder eher etwas Belangloses handelte. Gefühle drückte Aschendorffer nicht durch Sprache aus, sondern durch Aktivitäten. Je hektischer er wurde, je aufgeregter und ungeduldiger, desto größer war seine emotionale Erregung. Jetzt zum Beispiel.

      Während der Fahrt ließ der Professor sich von Kaymal die Funktion des Kühlwagens erläutern. Permafrost war garantiert, auch wenn sie den Wagen über Nacht in der Hoteltiefgarage abstellten. Das stellte den Professor zufrieden.

      Das Carlton saß als monströses Schloss in prominenter Hanglage mitten in Sankt Moritz und blickte aus einer zwölfstöckigen Suiten-Front gelassen auf den Ort und den dazugehörigen See hinunter. Der Professor stolzierte ein, zückte seine Kreditkarten und wurde auf der Stelle kniefälligst umsorgt. Er gehörte zu jener Sorte von Menschen, denen Dienstpersonal sofort die Bedeutung ansah. Dazu brauchte er keine Worte, schon gar nicht prunkvolle Kleidung und auch keinen Porsche draußen vor der Hotelzufahrt. Es genügte ein messerscharfer Blick, damit ihm das Personal an der Rezeption alle Wünsche erfüllte. Währenddessen brachte Kaymal den Lieferwagen in die Tiefgarage. Aschendorffer versicherte sich, dass Mona alle seine Anweisungen umgesetzt, ihnen getrennte Zimmer reserviert, frische Kleidung besorgt und schon den Tisch zum Abendessen reservierte hatte. Sie telefonierten kurz miteinander. Aschendorffer legte Wert darauf, dass Monas Freund Armin weiterhin nichts von seiner Anwesenheit wusste. Er erfuhr, dass sich die Bergwacht und ein Beamter der Schweizer Gendarmerie bei Mona angemeldet hatten, um deren Aussagen zu protokollieren. Die Schweizer Obrigkeit beabsichtigte, angemessenes Wetter vorausgesetzt, den Gletscherleichnam am nächstfolgenden Werktag zu bergen.

      Aschendorffer und Kaymal nahmen im Hotelrestaurant ein mehrgängiges Abendessen unter Kronleuchtern ein, bei dem Kaymal vor Erschöpfung mehrfach einzuschlafen drohte. Der Professor klopfte ihm dann mit dem schweren Silberlöffel auf den Handrücken. Ein Schwarm pinguinähnlicher Kellner umsorgte die beiden späten Gäste. Dass man gemeinhin in diesem Ballsaal in festlicherer Garderobe zu speisen pflegte, war dem Erscheinungsbild der übrigen Gäste zu entnehmen. In dieser Hotelkategorie waren die Bediensteten schrullige Typen aller Art gewohnt.

      Später führte Aschendorffer sich das kostenpflichtige Porno-Video-Angebot des Hotels zu Gemüte – stets die Stimme Fräulein Monas im Ohr und ihr Bild im Kopf. Er lag noch lange wach und schmiedete Pläne hinsichtlich der gekaperten Gletscherleiche. Er wusste genau, wie er vorgehen wollte: Zuerst würde er die Gewebeproben analysieren, das genaue Alter, Herkunft und spezifische Eigenheiten des Leichnams ermitteln. Vom Zustand insgesamt wollte er dann das weitere Vorgehen abhängig machen. Vielleicht war es ja möglich ...? Nein, er wollte nicht zuviel träumen. Noch nicht.

      Hatte er am Abend noch wie der vernichtend geschlagene Hauptmann des osmanischen Sultans gewirkt, so sah man Meslut davon am nächsten Morgen nichts mehr an. Frisch wie ein Animateur stand er dienstbereit auf der Matte und klopfte den Professor aus dem Zimmer. Ohne Frühstück checkten sie aus und verließen das Hotel durch die Tiefgarage. Der Eisblock im Lieferwagen, so versicherte Kaymal, befand sich noch unversehrt im Kühlraum, solide tiefgefroren. Aschendorffer konnte es nicht mehr erwarten, möglichst bald mit dem Leichnam ins Institut zu kommen. Kaymal fuhr trotzdem nicht schneller als erlaubt. In Basel bog er in den innerörtlichen Verkehr Richtung Riehen ab. Aschendorffers fragenden Blick beantwortete er mit der verschwörerischen Auskunft, einen „Schleichewege“ über die Grenze zu kennen. An dem kleinen Grenzübergang zwischen Riehen und Lörrach werde nicht kontrolliert. „Nixe Risiko!“

      Kaymal konnte nicht alles wissen, und er hatte nicht immer Recht. Am Grenzübergang trat ihnen ein bundesdeutscher Zollbeamter in den Weg und zwang sie mit einer Kelle zum Anhalten. Sein Kollege saß ein paar Meter weiter im zivil getarnten Einsatzfahrzeug. So ein Pech. Sie waren zufällig in eine Stichprobenkontrolle geraten.

      Kaymal bleckte die Zähne und kurbelte die Seitenscheibe herunter. Ganz höflich: „Nixe zu verzolle! Bringe tiefekühle Gemuse!“

      „Ihre Papiere bitte!“

      Sie streckten ihre Ausweise aus dem Fenster. Kaymal zeigte die meterbreite Front seiner gelben Zähne und hatte erstaunlicherweise auch die Fahrzeugpapiere des Lieferwagens parat. Darunter auch einen zerknitterten, mehrfach gefalteten Frachtgutlieferschein.

      Der Zollbeamte nahm alles gründlich unter die Lupe und reichte eines nach dem anderen wieder ins Führerhaus zurück. Beim Frachtgutlieferschein stutzte er. „Das ist auf Türkisch ausgefüllt!“

      „Isse korrekt!“, bestätigte Kaymal strahlend.

      Unwillig schüttelte der Beamte den Kopf. „Das kann ich leider nicht lesen. Was haben Sie geladen?“

      Aschendorffer, der sich vorgebeugt hatte, um besser zu verstehen, geriet ins Schwitzen. War jetzt alles verloren? Wie kam Kaymal dazu, Papiere auf Türkisch auszufüllen? So ein Vollidiot. Das musste ja schief gehen.

      Kaymal zog dem Zollbeamten sanft den Lieferschein aus den Händen und übersetzte, was dort stand: „Isse tiefekühle Lebensmittel. 17 Kilogramme von Pizza, 31 Kilogramme von Fische, 24 Kilogramme von Gemuse, 20 Kilogramme süsse Eise, 40 Kilogramme ...“

      War der Kerl wahnsinnig? Aschendorffer kniff Kaymal unauffällig in den Oberschenkel. Aber der fuhr ungerührt fort: „ ... 55 Kilogramme halbe Pilic ...“

      „Pilic?“, fragte der Zollbeamte.

      „Isse Bratehähne“, korrigierte Kaymal.

      „Brathähnchen, ah so!“ Der Zollbeamte hatte verstanden. Er hörte sich noch einige weitere Sekunden lang Kaymals Aufzählung an, dann bat er: „Öffnen Sie doch mal den Laderaum!“

      Aschendorffer wog seine Flucht- gegen seine Ausredenalternativen ab. Beide waren wenig ermutigend. Kleinlaut stieg er aus. Kaymal und der Grenzwächter standen bereits hinter dem Lieferwagen. Kaymal löste den Sicherungshebel und klappte die Ladetür auf. Das Innere des Kühlwagens war bis unter das Dach mit Bofrost-Waren gefüllt: Fertigpizzen, gestapelte Gemüseportionen, Fleischmenüs, Speiseeis, hartgefrorene Brathähnchen, handlich wie Rugbybälle, alles von einem feinen Frostreif überzogen. Der Grenzbeamte lies kurz den Blick darüber streifen, tippte mit einem Finger eine Fischstäbchenpackung an, zog sie heraus, prüfte sie kurz und legte sie wieder an ihren Platz.

      „Alles in Ordnung. Sie können weiterfahren!“

      Kaymal grinste und machte einen devoten Bückling. Aschendorffer stand daneben und glotzte ungläubig. Wo war ihr Eisblock? Hatte Kaymal etwa den Lieferwagen verwechselt?

      „Nixe vowechsle“, beschwichtigte der seelenruhig, als sie endlich auf deutsches Hoheitsgebiet rollten. „Habbe nur bissele versteckt!“ Er grinste sein Zampanogrinsen und erklärte, dass er am Morgen vor der Abfahrt den Tiefkühllagerraum eines Lebensmittelmarktes in St. Moritz ausgeräumt und den Lieferwagen mit den Waren zugepackt habe.

      Aschendorffer klopfte ihm begeistert auf die Schulter. Er wollte nicht genauer nachfragen, was „Ausräumen“ zu bedeuten hatte.

      2

      Gendarmerie-Feldweibel Urs Rüthli vom Dezernat Kriminalpolizei bei der Graubündener Kantonspolizei in Chur wippte auf seinem ausgesessenen Schreibtischstuhl, während er den ersten Bürokaffee des Morgens trank und dabei die Protokolle aus den einzelnen Polizeiposten las. Da war übers Wochenende wieder einiges los gewesen: Ein amoklaufender Ehemann in Arosa, Fahrerflucht in Chur, randalierende holländische Hotelgäste in Flims, ein Fall von illegaler Prostitution


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