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Eine spanische Eröffnung. Harald KiwullЧитать онлайн книгу.

Eine spanische Eröffnung - Harald Kiwull


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war ich durch die Ereignisse des Nachmittags so aufgedreht, dass ich innerlich nicht zur Ruhe kam. Obwohl ich eigentlich fand, dass ich ein ganz entspannter Typ war. Aber das war wohl eine ziemliche Selbsttäuschung.

      Jedenfalls war ich ins Grübeln gekommen und hatte einen vagen Plan entwickelt. Und für den brauchte ich Jans Hilfe.

      „Meine Hilfe? Wie kann ich dir helfen? Ich bin hier in Karlsruhe und du in Spanien.“

      Ich erzählte ihm, was ich vorhabe, und hatte wieder das Bild vor Augen, wie er seinen Kopf schüttelte.

      Aber erstaunlicherweise und zu meiner Verblüffung schien er meine Idee gar nicht für so abwegig zu halten. „Maximilian, ich weiß aus der Vergangenheit, du bist einer solchen Situation gewachsen. Und es ist klar, dass du etwas unternehmen musst, aber auch, dass du dich damit einer großen Gefahr aussetzt. Ich habe den Eindruck, mit deinen Gegnern ist nicht zu spaßen. Also: Äußerste Vorsicht und exakte Planung. Aber ich weiß nicht, wie du das allein schaffen kannst. Es ist wirklich schade, dass ich nicht dabei bin und dir helfen kann.“

      Er setzte hinzu: „Aber meinen Teil erledige ich gleich morgen früh. Du kannst dich auf mich verlassen. Halte mich auf dem Laufenden.“

      Das Gespräch war eigentlich beendet, aber er zögerte. Ich merkte, er hatte noch etwas auf dem Herzen.

      „Was ist? Du willst irgendwas sagen?“

      „Ich weiß nicht, ob ich das ansprechen darf.“ Er ließ sich einen Augenblick Zeit. „Aber du hast mir im letzten Jahr von der tollen Begegnung mit deiner früheren Freundin Felicitas erzählt, nach vielen Jahren, von der schönen Zeit zusammen. Und du warst so glücklich. Sie wohnt doch auch in Spanien? Irgendwo dort oben in den Bergen?“

      Ich lehnte mich nachdenklich zurück. Er hatte ja so recht. Felicitas, eine Jugendliebe aus Hamburger Studentenzeiten, die mysteriös über viele Jahre verschwunden und dann überraschend, inzwischen Richterin am Landgericht Berlin, wieder aufgetaucht war. Eine wunderbare gemeinsame Zeit hatte sich angeschlossen.

      Nach dem Tod ihres spanischen Großvaters war sie zur Unterstützung ihrer Großmutter nach Spanien umgezogen und hatte sich zunächst einige Zeit beurlauben lassen. Aber dann war sie aus dem Richterdienst ausgeschieden und Teilhaberin einer Anwaltskanzlei in Valencia geworden.

      „Du hast mich etwas traurig gemacht mit deiner Frage. Das Letzte, was ich von ihr gehört habe, kam aus Argentinien. Sie arbeitet dort für längere Zeit in einer Filiale ihrer Kanzlei.“ Ich schwieg einen Augenblick. „Wir telefonieren, und sie schreibt mir ab und zu. Aber ich habe sie wieder verloren.“

      Jan versuchte mich noch mit einigen ziemlich kreativen Worten über verschiedene Eigenarten der Post aufzumuntern und verabschiedete sich.

      Aber offenbar hatte mir die Umsetzung des ersten Schrittes meines Projektes und vor allem der Kontakt mit meinem lieben Freund Jan doch geholfen. Ich wurde innerlich immer lockerer und mir langsam auch wieder der vollkommenen Stille bewusst. Ich versuchte, mich ganz von der Erinnerung an den Nachmittag zu lösen.

      Dieses großartige Land stärkte mich innerlich. Über Jahre hinweg war ich hier immer wieder dort zur Ruhe gekommen. Die unverkrampften, liebenswerten Menschen, die ich hier bei vielen Besuchen, oft auch ganz spontan, kennengelernt hatte, taten mir richtig gut. Und es war schön festzustellen, dass ich ihnen auch wichtig geworden war. Mit der Sprache, um die ich mich seit Jahren bemühte, kam ich ihnen nahe und begann ihre Gefühle für das Leben zu begreifen. Meine Welt war dadurch reicher geworden. Es waren keine Begegnungen im touristischen Vorübergehen, sondern Beziehungen, die in Jahren gewachsen waren. Ein wunderbares, beglückendes „zweites spanisches Leben“.

      Und dazu noch in dieser für Spanien eher ungewöhnlichen Region. Einer weiten grünen Landschaft mit goldenen Orangen und Mandarinen an den Bäumen, mit den Artischockenfeldern, den blühenden Mandeln und einer Trüffelernte zweimal im Jahr. Ein Spanienkenner hatte mir einmal gesagt: Wenn du dich in Spanien längere Zeit aufhalten oder sogar niederlassen willst, dann musst du horchen, ob dort Vögel singen. Hier wurde ich regelmäßig durch den Gesang der Vögel geweckt.

      Und nur eine Stunde entfernt in das Land hinein eine unglaublich wilde, urtümliche Berglandschaft mit so bizarren gewaltigen Felsformationen, dass man verstummt. Das Maestrazgo mit den uralten Orten Morella, Catí, San Mateo oder Ares del Maestrat, über tausend Meter hoch gelegen. Ein Paradies für den, der es erkennt.

      Schon fast eingeschlafen merkte ich, wie mir diese Gedanken halfen und mich entspannten.

      Kaffeeduft weckte mich. Auf der Terrasse vor meinen Räumen hantierte Paquita und deckte den Frühstückstisch unter einem Sonnenschirm. Ich sprang unter die Dusche und trat nach wenigen Minuten durch die große Glastür hinaus auf die mit Granitfliesen in unterschiedlichen Farben gepflasterte weite Fläche. Etwas seitlich befand sich ein Schwimmbecken und dahinter drei große Palmen.

      Mir war gestern die Lage des Hauses nicht klar geworden. Der obere Teil, in dem Paquita wohnte, war etwas zurückgelagert. Weil das Gebäude terrassenartig in den schrägen Hang gebaut worden war, konnte man dort ebenerdig von der Seite hineingehen. Davor war ein weiträumiger Balkon mit einer umlaufenden Brüstung, über der unteren Wohnung, die ich bezogen hatte.

      Eine Außentreppe führte nach oben und über diese brachte Paquita gerade ein großes Tablett mit Köstlichkeiten für das Frühstück. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Knoten hochgebunden, trug eine kurze, hellblaue Hose und ein weißes Top. Ihre langen, braunen Beine waren beeindruckend.

      Sie strahlte mich an, stellte das Tablett auf den Tisch und wandte sich mir zu. Ich nahm ihre beiden Hände und blickte ihr in die Augen. „Ich danke dir, dass du den armen Verfolgten aufgenommen hast. Dr. Kimble auf der Flucht. Ich habe herrlich und entspannt geschlafen.“

      Sie sah mich etwas verdutzt an, lächelte dann aber nur wortlos zurück und setzte sich.

      Ich trat an die vordere Brüstung, legte die Hände auf die weiße, steinerne Balustrade, sog die Luft ein und genoss das Bild vor mir, die ebenso großartige Tagesversion des schon bei Nacht überwältigenden Eindrucks.

      Es war fast windstill. Am Himmel war keine Wolke. Eine strahlende Sonne. Von der Höhe ein weiter Blick über das dunkelblaue, glitzernde Meer. Ganz in der Ferne zwei kleine Fischerboote, die in Richtung Süden zogen. Links unten wieder der in der Sonne glänzende weiße Leuchtturm. Und direkt tief unter uns der Sporthafen von Alcossebre mit dem Gewimmel von Booten.

      Ich drehte mich um zu ihr: „Du lebst hier an einem wunderbaren Ort.“ Ich zögerte kurz: „Aber vor allem muss ich dir sagen, dass du wirklich toll aussiehst!“

      Mit ihrem „Das sagt Vincent auch immer!“, brachte sie mich auf den Boden der Tatsachen zurück.

      „Allerdings“, setzte sie fort und köpfte ihr Ei auf, „Vincent ist gerade mal so groß wie ich, und“, sie zwinkerte mir mit dem rechten Auge zu, „und ich mag eigentlich nur große Männer.“

      Ich merkte, dass ich etwas unruhig wurde.

      Es war wirklich ein ganz besonderes Frühstück dort oben auf dem Berg über dem Meer.

      Als wir uns zufrieden zurücklehnten, schloss Paquita die Augen, streckte ihre langen Beine von sich und begann zu schnurren wie eine Katze. Offenbar fühlte sie sich mit mir auch ganz gut.

      Es war mir nicht so ganz geheuer, aber jetzt musste ich sie in meine Wirklichkeit zurückholen.

      Ich erzählte ihr von meinem nächtlichen Gespräch mit Jan und was ich vorhabe, behielt aber einiges davon lieber für mich. Sie hörte aufmerksam zu.

      „Aber ich muss wissen, wer die Kerle sind“, ich zögerte etwas, „und dafür brauche ich deine Hilfe.“

      „Du kannst sicher sein, dass ich dich nicht in Gefahr bringen möchte. Die Typen sind gefährlich. Und wir kennen uns erst kurze Zeit. Wenn dir das Ganze etwas unheimlich ist, wenn du nicht magst, bitte sag es mir ehrlich. Ich möchte nicht, dass du irgendwas machst, was du eigentlich nicht möchtest.“

      Sie blickte mir ernst in die Augen. „Ich helfe


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