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Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie. 50 CentЧитать онлайн книгу.

Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie - 50  Cent


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Mensch schießt doppelt so schnell auf einen wie ein wütender. Aber ich war jung und dumm.

      „Du hast eine ganze Menge Fragen, Alter“, sagte ich. Ich hielt die Waffe, die nicht da war, in meiner Hand und bewegte mich, als wollte ich sie jeden Moment hervorziehen.

      Ich sah, wie der Typ im Auto große Augen bekam. Chance trat einen Schritt näher und sagte: „Das letzte Päckchen war zu leicht, Alter.“

      Scheiße. Er wollte mich also tatsächlich ausrauben. „Zu leicht?“, fragte ich. „Was zum Teufel meinst du mit ‚zu leicht‘?“

      „Ich habe dir eine Viertelunze abgekauft“, sagte er. „Das hätten sieben Gramm sein sollen, aber es waren nur sechs.“

      „Mach, dass du deinen Arsch hier wegbewegst“, sagte ich. Wenn ich wirklich eine Knarre gehabt hätte, dann hätte ich ihn wahrscheinlich auf der Stelle erschossen. Ich wurde auf die Probe gestellt, und mein Verhalten in dieser Situation würde zu einem Präzedenzfall werden. Wenn ich Chance Recht gab, dann wäre ich auf der Straße nur noch eins: ein Nigger, mit dem man leicht fertig werden konnte. Ich musste die Diskussion an einen Punkt zurückführen, an dem ich mich in einer Machtposition befand, und ich musste es schnell tun.

      „Ich habe verdammt noch mal fast vier ganze Ziegel verkauft, und keiner hat sich beklagt“, log ich. „Willst du mich verarschen, Alter? Ich komme den ganzen Weg hierher, um dir was von meiner allerletzten Unze zu geben, von meinem Privatvorrat, und du kommst mir so?“ Ich sah über seine Schulter nach dem Mann im Wagen und begegnete seinem Blick. Als er wegsah, tat ich so, als zöge ich meine Waffe aus dem Hosenbund. „Mann, ich sollte dich …“

      Chance bedeckte sein Gesicht mit den Händen. „Bleib locker, Alter“, sagte er, die Augen auf den Boden gerichtet. „Ich sage nur, das Päckchen war zu leicht.“

      „Scheiß auf dich und dein leichtes Päckchen“, sagte ich und ging davon. Als ich an die Ecke kam, schaute ich über meine Schulter zurück und sah, wie Chance mit dem Typen im Auto stritt. Ich bog um die Ecke und rannte den ganzen Weg nachhause.

      In jener Nacht hatte ich lauter Albträume, in denen ich verfolgt wurde. Alle waren sie da. Carlos, Sincere, Brian, Chance, Rhonda – jeder, mit dem ich jemals auf der Straße gedealt hatte. Und alle versuchten, mich entweder auszurauben oder zu töten. In einem Traum wirkte Carlos sehr enttäuscht und redete von Vertrauen. „Wie können wir wie Männer ­Geschäfte machen, wenn ich dir nicht vertrauen kann?“, fragte Carlos. Er fragte andauernd, warum ich nicht antwortete, wenn er mich anpiepste. Ich sagte, dass ich keine Anrufe von ihm erhalten hatte, und zeigte ihm meinen Piepser. Ich versuchte, die gespeicherten Nummern abzurufen, aber er war kaputt und zeigte nur die Nummer von Chance an. Ich sagte Carlos, dass mein Piepser kaputt sei und dass dies möglicherweise der Grund dafür war, warum ich die Anrufe nicht beantwortet hatte. Ich hatte sie nie erhalten. Dann fragte er mich, warum ich eine Waffe auf ihn gerichtet hätte.

      „Waffe?“, fragte ich. „Ich habe noch nie eine Waffe auf dich gerichtet!“, schrie ich Carlos an.

      Carlos blickte zu Boden und hielt dabei seine Hände vors Gesicht. „Das ist nicht die Art, wie Männer Geschäfte machen, Boo-Boo“, sagte er. Ich schaute auf meine Hände. Ich zeigte mit dem Piepser auf ihn. Nur dass es kein Piepser war – es war eine Pistole. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nie eine richtige Waffe in der Hand gehabt, und ich hatte keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen war. Carlos stand vor mir, ganz erstarrt, und sprach davon, wie man als Mann Geschäfte machte und wie man sie besser nicht machte. Männer machten keine Geschäfte, indem sie die Waffen aufeinander richteten, betonte er. „Ich dachte, du wärst ein achtbarer Mann, Boo-Boo“, sagte er. „Aber jetzt sehe ich, dass ich mich geirrt habe. Du enttäuschst mich.“

      Ich erinnere mich daran, was ich dachte, als Carlos das sagte. Ich dachte: „Verdammte Scheiße, jetzt muss ich ihn abknallen.“ Ich wollte schon den Abzug betätigen, doch da begann die Pistole in meiner Hand zu piepen. Piep! Piep! Piep! Piep!

      Piep!

      Piep!

      Dann wachte ich auf, und das Herz schlug mir bis zum Hals. Unter dem Kopfkissen klingelte mein Piepser, aber ich war schon halb aus dem Bett gefallen. Ich robbte zu dem Piepser hin und sah, dass es Chance war, der mich anklingelte. Als ich ihn am nächsten Tag zurückrief, wollte er wissen, ob noch etwas von meinem „Privatvorrat“ übrig sei, das ich ihm verkaufen könnte.

      ***

      Obwohl ich nun meine erste Prüfung als Straßendealer bestanden hatte, wusste ich doch, dass weitere folgen würden. Ich hatte jedoch keine ­Ahnung, wie bald sie kommen und wie tief in meinem persönlichen Umfeld sie mich treffen würden. Es begann mir zu dämmern, wie gefährlich das Spiel war, das ich spielte. Zu keinem Zeitpunkt wertete ich so etwas jedoch als Zeichen dafür, mit dem Drogenhandel Schluss zu machen und etwas anderes zu tun. Alles, was ich daraus schloss, war, dass ich in Zukunft vorsichtiger sein musste. Ich verkaufte also weiterhin Drogen, weil es das Einzige war, das ich kannte, und das Einzige, das für mich einen Sinn ergab. Der Gedanke war mir fremd, weitere sechs Jahre die Schulbank zu drücken, um dann weniger Geld zu verdienen, als ich jetzt in sechs Monaten einnehmen konnte. Ich betrachtete das Gewaltpotenzial als Teil des Preises, den ich bezahlen musste, um zu bekommen, was ich wollte. Hätte ich mich dafür entschieden, in die Schule zu gehen, hätte ich Hausaufgaben machen müssen, und andere Leute hätten mir gesagt, was ich zu tun hätte. Und selbst dann wäre ich höchstwahrscheinlich trotzdem bei den Dealern gelan­det, die ich in meiner Nachbarschaft beob­achten konnte. Es war in der Tat eine leichte Entscheidung.

      Ich dachte mir, ich müsse einfach meine Verteidigungsstrategien als Dealer verbessern, aber ich bekam nicht sofort die Gelegenheit dazu, weil in den nächsten paar Tagen noch mehr Leute begannen, sich darüber zu beschweren, dass meine Päckchen zu leicht seien. Ich dachte: Was soll die Scheiße? Ich hatte geglaubt, Chance Angst einzujagen hätte gereicht, um mir wieder Sicherheit zu verschaffen, aber dem war nicht so.

      Ich ging bei Brian vorbei, um ihm zu erzählen, was los war. „Die Nigger versuchen dich nur einzuschüchtern, weil du jung bist“, sagte er. „Wenn du wie ein Waschlappen reagierst, werden die Nigger immer wieder versuchen, dich auszubooten.“ Er zog seine Waage mit den drei Balken hervor, mit der wir meine Portionen abwogen, und legte einige von ihm ­gefüllte Päckchen darauf. Sie waren alle tadellos. „Niemand ist mir jemals mit dieser Zu-leicht-Scheiße gekommen“, sagte er. „Andererseits bin ich auch kein kleiner Nigger mehr, der neu in diesem Spiel mitmischt.“

      Ich hatte genug gehört. Für mich war klar, dass die Nigger versuchten, mir krumm zu kommen. Ich beschloss, mir bei Old Man Dan eine Knarre zu besorgen, sobald ich den Rest des Ziegels verkauft hatte.

      Als ich nachhause kam, sah ich gerade noch Onkel Star aus meinem Zimmer kommen. Das kam mir komisch vor, weil er sich nie für mich interessierte, schon gar nicht so sehr, dass er in mein Zimmer kommen und nach mir sehen würde. Aber daran dachte ich noch nicht einmal. Ich wollte ein Achtel von dem Kilo holen und möglichst schnell zu Brians Haus zurück­kehren, um es dort aufzukochen. Ich hatte vor, den gesamten Mittelstandsaspekt meines Geschäfts erst einmal auf Eis zu legen, bis ich mir ein wenig Sicherheit leisten konnte. Als ich in meinen Schrank schaute, sah ich, dass mit dem Deckel des Schuhkartons, in dem ich die Kokainpäckchen aufbewahrte, etwas nicht ganz stimmte. Das versetzte mich in Panik, denn ich achtete stets darauf, dass er unter einem Haufen von Malbüchern und Spielsachen aus meiner Kindheit gut versteckt war. Jedes Mal, wenn ich an mein Depot wollte, musste ich eine Kiste mit grünen Soldatenfiguren, kaput­ten Robotern und ferngesteuerten Autos zur Seite schieben. Aber die Kiste war zur Seite geschoben, und der Schuhkarton war nicht richtig verschlossen. Plötzlich ergab alles einen Sinn.

      Seit einiger Zeit waren im Haus immer wieder Kleinigkeiten verschwunden. Mein Großvater hatte gesagt, dass in seinem Geldbeutel immer zwanzig Dollar zu wenig seien und er sich einfach nicht daran erinnern könne, wo er das Geld ausgegeben hatte. Er sagte, dass er entweder senil würde oder Bush über Nacht die Steuern erhöht habe. Meine Großmutter war ein wenig misstrauischer. Sie war bereits mit der Frage auf mich zugekommen, ob ich aus ihrem Kleiderschrank Geld genommen habe. Ich wollte sagen: „Bei Ray-Ray zuhause habe ich zehn Paar Turnschuhe und mehr Kleider, als


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