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Die Jugend des Königs Henri Quatre. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Die Jugend des Königs Henri Quatre - Heinrich Mann


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Wir aber kennen doch Madame Catherine. Die List liegt ihr näher als ein großes Gemetzel.«

      »Wenn aber der Teufel aus Spanien es ihr befiehlt?« bemerkte Henri, ohne auch nur eine Antwort zu erwarten, so gewiß war er der habsburgischen Todfeindschaft und sollte es immer bleiben.

      Beauvois versuchte dem Knaben zu erklären, daß Katharina vielleicht nichts weiter vorhabe, als sich vor der katholischen Weltmacht zu rechtfertigen, dafür, daß sie ihren eigenen Protestanten nicht immer nur Heere entgegenschickte, sondern sie manchmal durch Nachgiebigkeit zu fangen versuchte. Im schlimmsten Fall konnte sie Philipp um Hilfe bitten, weil ihre reformierten Untertanen nicht anders zu bändigen waren.

      Umsonst, Erwägungen drangen nicht bis in das Innere Henris, seine Phantasie erfüllte es ganz mit Bildern. Sie wurde in ununterbrochener Bewegung erhalten durch das Geraune um ihn her, die Mienen der Sorge und die ahnungsvollen Stimmen, die seine Reise begleiteten. Am Ziel - mußte eintreten, wessen er voll war. Er wußte nicht was, aber das Unbekannte stand bevor, und kam es nicht wirklich, dann war er dennoch bereit, es zu sehen und zu hören.

      So erreichte er, im Gefolge der Größeren, die Stadt Bayonne, ganz nahe dem Lande Béarn, seiner Heimat. Hier hatte er sich auf alles gefaßt zu machen, dies war der Ort, grade dieser, an dem er mit Vater und Mutter von klein auf zu Hause gewesen war. Sanft wie die von je bekannten Laute seines Namens zog hindurch der Fluß Adour, und was im dunkelblauen Himmel zerging vor lauter Licht, jene Gipfel waren seine Berge, die Pyrenäen. Henri, der nach ihnen Sehnsucht gelitten hatte, dachte jetzt nicht ein einziges Mal daran, in sie zu flüchten.

      Als die Spanier endlich ankamen, war es eine junge Frau, Elisabeth von Frankreich, Königin von Spanien, die eigene Tochter Katharinas, und als der höchste ihrer Begleiter der Herzog von Alba. Mit ihm unter vier Augen führte Madame Catherine ihr wichtigstes Gespräch.

      Der Saal war von außen bewacht. Als erste erschien die alte Königin, sie ging die Fensterseite ab und hob alle Vorhänge auf. Gegenüber hingen an der Wand nur Bilder. Dann setzte sie sich in einen hohen graden Sessel, mit dem Blick auf die Tür. Hinter ihr war der Kamin. Grüne Zweige füllten seine große Öffnung aus; es war Mitte Juni.

      Der Herzog von Alba trat ein, den Kopf aufgereckt aus seiner steifen Krause. Er beugte ihn nicht und nahm den Hut nicht ab. Er bog beim Schreiten die Knie so wenig wie möglich; sein Gesicht war unjung, aber spurenlos. Kein Erleben hatte darin zurückbleiben können, es war zu hochmütig.

      Er blieb stehen - nicht aus Ehrerbietung, sondern wie ein Ankläger, und ohne Vorbereitung eröffnete er der alten Frau, daß sein Herr, der große König Philipp, mit ihr unzufrieden sei. Sie nahm es ohne Erwiderung hin; der Herzog erwartete auch keine, sondern sprach im härtesten Ton von ihren versäumten Pflichten gegen die heilige Kirche und ihren weltlichen Arm, der das Schwert führte, das Haus Habsburg. Sie nahm alles hin, bis er fertig war.

      Darauf fragte sie mit ihrer fetten Stimme, wieviel Geld der König von Spanien ihr anböte, damit sie ihr ganzes Königreich katholisch machte. Das wäre teuer, setzte sie hinzu.

      Der Herzog sagte: »Gar nichts. Oder Sie nehmen auch unsere Truppen auf und anerkennen Don Philipp als den höchsten Herrn über das Königreich.«

      Katharina sagte, und diesmal schwankte ihre Stimme, das könnte Gott nicht wollen, denn er hätte ihr das Königreich anvertraut und ihr Söhne geschenkt. Aber sie verspräche dem König Philipp, daß sie seinen Zorn durch Duldung der Ketzerei nicht länger herausfordern würde. Ihre Absichten wären immer die besten gewesen, nur hätte sie die unzulängliche Macht ersetzen müssen durch Klugheit.

      »Wieviel kostet hierzulande ein Dolchstoß?« fragte Alba.

      Katharina atmete mehrmals hörbar, sie versuchte wohl zu lächeln, ihr Ton wenigstens wurde spöttisch.

      »Zehntausend Dolchstöße kosten ebensoviel wie Kanonen, verbrannte Städte und ein Bürgerkrieg.«

      »Was denn, zehntausend«, sagte Alba verächtlich. »Ich spreche von einem einzigen.« Zum erstenmal geruhte er, sein Gesicht mit dem scharfen, spitzen Bart näher heranzuführen gegen den hohen graden Sessel. Dabei versetzte er: »Zehntausend Frösche sind noch kein Lachs.«

      Sie überlegte, obwohl sie ihn verstanden hatte. Um Zeit zu gewinnen, machte sie eine Bewegung nach der Tür und nach den hohen Fenstern. Den Kamin in ihrem Rücken vergaß sie. Ihre Stimme wurde leise, kaum daß Alba selbst noch jedes Wort unterschied. »Sie können mit dem Lachs mindestens zwei Personen meinen.«

      Auch er flüsterte jetzt. Eine lange Weile dauerte das Geflüster der beiden. Dann trennten sich ihre Köpfe, der Herzog trat zurück, steif und erhaben wie zu Anfang. Die alte Königin erhob sich schwer, er reichte ihr die Fingerspitzen und führte sie zur Tür, er stelzte, sie watschelte.

      Als beide schon längst fort waren, blieb es im Saal noch immer lautlos still. Draußen zog hörbar die Wache ab. Da erst bewegten sich die grünen Zweige in der großen Öffnung des Kamins, und heraus stieg eine kleine Gestalt. Sie machte die Runde um den Sessel, in dem es geschehen war. Sie sah die beiden Bösen, als ob sie noch dagewesen wären. Sie vernahm alles nochmals, was jene einander anzuvertrauen gehabt hatten, auch das Unhörbare samt den beiden Namen, die gefallen sein mußten. Nachträglich erkannte Henri sie, den Namen des Admirals Coligny, und das Blut schoß ihm zum Herzen, den Namen seiner Mutter, der Königin Jeanne.

      Er ballte die Fäuste, die Augen gingen ihm über vor Zorn. Plötzlich schwang er sich auf einem Fuß herum, lachte hell und stieß einen munteren Fluch aus. Den hatte er von den Alten seiner Heimat, von seinem Großvater d'Albret, heilige Worte, die bis zur Unkenntlichkeit entstellt waren. Er rief, daß es hallte.

      Moralité

      Ainsi le jeune Henri connut, avant l'heure, la méchanceté des hommes. Il s'en était un peu douté, après tant d'impressions troubles reçues en son bas âge, qui n'est qu'une suite d'imprévus obscurs. Mais en s'écriant allègrement Ventre-Saint-Gris au moment même où lui fut révélé tout le danger effroyable de la vie, il fit connaître au destin qu'il relevait le défi et qu'il gardait pour toujours et son courage premier et sa gaîté native.

      C'est ce jour là qu'il sortit de l'enfance.

      Jeanne

       Inhaltsverzeichnis

      Die Festung am Ozean

      »Ich habe es deutlich gesehen und gehört«, sagte Henri zu seiner lieben Mutter, als sie das erstemal ungestört sprechen konnten. Das war erst in Paris, obwohl Jeanne schon auf der Rückreise des Hofes sich ihm angeschlossen hatte.

      »Weißt du, Mama, was ich glaube? Alba hat mich bemerkt. Das Laub im Kamin war nicht dicht genug, und ich stieß an die Zweige, sie bewegten sich.«

      »Er kann angenommen haben, es sei der Wind. Würde er dich sonst nicht hervorgeholt haben?«

      »Ein anderer hätte es getan, nicht dieser Spanier. Ich sah sein Gesicht, das war kein Mensch; und wäre es ihm der Mühe wert erschienen, dann hätte er einfach seine Klinge durch das grüne Zeug gestoßen, ohne erst zu fragen, wer dahinter stak. Aber dafür war er zu hochmütig, und außerdem war er sicher, nicht verstanden zu werden, so leise wie sie sprachen. Nein!« rief er, da Jeanne etwas einwenden wollte. »Nicht für mich zu leise. Ich bin dein Sohn, daher begriff ich, was sie mit dir vorhatten.«

      Jeanne nahm seinen Kopf und legte seine Wange an ihre. Geradeaus ins Leere sagte sie:

      »Die Menschen prahlen gern fälschlich, auch mit Schandtaten.«

      »Die Menschen, aber nicht die Ungeheuer!« erwiderte er schnell und feurig. Plötzlich machte er sich von ihr los. »Komisch waren die beiden!« - und um es ihr zu zeigen, stelzte er zuerst wie der Herzog und watschelte dann wie Madame Catherine. Er war voll Begabung für die Posse, das sah seine Mutter; trotzdem lachte


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