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Die Göttinnen. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Die Göttinnen - Heinrich Mann


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zwei Jahre lang."

      Die Herzogin erhob das Lorgnon: sie hatte noch niemals einen Staatsverbrecher gesehen. Pavic stand barhäuptig im Schmuck seiner kurzen, braunroten Locken, das Licht flimmerte in seinem rotblonden Bart, er blickte ihr freimütig in die Augen.

      "Sie müssen unversöhnlich sein," versetzte sie endlich. "Ich wäre es."

      "Gott verhüte es. Aber immer fromm und immer loyal gewesen, und bloß, weil ich mein Volk liebe, verfolgt und eingekerkert, — Hoheit, das schmerzt," sagte er innig.

      "Schmerzt? Sie müssen doch wütend sein!"

      "Hoheit, ich vergebe ihnen —"

      Er hielt die Rechte mit nach außen gekehrter Handfläche ein Stück seitwärts von der Hüfte weg. Er blickte gen Himmel.

      "Denn sie wissen nicht, was sie tun."

      "Erzählen Sie mir gelegentlich mehr, Herr Doktor."

      Sie grüßte ihn aus dem Wagen.

      Es war Mittag, in den windgeschützten Straßen brannte die Sonne. Die Herzogin suhlte sich aufgeweicht und eingeschläfert von lauter auf sie herniedergegangenen Worten, einfangenden, umstrickenden, entkräftenden Worten. Noch in ihren kühlen Sälen umspann sie ein ungesunder Zauber. Alle Gegenstände, die sie anfasste, waren zu weich, das Schweigen im Hause zu schmeichelnd und zu träumerisch. Ein kleiner Vogel, der sich an ihrem Fenster den Kopf einstieß, hätte ihr fast leidgetan, als er schon tot war. Sie brauchte eine Nacht, um wieder gelassen und vernünftig zu werden.

      Acht Tage später kam ein verzweifelter Brief vom Prinzen Phili. Von Hinnerich sei zu treu, er lasse ihn keinen Schritt mehr allein gehen. Wenn sie ihm ein Wiedersehen beim cercle intime versage, so verliere er den letzten moralischen Halt. Das werde sie nicht wollen, nur die Jesuiten könnten das wünschen.

      Sie gab bei der Prinzessin ihre Karte ab. Darauf erschien bei ihr ein Hofjäger mit einer schriftlichen Einladung zu Ihrer königlichen Hoheit.

      Als der Lakai vor ihr die Flügeltür aufriss, warf Phili einen Handarbeitstisch um. Zwei Teetassen gingen in Scherben. Die in dem weiten, kalten Gemach einsam frierenden Personen erhoben sich eifrig, erlöst aus trüber Langerweile. Die Prinzessin zog liebenswürdig einen zweiten Sessel neben den ihrigen, in dessen warmen Tiefen sie mit frostigem Beben ganz verschwand. Sie war lang, beängstigend schmal und mager, und weißlich von Haaren, Haut, Augen und Wesen. Ellenbogen und Kniee stachen wie Lanzen durch den Stoff des schlichten, geschlossenen Kleides, die Handgelenke wollten abbrechen in den Spitzenmanschetten.

      "Sie haben uns aber lange warten lassen," äußerte sie.

      Sie sprach langsam, leise klagend. Man wusste beim ersten Wort, ihr sei auf keine Weise beizukommen.

      "Mit Bedauern, königliche Hoheit," entgegnete die Herzogin.

      "Dennoch hätte ich meine Zurückgezogenheit noch lange nicht aufgegeben, nur der Wunsch Euerer königlichen Hoheit konnte mich dazu bewegen."

      "Sie tun es mir zuliebe, Hoheit? Gott lohne es Ihnen. Wie habe ich mich danach gesehnt, mit einem Menschen der großen Welt, mit Ihnen, liebe Herzogin, von da draußen reden zu dürfen, — von Paris…"

      Dies Wort erregte ein Stöhnen, es pflanzte sich fort durch den Raum. Phili wiederholte dumpf: "Paris". "Paris," lispelten zwei reich geputzte Damen, deren kunstvolle Locken, von großen Rosen gekrönt, über porzellanweiße Nacken fielen. Hinter ihnen warfen ihre Männer die blassbraunen Köpfe zurück, dass die gewichsten Stacheln ihrer dicken schwarzen Schnurrbärte zur Decke starrten: "Paris". "Paris," murmelte Percossini mit angenehmem, sehnsuchtstiefen Baryton. Aus einem wenig erhellten Winkel, von Seidenkissen erstickt, drang der matte Seufzer einer dicken, schönen Frau: "Paris". Und nur von Hinnerich blieb ohne eine Miene zu verziehen, aufmerksam und pflichtgetreu, neben dem Stuhl stehen, auf dem des Thronfolgers kümmerliche Glieder zappelten.

      Die Prinzessin sagte:

      "Hoheit erlauben, dass ich Sie mit unsern Freunden bekannt mache."

      "Mes dames Paliojoulai und Tintinovitsch."

      Die beiden Damen beschrieben in ihren hinten zentaurenmäßig entwickelten Roben weite Komplimente. Ein anmutiges Lächeln wollte die milchige Fettschicht aus ihren Gesichtern in Fluss bringen. Die Herzogin bemerkte, dass Madame Tintinovitsch schön sei mit ihrer feinen Adlernase und den schwarzen Brauen unter den blondgefärbten Locken.

      "Prinzessin Fatme," sagte Friederike von Schweden, "meine liebe Fatme, die Gemahlin Ismael Iben Paschas, des Gesandten Seiner Majestät des Sultans bei unserm Könige."

      "Eine Gemahlin," so verbesserte Phili. "Drücke dich stets genau aus, meine Liebe: eine von seinen vier Gemahlinnen."

      Die Herzogin ging freundlich der schönen, dicken Frau entgegen; sie wickelte sich aus ihren Kissen heraus. Ihre knappe, blaue Atlastunika über gelben Spitzen war nicht weit vom Boulevard entstanden: aber das mondvolle, schimmernde Antlitz mit den gemalten Bogen hoch über den kohleumränderten, schmalen Augen, und das köstlich gesalbte Haar im bleichen Tau der Perlengehänge, entschlüpfte sichtlich einer aus Versehen offen gebliebenen Tür des Harems. Starker Patschuligeruch entströmte ihren Gliedern; im Hauch ihres Mundes indessen vermischte sich eine Erinnerung an süßen Tabak mit ganz, ganz leisem Knoblauchduft.

      "Herr Tintinovitsch, Herr Paliojoulai," sagte Philis Gemahlin.

      Der eine war vom andern nicht zu unterscheiden. Die Schnurrbarte, die kalten, müden Augen, die blendende Wäsche und die Brillanten, überall angebracht, wo es irgend ging, gehörten ihnen gemeinsam. Sie verneigten sich gleichzeitig. Sie schienen einer Art von Männern anzugehören, die durch vornehme Gewandtheit jeden Salon zieren, und denen man zutraut, dass sie in kritischer Stunde, nach einem Spielverlust, den Frauen die Ohrläppchen abreißen, an denen Juwelen hängen. Die Diamanten, die auf ihren geschmeidigen Körpern blitzten, vielleicht hatten sie sie eigenhändig aus den Schächten Indiens geholt. Ein Blick in ihre harten, eleganten, mit haarscharfen Fältchen übersäten Gesichter ließ eine Menge fremdartiger Geschichten ahnen. Wenn es mit der Dynastie Koburg je bergab ging, so vertauschten die Herren Paliojoulai und Tintinovitsch das dalmatinische Königsschloss möglichenfalls mit den Spielsälen Monacos, immer gleich sicher, als Höflinge und als Croupiers.

      Die künftige Königin sagte:

      "Baron Percossini, Major von Hinnerich."

      Die schlanke, elegante Gestalt des Kammerherrn klappte zusammen. Sein verehrendes Lächeln war weich wie sein gekräuseltes Bärtchen; aber sein Blick schätzte und stahl. Er bot sich mit weißen Zähnen und sanften Händen als stiller Freund an, als belangloser Verehrer und feiner Vermittler in allen Heimlichkeiten. Er hielt alles für möglich und zweifelte an allem, außer am Wert des Geldes.

      Von Hinnerich zweifelte an gar nichts, und möglich war für ihn nur das Bestehende. Er war baumgroß und hatte ein rotblondes, ungelenkes Gesicht, nicht ganz frisch rasiert. Er verbeugte sich rasselnd.

      "Ja, Frau Herzogin, das ist der Hinnerich, so ein treuer Mensch!" schrie unvermittelt Prinz Phili und sprang von seinem Sitze. Er schlang einen Arm um die Hüfte seines Adjutanten und grinste gebückt und ganz verklärt zu ihm hinauf, wie ein Äffchen am Fuß der deutschen Eiche. Plötzlich besann er sich auf etwas anderes.

      "Sie sind ja gesehen worden, Frau Herzogin. Wissen's, das ist aber gar nicht schön von Ihnen, dass Sie mit andern Leuten spazieren gehen und nicht mit uns."

      "Königliche Hoheit meinen?" fragte die Herzogin. Friederike erläuterte:

      "Sogar mit jemand, der solche Ehre vielleicht nicht ganz verdient."

      "Mit einem Staatsverbrecher, Hoheit," fügte Percossini liebenswürdig hinzu. Prinzessin Fatme meinte mit sehr hoher Flötenstimme:

      "Einem gefährlichen Kerl, Frau Herzogin."

      Die Damen Paliojoulai und Tintinovitsch kreischten leise. Ihre Gatten bestätigten mit Überzeugung:

      "Einem höchst


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