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Große Errungenschaften der Antike. Holger SonnabendЧитать онлайн книгу.

Große Errungenschaften der Antike - Holger Sonnabend


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einen Kanal zwischen Mosel und Saône bauen. Dieser hätte die Kommunikationsverhältnisse verbessert, eine direkte Verbindung zwischen Nordsee und Mittelmeer hergestellt und zugleich eine Alternative zu den beschwerlichen und kostspieligen Landwegen angeboten. Doch ein Statthalterkollege war eifersüchtig auf den potentiellen Ruhm des Kanalbauers und schaffte es mit allerlei Intrigen, dass das Projekt zu den Akten gelegt werden musste.

       Ein grandioses Projekt in Italien

      Kaiser Nero (54–68 n. Chr.), für den Geltungssucht kein Fremdwort war, wollte als der größte Kanalbauer aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Unglücklicherweise sind beide Projekte, die er in Angriff nahm, gescheitert. So hat Nero zwar den angestrebten Platz im ewigen Buch des Kanalbaus bekommen – doch in einer ganz anderen Weise, als er es sich erhofft hatte.

      Das erste Unternehmen war eine Wasserstraße in Italien, als Verbindung zwischen dem Averner See und der Hafenstadt Ostia. Der Averner See in Kampanien, in der Nähe des mondänen Badeortes Baiae gelegen, galt, weil er besonders tief war, den Römern als der Zugang zur Unterwelt. So sollen hier, wie der Mythos wissen wollte, Odysseus und Aeneas ihren Besuch in der Totenwelt angetreten haben. Agrippa, der unentbehrliche Helfer des Kaisers Augustus, hatte hier im Jahre 37 v. Chr. – unbeeindruckt von den furchterregenden Sagen – einen Hafen angelegt. Ostia, an der Mündung des Tiber, war seit Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) der Haupthafen der Stadt Rom. Hier trafen aus Sizilien, Ägypten und der Kyrenaika die für die Versorgung der Stadt lebenswichtigen Getreidelieferungen ein. Freilich war die Küste zwischen Baiae und Ostia ein gefährliches Terrain: Viele Schiffe hatten schon vor dem Unbill der Witterung kapitulieren müssen. Hier wollte Nero nun mit dem Bau eines Kanals Abhilfe schaffen. Das war an sich kein unvernünftiger Plan, nur musste es bei Nero eben immer sehr extravagant abgehen. Die Länge des Kanals sollte fast 200 Kilometer betragen. Außerdem sollte er so breit sein, dass sogar die größten Schiffe, die Fünfruderer, aneinander vorbeifahren könnten. Auch war das Gelände nicht besonders geeignet für einen Kanal. Dies hat insbesondere der Historiker Tacitus moniert, wahrlich kein Freund des Kaisers, aber eben auch ausgestattet mit einem Sinn für das Machbare. Es ging an einer kargen Küste entlang und quer durch dazwischenliegende Berge. Und wo sollte das Wasser für einen so großen Kanal herkommen? Nur die malariagefährdeten Pomptinischen Sümpfe südlich von Rom boten genügend feuchten Grund für die Bereitstellung von Wasser. »Alles übrige Land«, konstatiert Tacitus, »ist felsig oder sandig, und wenn man den Durchstich überhaupt fertiggebracht hätte, dann nur mit unsäglicher Mühe und ohne rechten Sinn.« Dennoch machte sich Nero ans Werk, zog sogar inhaftierte Verbrecher als Zwangsarbeiter heran, scheiterte aber schließlich an den Gegebenheiten der Landschaft.

       Dauerthema Isthmos von Korinth

      Davon unbeeindruckt, versuchte sich Nero auch an einer der größten technischen Herausforderungen, die der antike Kanalbau zu bieten hatte: an der Durchstechung des Isthmos von Korinth in Griechenland. Dieser Isthmos trennte in der Antike den Korinthischen Golf im Westen vom Saronischen Golf im Osten. Geographisch trennte der Isthmos die Peloponnes vom griechischen Festland. Vor Nero hatte es schon mehrere Versuche gegeben, hier einen Kanal zu bauen. Für die Schifffahrt wäre dies zweifellos von großem Vorteil gewesen: Es hätte sich eine bedeutende Verkürzung des Weges zwischen dem Ionischen Meer und der Ägäis ergeben, indem den Seeleuten die übliche Route um das sehr stürmische Kap Malea an der Südspitze der Peloponnes erspart geblieben wäre. Die Zeitersparnis hätte immerhin acht bis zehn Tage betragen.

      Als erster hatte zu Beginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. der Tyrann von Korinth, Periandros, den Durchstich versucht. Da das Unternehmen misslang, richtete er den sogenannten Diolkos ein, eine Art von Ersatzkanal, eine gepflasterte Schleifbahn, auf der die Schiffe mit einer Spannbreite von 1,5 Metern mühsam zu Land über den Isthmos gezogen werden konnten. Einen weiteren Anlauf unternahm um 300 v. Chr. einer der Epigonen Alexanders des Großen, der Makedonenkönig Demetrios, dessen Beiname Poliorketes (»Städtebelagerer«) eindrucksvoll anzeigt, wo seine primären Qualitäten angesiedelt waren. Demetrios stellte die Bemühungen aufgrund einer bemerkenswerten wissenschaftlichen Expertise ein: Ingenieure hatten festgestellt, dass der Meeresspiegel im Korinthischen Golf höher sei als der im Saronischen Golf. Bei einem Durchstich des Isthmos sei zu befürchten, dass die Insel Aegina und deren Nachbarinseln von den Wassermassen überschwemmt und zerstört werden würden. Dafür, dass derlei Besorgnisse bei der Anlage von Kanälen eine wichtige Rolle spielten, gibt es aus der Antike im Übrigen noch mehr Belege. So schrieb zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. Plinius, der Statthalter der römischen Provinz Bithynia et Pontus an der Südküste des Schwarzen Meeres, nach Rom an Kaiser Traian wegen der geplanten Verbindung eines Sees bei Nikomedia (dem heutigen Izmit) mit dem Meer. Plinius bat den Kaiser, ihm einen Nivelleur oder Wassertechniker zu schicken, »der sorgfältig prüft, ob der See höher liegt als das Meer. Wie die hiesigen Experten behaupten, liegt er 40 Ellen höher.« Traian versprach die erbetene Hilfe und mahnte ausdrücklich zu recherchieren, »wie viel Wasser dem See zuströmt und woher, damit er nicht abfließt, wenn er ins Meer abgeleitet wird.«

      Die Reihe der potentiellen römischen Isthmos-Bezwinger wird von Iulius Caesar angeführt. Er kam freilich nicht über das Stadium des bloßen Projektierens hinaus, obwohl ein Ingenieur bereits mit den Vorarbeiten beauftragt worden war: An den Iden des März des Jahres 44 v. Chr. wurde der Diktator ermordet, und mit ihm starb auch erst einmal der Plan eines Kanalbaus am Isthmos von Korinth. Aufgegriffen wurde es dann wieder von dem Kaiser Caligula (37–41 n. Chr.), der aber auch nicht viel erfolgreicher war: Wie bei Caesar hatten bereits Vermessungsarbeiten begonnen, als auch Caligula einem Attentat zum Opfer fiel.

       Das Unternehmen Kaiser Neros

      Nero schreckte das alles nicht ab. Und tatsächlich ist er mit dem Bau weiter vorangekommen als alle seine glücklosen Vorgänger. Mit dem ihm eigenen Sinn für öffentlichkeitswirksame Inszenierungen machte Nero aus dem Beginn der Arbeiten ein Spektakel. Beim ersten Spatenstich im Jahre 67 n. Chr. war er persönlich anwesend. Wie Sueton berichtet, hielt der Kaiser eine Rede, in der er seiner Hoffnung auf ein gutes Gelingen Ausdruck verlieh. Dann ließ er ein Trompetensignal geben, vollzog den ersten Spatenstich und trug die ausgegrabene Erde in einem Korb auf seinen Schultern davon. Mehr körperliche Belastung hat sich der Kaiser bei dem Kanalprojekt jedoch nicht auferlegt. Statt dessen gingen, neben den wie üblich eingesetzten Soldaten, auch Zwangsarbeiter ans Werk, unter ihnen, nach Auskunft des jüdischen Historikers Flavius Josephus, auch 6000 jüdische Kriegsgefangene, die man nach dem jüdischen Aufstand von 66 n. Chr. von Judäa nach Korinth deportiert hatte.

      In der Folgezeit leisteten die Arbeiter Bemerkenswertes: Von beiden Seiten des Isthmos aus wurde ein 40 bis 50 Meter breiter Graben eingeschnitten. Dabei gelangte man von Westen her zwei, von Osten einen Kilometer weit. Bewegt wurde eine halbe Million Kubikmeter Erde. Letztlich aber war auch diese Mühe umsonst. Abrupt wurden die Arbeiten abgebrochen. Die Quellen nennen dafür zwei Gründe: Erstens kam plötzlich ein Gutachten zutage, das auch schon Demetrios Poliorketes zur Aufgabe bewogen hatte: Diesmal waren es ägyptische Wissenschaftler, die auf die unterschiedlichen Meereshöhen zwischen den beiden Golfen hinwiesen. Und zweitens soll ein Aufstand in Aquitanien Nero zur Rückkehr nach Italien veranlasst haben.

       Religiöse Bedenken

      Vielleicht aber spielte auch hier etwas eine Rolle, womit bereits Xerxes beim Bau des Athos-Kanals konfrontiert worden war: der nicht zuletzt religiös bedingte Unwille gegenüber frevelhaften Eingriffen in die von den Göttern vorgegebene natürliche Ordnung der Welt. Im 2. Jahrhundert n. Chr. notiert der griechische Reiseschriftsteller Pausanias: »Wer es unternommen hat, die Peloponnes zu einer Insel zu machen, der hat das Durchgraben des Isthmos vorher aufgegeben. Und es ist noch sichtbar, wo sie angefangen haben zu graben, bis zum felsigen Teil sind sie aber gar nicht erst gekommen, und so ist das Land jetzt noch Festland, wie es von der Natur geschaffen worden ist … So schwer ist es für den Menschen, Götterwerk gewaltsam zu verändern.« Der griechische Historiker weiß im Zusammenhang mit Neros Arbeiten in Korinth sogar wahre Schauergeschichten zu erzählen: »Er begann tatsächlich


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