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Marktsegmente des Tourismus. Jürgen SchmudeЧитать онлайн книгу.

Marktsegmente des Tourismus - Jürgen Schmude


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von der gewählten Segmentierung ist allen Abgrenzungsverfahren gemein, dass sie eine genaue Kenntnis der Nachfrager benötigen, d.h. Kenntnis über die Erwartungen der (potentiellen) Kunden, über ihr Kauf-, Freizeit- und Urlaubsverhalten u.v.m. Daher gilt es für die touristischen Leistungsträger, aus der Gesamtheit aller Marktteilnehmer auf der Nachfrageseite die geeignete(n) Zielgruppe(n) möglichst genau zu identifizieren. Für dieses Unterfangen ist die Segmentierung der Nachfrageseite ein oft praktiziertes Vorgehen.

      1.3Segmentierung der Nachfrageseite

      Stichwort

      „Every tourist is different, bringing a unique blend of experiences, motivations and desires. Tourism is increasingly following the trend of other industries towards customising.“

      Fletcher at al. 2008, S. 672

      Abgrenzung der touristischen Nachfrage

      Auch auf der Nachfrageseite wird zunächst eine Gesamtabgrenzung vorgenommen, nach der bestimmte Personenkreise nicht dem Tourismus zuzurechnen sind (z.B. Nomaden, Diplomaten oder Einwanderer) und u.a. seitens der amtlichen Statistik nicht als Touristen erfasst werden (vgl. Spörel 2003). Die als Touristen identifizierten Personen werden ihrerseits durch zahlreiche verschiedene Ansätze segmentiert. Unter der Berücksichtigung interner und externer Einflussgrößen (vgl. Freyer 2015, S. 74) lassen sich die meisten Segmentierungsansätze mindestens einem der folgenden Aspekte zu ordnen.

      Einflussgrößen auf Segmentierungsansätze

      •Motiv und Motivation: u.a. intrinsische oder extrinsische Auslöser der Reise, unterschiedliche Motive (z.B. geschäftlich, erholungs- und/oder gesundheitsorientiert),

      •Reise(entscheidungs)verhalten: u.a. Informations- und Buchungsverhalten sowie Reiseorganisationsform, Reisehäufigkeit, -dauer etc.,

      •Soziodemographie bzw. Sozioökonomie: u.a. Alter, Geschlecht, Familienstand, Einkommen, Beruf, Ausbildung etc.,

      •Lebens- und Konsumstil: u.a. mehrdimensionale Abgrenzung einstellungs- und verhaltensähnlicher Gruppen (z.B. Sinus-Milieus), Lifestyletypen etc.,

      •Lebensphase: u.a. Abgrenzung nach Alter, Familienstand, Kinderzahl, etc.,

      •geographische Merkmale: u.a. Herkunft von der Makroebene (z.B. Staat oder Bundesland) bis zur Mikroebene (z.B. Stadtteil oder Straße), Herkunft nach Nielsen-Gebieten, Zielgebietspräferenz etc.

      Eine Segmentierung der Nachfrageseite ist also notwendig, da sich die Nachfrager (Touristen) hinsichtlich ihrer Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen sehr stark unterscheiden. Sie wählen (in der Regel) den Anbieter, der die für ihre Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen (subjektiv) optimalen Angebote bietet. Entsprechend lassen sich die Nachfrager zu Gruppen zusammenfassen, die oftmals ein Marktsegment darstellen.

      Stichwort

      Marktsegment

      Ein Marktsegment bezeichnet eine Gruppe von Abnehmern mit gleichen und/oder ähnlichen Bedürfnissen und damit auch ähnlichen Reaktionen auf den Einsatz von spezifischen Marketinginstrumenten.

      Bieger 2010, S. 126

      Differenzierung der touristischen Nachfrage

      Die zunehmende Differenzierung der touristischen Nachfrage macht es für die touristischen Leistungsträger zunehmend schwieriger, ihre (potentiellen) Kunden einzuschätzen. Diese sind unmittelbar mit unterschiedlichen Erscheinungsformen bzw. Marktsegmenten des Tourismus verbunden (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 63), wobei die Segmentierung der Nachfrager in den einzelnen Marktsegmenten durchaus nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen kann, was allerdings die Vergleichbarkeit der Befunde zwischen verschiedenen Marktstudien erschwert. Selbst innerhalb eines Marktsegments (z.B. Kreuzfahrtmarkt) nutzen nicht alle Anbieter die gleichen Kriterien zur Kategorisierung ihrer Produkte oder Nachfrager (vgl. Schulz & Auer 2010, S. 84ff.).

      Touristentypologien

      Um diese Komplexität auf der Nachfrageseite zu reduzieren bzw. zu vereinfachen, werden bereits seit den 1970er Jahren häufig Urlauber-Typologien verwendet, denen oftmals Lebensstil-Typen zu Grunde liegen (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 64ff.). Eine relativ junge Typologie stellt das Konzept des „Touristen von heute“ dar, der sich u.a. durch große Reisekompetenz (z.B. auf Grund seiner Reiseerfahrung), spezifische Wertvorstellungen (z.B. Erlebnisorientierung, Gesundheits- und/oder Umweltbewusstsein), veränderte Rahmenbedingungen (z.B. flexiblere Arbeitszeiten oder kleinere Haushalte) sowie ein verändertes Konsumverhalten (z.B. Affinität zu neuen Medien und/oder reduzierte Markentreue) charakterisieren lässt (vgl. Freyer 2015, S. 107). Es ist zu beachten, dass Touristentypologien keine starren, dauerhaft gültigen Segmentierungen darstellen (vgl. Steinecke 2018, S. 71). Sie können zwar für eine zielgruppenspezifische Ansprache der Nachfrager (etwa im Rahmen von Marketingmaßnahmen) genutzt werden, unterliegen jedoch einem zeitlichen Wandel und müssen daher – wie Typologien zur Segmentierung der Gesamtbevölkerung (z.B. Sinus-Milieus) – immer wieder angepasst werden.

      Hybride Touristen

      Insgesamt zeigen die Konsumenten ein zunehmendes wechselhaftes Konsumverhalten. Dieses auch als hybrides Verhalten bezeichnete Agieren erschwert es der Anbieterseite, die Nachfrageseite und ihr Marktverhalten einzuschätzen (vgl. Boztug et al. 2015). Ursache hierfür ist einerseits die zunehmende Ausdifferenzierung der Reisemotive (z.B. Erholung, Kultur, Sport, Shopping), andererseits die damit in Wechselbeziehung stehende zunehmende Ausdifferenzierung der touristischen Angebote. Hieraus resultiert der hybride, multioptionale Tourist (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 70 und 81), dessen Konsumverhalten „sprunghaft“ ist und der eine deutlich reduzierte Destinations- und/oder Markentreue aufweist. Konsequenz hieraus ist u.a., dass Stammkunden und sog. Wiederkäufer an Bedeutung verlieren (Rajtajczak & Jockwer 2016) und sich das Konsumentenverhalten der Nachfragegruppen unterschiedlicher Marktsegmente (und auch innerhalb eines Marktsegments) deutlich voneinander unterscheidet.

      1.4Fazit

      Notwendigkeit zur Segmentierung… …und ihre Folgen

      Erst die Identifikation und Abgrenzung von Marktsegmenten ermöglicht die Entwicklung zielgruppenspezifischen Marketingstrategien. Hierzu ist die exakte Kenntnis der Angebots- und Nachfrageseite notwendig. Die direkte Ansprache der Zielgruppe(n) ist in wettbewerbsintensiven Märkten wie dem Tourismus ein erfolgsrelevanter Aspekt. Allerdings liegen die Grenzen der Marktsegmentierung auf der Angebotsseite in einer limitierten Erfassbarkeit bzw. Abgrenzbarkeit von Marktsegmenten sowie nachfragebezogen in dem nur annäherungsweisen Verständnis des aktuellen und zukünftigen (Kauf-) Verhaltens von Menschen. Die hiermit verbundene Ausdifferenzierung der Konsumentennachfrage macht es zunehmend schwieriger, den Konsumenten einem Segment zuzuordnen. In der Folge entstehen immer kleinteiligere Zielgruppen, die zu immer kleineren Marktsegmenten führen. In diesem Zusammenhang wird auch (nicht nur im Tourismus) von der Atomisierung der Zielmärkte gesprochen (vgl. Jelinek 2013).

      Aufbau des Lehrbuchs

      Diese Entwicklung ist auch in der Tourismuswirtschaft zu beobachten. Allerdings existieren neben eher kleinen Marktsegmenten (z.B. Filmtourismus) durchaus auch noch größere Marktsegmente (z.B. Kreuzfahrttourismus). Entsprechend hat das Lehrbuch zum Ziel, die Angebots- und Nachfrageseite für fünf ausgewählte Marktsegment zu analysieren. Hierzu wird jeweils zunächst auf die Voraussetzungen bzw. grundlegenden Strukturen der ausgewählten Marktsegmente eingegangen, bevor jeweils die angebots- und Nachfrageseite analysiert werden. Ein Ausblick zur zukünftigen Entwicklung der Marktsegmente und die an sie gestellten Herausforderungen schließt die Vorstellung der einzelnen Marktsegmente ab. Dass die Vielzahl der existierenden Marktsegmente des Tourismus in diesem Lehrbuch nicht vollständig berücksichtigt werden kann, liegt auf der Hand. Die Auswahl der Marktsegmente orientiert sich an verschiedenen Aspekte: So werden nach Teilnehmerzahlen große (vgl. Kap. 2 und Скачать книгу

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