Operation Mörderischer Auftrag: 7 Action Thriller in einem Band. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.
Charly", meldete sich Kapitän Charles Bykow über Funk. "Ich sehe Sie, Leila. Wir nehmen Sie an Bord!"
*
"Da ist sie!" stellte Bridger, unser Hubschrauber-Pilot fest. Milo und ich blickten hinab auf die graue See. Die SILVER QUEEN war deutlich zu sehen. Sie bewegte sich auf die Küste von Staten Island zu - was eigentlich nicht ihrem Kurs entsprach.
Aber da war noch etwas anderes zu sehen.
Ein kleines Schlauchboot, das sich auf die SILVER QUEEN zubewegte.
"Ich habe es gewusst", sagte ich und nahm das Fernrohr.
"Das ist sie! Leila!" Es war nicht leicht gewesen, Mr. McKee von dieser Aktion zu überzeugen. Die Grundlage war schließlich auch nicht mehr als ein vager Verdacht gewesen.
Wenn der Mann, der sich Robert Brown genannt hatte, uns bewusst falsch informiert hatte, dann war das auf Leilas Weisung hin geschehen. Sie hatte sich also einen Vorteil davon versprechen müssen. Natürlich konnte sie sich an zwei Fingern ausrechnen, dass jedes Schiff mit Bestimmungsort Mittlerer Osten unter Verdacht stand. Und wenn man versuchte, diesen Bestimmungsort zu vertuschen, war das - falls es entdeckt wurde - ein noch größeres Verdachtsmoment. Die Hoffnung, durch die SILVER QUEEN die Kräfte ihrer Verfolger maßgeblich bündeln zu können, war auch illusorisch. Dazu gab es einfach zu viele FBI-Beamte.
Nein, ich war mir sicher, dass Leila uns in eine Falle gelockt hatte - anstatt umgekehrt. Wir hatten an Pier 62 unsere Blamage erlebt und nach den Ereignissen dort war die SILVER QUEEN vor weiteren Durchsuchungsaktionen sicher.
So musste Leila gedacht haben.
Wir hatten keine Ahnung gehabt, wo sich die Druckplatten befanden.
Aber wir wussten, dass jede Kursabweichung der SILVER QUEEN etwas zu bedeuten haben konnte. Irgendwo an der Küste würde sie die Druckplatten an Bord nehmen. Und dazu Leila, die Agentin aus Bagdad, die sehr hoch gepokert hatte.
Wir waren der SILVER QUEEN einfach gefolgt und hatten sie im Radar-Auge behalten. Und dann war diese Kursänderung nach Südwesten erfolgt, an der Staten Island-Küste entlang, obwohl sie eigentlich ins offene Meer hätte fahren müssen, nachdem sie die Lower Bay passiert hatte.
Schnellboote der Küstenwache folgten uns in einigem Abstand.
Schließlich hatten wir niemanden an Bord der SILVER QUEEN misstrauisch machen wollen.
Milo sagte den Kollegen über Funk Bescheid, dass die Aktion jetzt in ihre entscheidende Phase treten konnte.
Die Schnellboote kamen schnell näher.
Die SILVER QUEEN hatte keine Chance ihnen zu entkommen.
Über Megafon forderte ich die Besatzung des Schiffes indessen auf, beizudrehen und keinen Widerstand zu leisten.
Milo hielt ein Sturmgewehr mit Laserzielerfassung schussbereit im Anschlag.
"Wollen Sie an Deck gehen, Jesse?", fragte Bridger.
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, bringen Sie mich möglichst nahe an das Schlauchboot heran."
Leila hatte indessen das Schlauchboot herumgedreht. Der Außenborder lief auf auch Hochtouren. Sie war jemand, der nicht so schnell aufgibt. Steil reckte sich der Bug hinauf und das Boot schoss über das Wasser hinweg.
Bridger ließ den Helikopter einen Bogen fliegen. Er schnitt Leilas Boot den Weg ab und kam dann schräg von vorne auf sie zu. Wir flogen so niedrig, dass das Wasser unter uns in Bewegung geriet.
Leila musste sich am Boot festklammern, so stark schwankte es hin und her. Eine Menge Gischt spritzte ins Boot. Wellen schwappten über den Rand. Die Kiste, in der sich vermutlich die Druckplatten befanden, stand schließlich einige Zentimeter tief im Wasser.
"Machen Sie den Motor aus!", rief ich über das Megafon.
Leila blickte nach oben.
Sie erkannte, dass sie keinerlei Chance mehr hatte zu entkommen. Allein schon der durch die Rotorbewegung verursachte Wellengang machte sie völlig handlungsunfähig.
Sie kroch zum Motor, während Bridger kurzfristig den Helikopter ein paar Meter höhersteigen ließ. Schließlich wollten wir weder, dass Leila über Bord ging, noch dass die Druckplatten in der Tiefe des Atlantik versanken. Sie machte den Motor aus.
"Und jetzt nehmen sie ganz langsam Ihre Waffe heraus!", befahl ich. "Werfen Sie sie in den Bug und bleiben sie selbst im Heck."
Milo hielt sie die ganze Zeit über im Visier.
Wenig später hielt Leila eine Automatik empor. Aber anstatt sie in den Bug zu befördern, machte sie eine kurze Seitwärtsbewegung und schleuderte sie hinaus auf das Wasser. Sie versank innerhalb von Sekundenbruchteilen. Ihre Absicht war klar. So wenig Beweise wie möglich.
"Bleiben Sie im Heck und halten Sie die Hände hoch!", befahl ich unmissverständlich.
Sie gehorchte.
"Ich klettere jetzt zur ihr runter", meinte ich an Bridger und Milo gewandt.
Ich ließ die Strickleiter hinunter.
Dann kletterte ich hinunter. Bridger war ein guter Helikopter-Pilot. Er hielt genau die Position. Während ich das schwankende Schlauchboot erreichte, sah ich, wie von den herannahenden Schnellbooten aus die SILVER QUEEN geentert wurde.
Kapitän Bykow und seine Leute leisteten offenbar keinerlei Widerstand. Bykow war erfahren genug, um zu wissen, dass er in dieser Situation nur noch eins tun konnte: Sich möglichst schnell einen möglichst guten Anwalt zu suchen. Aber dafür würde William Hamid sicherlich sorgen.
Einen Augenblick später befand ich mich auf dem schwankenden Boot.
"Wer hätte das gedacht, dass wir uns nochmal wiedersehen", sagte ich und hielt Leila dabei meine P226 entgegen. Sie saß im hinteren Teil des Bootes.
Bridger ging derweil mit dem Helikopter noch ein Stück in die Höhe, so dass wir nicht mehr so stark schwankten.
Sie sah mich mit ihrem katzenhaften Blick an. Ihre dunklen Augen musterten mich auf eine Weise, die mir nicht gefiel.
Sie verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln.
"Sie haben Recht, G-man! Ein Wiedersehen war nicht eingeplant!"
Ich deutete hinüber zur SILVER QUEEN. "Ihr Plan war genial", gestand ich ein.
"Wie sind Sie darauf gekommen?"
"Ich habe versucht, so zu denken wie Sie, Leila - oder wie immer auch Ihr wirklicher Name lauten mag. Und es scheint, als wäre mir das zumindest für einige Augenblicke gelungen. Sie wollten zu perfekt sein, Leila. Vielleicht war das Ihr Fehler."
"Man lernt nie aus, G-man."
"Sie werden viel Zeit haben, um darüber nachzudenken..."
Sie lachte. "Wirklich? Ich glaube kaum."
Ich hob die Augenbrauen.
"Haben Sie vor, es Ihrem Komplizen gleichzutun, der sich den Namen Robert Brown gab?"
"Ich entnehme Ihren Worten, dass Robert Brown wusste, was seine Pflicht war."
"Er war ein Dummkopf. Sie sollten ihm nicht nacheifern!"
"Ich habe vor den Augen eines FBI-Agenten einen Mann erschossen. Dafür wird man mir vermutlich die Giftspritze geben. Ich kenne die Gesetze Ihres Landes auch ein bisschen."
Ich konnte ihr nicht widersprechen. "Das liegt in der Entscheidung von Gerichten", sagte ich. "Sie haben das Recht zu schweigen. Sollten sie auf dieses Recht verzichten..."
"Sparen Sie sich die Mühe", versetzte sie. "Ich kenne den Spruch."
*