Trevellian und der Tod in Chinatown: Action Krimi. Pete HackettЧитать онлайн книгу.
wir uns auf den Weg machten, um das FBI-Building zu verlassen, rief ich Detective Lieutenant Harry Easton, genannt Cleary, von der Mordkommission an.
Mir ging etwas im Kopf herum, von dem ich noch nicht zu sagen wusste, was genau es war. Es hing aber damit zusammen, dass die beiden Chinesen ebenso wie dieser Herb Morgan, den sie aus dem Hudson River gefischt hatten, erwürgt worden waren.
„Hi, Harry.“
„Hallo, Jesse. Was willst du denn?“
Der Leiter der Mordkommission war manchmal ein ziemlich mürrischer Zeitgenosse. Das lag aber nicht daran, dass er etwas gegen uns G-men oder das FBI gehabt hätte. Es lag mehr am Frust, der entsteht, wenn man Tag für Tag nur mit Mord und Totschlag zu tun hat.
Ich sah Milo an und ließ meine Brauen nach oben zucken angesichts der freundlichen Begrüßung.
„Es geht um diesen Herb Morgan, Harry“, erklärte ich, „den Burschen, den ihr mit Würgemalen am Hals aus dem Hudson gefischt habt. Weißt du schon mehr über ihn?“
„Seit wann interessiert sich das FBI für angeschwemmte Leichen?“, kam es von Cleary.
„Schon mal was von Huang Li gehört?“, kam sofort meine Gegenfrage. Heute war Cleary wieder ausgesprochen nett.
„Natürlich. Zwei von seinen Leuten sind ebenfalls keines natürlichen Todes gestorben.“
„So ist es. Sie wurden erwürgt.“
„Aaah, du stellst eine Verbindung zu Herb Morgans Ableben her.“ Cleary schwieg sekundenlang, dann war seine Stimme wieder zu hören. „Und du hast nicht mal ganz so unrecht, Jesse. Die Art der Würgemale lässt darauf schließen, dass in allen drei Fällen ein Würgedraht benutzt wurde. Ich habe auch schon ein paar Gedanken daran verschwendet.“
„Was gibt es sonst über Herb Morgan zu berichten“, wollte ich wissen.
„Nun, er war vierunddreißig Jahre alt, wohnte drüben in Jersey City, von Beruf war er Computer-Designer.“
„Vorstrafen?“
„Yeah. Der Knabe hat siebenundneunzig eine Serie gefälschter Aktien und Pfandbriefe hergestellt und wollte sich ein paar Dollar nebenbei verdienen. Allerdings ging er damals ziemlich dilettantisch vor, und er brachte keine einzige Fälschung an den Mann. Weil er geständig war, kam er mit einer Bewährungsstrafe davon.“
„Habt ihr schon was Näheres über die beiden toten Chinamänner in Erfahrung gebracht“, hakte ich nach.
„Lieutenant Kerry ermittelt“, erhielt ich zur Antwort.
„Hältst du mich auf dem Laufenden, Harry?“
„Wenn du meinst, du musst deine Nase reinstecken – gerne.“
„Mein Dank wird dir ewig nachschleichen“, sagte ich grinsend.
„Mich aber nie erreichen“, grunzte Cleary und legte auf.
„Cleary ist mal wieder die Liebenswürdigkeit in Person“, wandte ich mich an Milo, während auch ich den Hörer zurücklegte. Ich klärte Milo mit wenigen Worten auf.
„Dann seh‘n wir uns diesen Chu Han Chingh mal an, der auf den Thron in Chinatown schielen soll“, meinte Milo, prüfte den Sitz seiner SIG Sauer im Schulterhalfter und nickte mir zu.
Wir nahmen den Sportwagen. Ehe wir losfuhren, schaltete ich das Bordfunkgerät ein. Ich kämpfte mich durch das Verkehrsgewühl, durch diese Lawine aus Blech und Chrom, die Aggressionen schürt und so manchen gebildeten Mann auf die unterste Stufe der Niveaulosigkeit sinken lässt, wenn Vorder- oder Nebenmann am Steuer nicht der eigenen Verkehrsanschauung entsprechen.
Das Hupkonzert, das sich in den Häuserschluchten erhob, war Ausdruck dieses Rückfalls in die Zeit des Faustrechts.
Mit viel Geduld und Spucke kamen wir endlich in Chinatown an. Eine chinesische Stadt mitten in New York. Bars, Restaurants, Geschäfte mit viel Kitsch in den Auslagen, Lebensmittel- und Fischläden, Gehsteige voll Menschen und – kein Parkplatz.
Im Schritttempo fuhr ich an der Reihe der abgestellten Fahrzeuge entlang, bog schließlich in eine ruhigere Seitenstraße ein, und es gelang mir, den Sportwagen zwischen einen Chevy und einen Müllcontainer zu quetschen, ohne dass er auch nur die kleinste Schramme abbekam.
Mein roter Flitzer war zwar nicht mehr der neueste, aber er rangierte bei mir an Platz 1, und ich hütete ihn wie meinen Augapfel.
Wir stiegen aus. Milo reckte und streckte sich demonstrativ. „Irgendwann müssen wir einen dritten Mann mitnehmen, der mich aus dieser Kiste heraushebt und auseinander faltet“, frotzelte er.
„Wenn es soweit ist, dann nehmen wir deinen alten Chevy“, versetzte ich und erntete von Milo dafür einen bösen Blick. „Aus dem können wir herauslaufen“, setzte ich noch eins drauf.
Wir bahnten uns einen Weg durch die hektische Betriebsamkeit auf dem Gehsteig. Wo wir hinsahen, es gab nur Chinesen. Sie beachteten uns kaum. Unser Ziel war der „Royal Dragon“. Wir brauchten nicht lange danach zu suchen. Es war schließlich nicht unser erster Einsatz in Chinatown.
Die Tür der Bar stand offen. Innen waren zwei Putzfrauen am Werk. Sie wischten den Boden. Die Stühle waren auf die Tische gekippt. Hinter der Theke spülte ein junger Chinese Gläser. An ihn wandten wir uns. Ich fragte ihn nach Chu Han Chingh.
„Der Boss schläft“, bekamen wir Bescheid, ohne dass der Spüler seine Tätigkeit unterbrach.
„Wir möchten mit ihm reden“, mischte sich Milo ein.
„Er schläft“, kam die lakonische Antwort.
Ich zückte meine ID-Card und hielt sie dem Knaben unter die Nase. Seine etwas schräg stehenden Schlitzaugen schienen sich noch um eine Idee zu verengen.
„Wir wollen deinen Boss sprechen“, sagte ich mich Nachdruck, jedes einzelne Wort betonend. „Er kann anschließend seinen erlauchten Kopf wieder in die Kissen betten.“
Im Gesicht des Burschen war nicht die geringste Gemütsregung festzustellen. Dass zwei G-men am hellen Mittag antanzten, schien ihn nicht besonders zu berühren.
„Ich werde dem Boss Bescheid sagen“, murmelte er und lief zu einer Hintertür.
Milo und ich folgten ihm einfach. Mein Ausweis war wieder in der Jackentasche. Wir betraten einen Korridor, der zu einem Hinterhof führte, von dem aus sich aber auch eine Holztreppe steil nach oben schwang. Linker Hand waren die beiden Türen zu den Toiletten, daneben gab es eine weitere Tür.
„Warum warten Sie nicht in der Bar?“, fragte der Chinese über die Schulter.
„Wir wollen deinen Chef doch nicht allzu sehr fordern“, antwortete Milo. „Er müsste ja aus dem Schlafanzug steigen und sich den Schlaf aus den Augen waschen. Es sind nur ein paar Fragen, die er uns gegebenenfalls sogar im Liegen beantworten kann.“
Unser Führer schwieg.
Wir standen vor einer Tür mit einem kleinen Schild, auf das einige chinesische Schriftzeichen gemalt waren. Der Spüler läutete. Einmal – zweimal – ein drittes Mal. Es schallte durch die Tür wie der Gong in einem buddhistischen Kloster.
Zwei Minuten dauerte es, bis jemand von innen öffnete. Es war eine zierliche, hübsche Chinesin mit rabenschwarzen Haaren, die ihr über Brust und Schultern fielen. Sie trug nur ein dünnes Seidennachthemd auf dem schlanken Körper und einen unübersehbaren Ärger im Herzen ob der Störung durch uns. Das verriet ihre Miene deutlich.
Wütend fuhr sie den Burschen an, der uns hierher geleitet hatte, dann erst sah sie scheinbar uns, und sie taxierte uns von oben bis unten.
Milo leierte aufs Neue herunter, dass wir Chu Han Chingh sprechen wollten.
Der Spüler wies darauf hin, dass wir G-men sind.
Ohne die geringste