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Die Kindermörderin. Ein Trauerspiel. Heinrich Leopold WagnerЧитать онлайн книгу.

Die Kindermörderin. Ein Trauerspiel - Heinrich Leopold Wagner


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GRÖNINGSECK.

      Richtig, mein Weibchen! (kneipt ihr in die Backen, und schielt auf Evchen.) Ma foi sie haben Verstand wie ein Engel; gleich wissen sie sich zu helfen. – Pardieu! der Muskatenwein ist vortreflich! (stößt an) Unsre Gesundheit! – der künftige Mann, Evchen!

      FR. HUMBRECHT.

      O das hat noch Zeit; – sie ist erst achtzehn Jahr alt.

      V. GRÖNINGSECK.

      Schon drey Jahr verlohren!

      FR. HUMBRECHT.

      Denk doch! und ich war nächst an den vier und zwanzigen, als ich meinen Humbrecht kriegte, und doch lachten mich meine Kameräden all aus, daß ich so jung heyrathete.

      V. GRÖNINGSECK.

      Gothische Zeiten! Gothische Sitten! – (stößt an) Nun die Brautnacht, Frau Humbrecht!

      FR. HUMBRECHT.

      Hi hi hi! sie wollen mir, glaub ich ein Räuschchen anhängen, nein, nein! da wird nichts draus. – Na denn; meinem lieben Mann zu Ehren; ich geb mir die Ehr – (will aufstehn.)

      V. GRÖNINGSECK

      (hält sie davon ab.) Ohne [12]Komplimenten! wir trinken noch eine Bouteille, und dann setzen wir ein Gläschen Punsch oben drauf.

      FR. HUMBRECHT.

      Behüt und bewahre! Das würde mir eine schöne Wirthschaft geben: – nein, nein! wenns ihnen gefällig ist, wollen wir jetzt aufbrechen –

      V. GRÖNINGSECK.

      Aufbrechen? jetzt schon? rappelt dirs Weibchen? – (faßt sie um den Hals.) Wahrhaftig, da würden wir uns schön affigiren. – (sieht auf die Uhr) erst halb drey! die ganze Nachbarschaft würde uns auslachen, wenn wir um halbdrey schon vom Ball nach Haus kämen. – Lassen sie sich nur nichts davon träumen Frau Humbrecht! – Vor einer Stunde kommen sie mir nicht vom Fleck hier, und dann fahren wir noch erst wieder auf den Ball zurück; – ich hab Kontermarken genommen.

      EVCHEN.

      O ja Mutter! noch auf den Ball wieder!

      FR. HUMBRECHT.

      Na so denn! weil ich dir doch eine Freude hab machen wollen; und weil uns der Herr Leutenant so viel Ehr erzeigt, so will ichs denn nur erlauben – dein närrischer Vater läßt dich ja so nie aus dem Haus. –

      V. GRÖNINGSECK.

      Das heiß ich geredet: wenn man nur selten ans Vergnügen kommt, so muß mans auch recht genießen, zudem ist heute der letzte Ball für dies Jahr: also – Frisch Evchen! nicht so geleppert, das Glas muß aus: (Evchen leerts.) So bist brav! sollst auch ein Mäulchen haben! – (küßt sie.) Hola! la maison! (Marianel macht die Thür auf) Punsch! (Magd wieder ab.)

      [13]EVCHEN.

      Was ist denn der Punsch eigentlich für ein Getränk, Mutter?

      FR. HUMBRECHT.

      Ich weiß selbst – es ist halt –

      V. GRÖNINGSECK.

      Wie Evchen, du weist nicht, was Punsch ist, hast noch keinen getrunken? – Ihr Leute lebt ja, wie die Bettelmönche – schon achtzehn Jahr alt, und heut zum erstenmal auf den Ball gewesen, und weiß nicht, was Punsch ist? – Ein Nektar! ein Göttertrank ists! le diable m’emporte, s’il n’est pas vrai! Wenn ich König von Frankreich wär, so wüßt ich mir dennoch kein delikaters Gesöff zu ersinnen, als Punsch; der ist und bleibt mein Leibtrank, so wahr ich – Ah le voila! (Marianel bringt drey Schoppengläser auf einem Kredenzteller; er nimmt ihr eins nach dem andern ab, beym ersten das sie ihm hinhält, frägt er sie) Ist das vom Rechten?

      MARIANEL

      (sich tief verneigend.) Ihnen gehorsamst aufzuwarten. – (zwickt ihn ungesehn der andern im Arm, er sieht sie stolz an, und macht eine Bewegung mit der Hand, daß sie fortgehn soll: sie verneigt sich nochmals und geht mit Mühe das Lachen verbeißend, ab.)

      FR. HUMBRECHT

      (hält das Glas an die Nase.) Ja da kommen sie mir schön an, beym Blut; da trink ich keinen Tropfen von; – das riecht einem ja, Gott verzeih mirs! so stark in die Nase, daß man vom blosem Geruch besoffen wird.

      V. GRÖNINGSECK.

      Grade das Gegentheil, Weibchen! grade das Gegentheil; – ich geb ihnen meine parole d’officier, oder auch meine parole de maçon, welche sie wollen, daß ich mich schon mehrmals zwey auch dreymal in einem Nachmittag besoffen, und jedesmal im Punsch mich wieder nüchtern getrunken habe.

      EVCHEN.

      Ja sie: sie haben den Magen schon ausgepicht, aber ich bin gar nichts starkes gewohnt.

      V. GRÖNINGSECK.

      Gut! so will ich kapituliren: Evchen trinkt soviel sie will, und ihren Rest nehm ich [14]noch auf mich; die Mama aber leert ihr Glas, so ist hübsch die Proportion gehalten. – Allegro! ins Gewehr! – (Er reicht jeder ihr Glas, nimmt seines, stößt an, sie trinken.)

      EVCHEN

      (speit aus.) Pfui! das brennt einen ja bis auf die Seele.

      FR. HUMBRECHT.

      Du Unart! geht man denn mit Gottes Gab so um? (trinkt wieder fort) – Mir schmekts ganz gut – fast wie Rossoli.

      V. GRÖNINGSECK.

      So ungefähr, ja! wenns ihnen nur schmeckt, Weibchen. – Aber eins Evchen, must du mir, wenn wir wieder auf den Ball fahren, versprechen, daß du mir keinen Teutschen mit jemand anders, als mit mir tanzest; Kontertänz so viel du willst.

      FR. HUMBRECHT.

      Gelt! sie kann nichts? hats eben wieder verlernt. –

      V. GRÖNINGSECK.

      Nicht doch! – sie tanzt nur zu gut, macht ihre Figuren, Wendungen, Stellungen mit zu viel grace, zu reizend, zu einnehmend – ich kanns ohne heimlich eifersüchtig zu werden, nicht mit ansehn.

      FR. HUMBRECHT.

      Ey sie belieben halt zu vexiren! – sie hat zwar drey Winter hintereinander beym Sauveur Lektion genommen. –

      V. GRÖNINGSECK.

      Beym Sauveur! – pardieu! da wunderts mich nicht mehr – ich hab auch bey ihm repetirt: – c’est un excellent maitre pour former une jeune personne! – sein Wohlseyn! (Fr. Humbrecht und er trinken) – aber, comment diable kamen sie an den Sauveur? der hat ja immer so viel mit Grafen und Baronen zu thun –

      EVCHEN.

      Es waren auch drey Baronen und ein reicher Schweitzer, die beym Herr Schaffner neben uns logirten, und weil sie noch Frauenzimmer brauchten, so luden sie mich auch ein.

      [15]V. GRÖNINGSECK.

      Die Kerls hatten, hohl mich der Teufel! keinen übeln Geschmack. – Wie lang ist es?

      FR. HUMBRECHT

      (gähnend.) Schon fünf Jahr, glaub ich –

      EVCHEN.

      Ja so lang ists gewiß, wenns nicht gar sechse sind.

      V. GRÖNINGSECK.

      Das laß ich gelten: – da warst du zwölf Jahr alt, und stachst doch schon den Barons in die Augen –

      EVCHEN.

      Ey Mutter! sie wird doch, hoff ich, nicht einschlafen wollen?

      V. GRÖNINGSECK

      (faßt sie mit der einen Hand um den Hals, und hält ihr mit der andern das Glas an Mund.) – Das Restchen noch, Frau Humbrecht!

      FR. HUMBRECHT

      (stößt das Glas von sich.) Kein Tropfen mehr. (er setzt es weg.) Ich kann die Augen nicht mehr aufhal – – (fällt schlafend dem Lieutenant an die Brust.)

      EVCHEN.

      Gerechter


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