Kubinke und der Sturm: Kriminalroman. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.
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© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martini Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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1
Ingo Pellemeier bremste seinen LKW.
Die apokalyptisch anmutende Landschaft, die ihn nun umgab, zeigte jetzt ihre Wirkung auf ihn. Er schluckte. Überall waren Häuser stark beschädigt, Dächer abgedeckt. Bäume und Strommasten waren von der Gewalt des gerade vorübergezogenen Orkans abgeknickt worden wie Streichhölzer.
Ingo Pellemeier hörte routinemäßig den Funk der örtlichen Polizei ab. Er lauschte einige Augenblicke den leicht verzerrten Stimmen und warf dann einen kurzen Blick auf den Kartenausschnitt, den ihm das große Display seines Navigationssystems zeigte und nickte zufrieden.
Die sind weit genug weg, dachte er.
Schließlich wollte er den Polizisten im Moment um keinen Preis der Welt begegnen. Normalerweise wich er auf diese Weise nur Geschwindigkeitskontrollen aus. Aber an diesem Tag hatte Ingo Pellemeier einen ganz besonderen Grund, um den Polizisten aus dem Weg zu gehen.
Und der hatte mit der Leiche zu tun, die sich im Laderaum seines LKWs befand.
2
Der schwere Sturm hatte sich gelegt und ein Schneise der Verwüstung durch einige Vororte von Wilhelmshaven in Niedersachsen gezogen. Viele Häuser waren stark beschädigt, einige sogar zerstört worden, Fahrzeuge hatte die Kraft des Sturms einfach beiseite geschoben oder auch auf die Seite geschleudert. In den Nachrichten war auch von Todesopfern und Vermissten die Rede gewesen. Zahlen, die genannt wurden, würden sich mit Sicherheit noch erhöhen.
Ingo stieg aus. Er öffnete mit ein paar geübten Handgriffen die Ladefläche seines LKWs, stieg hinauf und blickte dann auf die Leiche herab. Ein Mann, soviel war noch erkennbar. Aber das Gesicht war so schrecklich entstellt, dass ihn wohl selbst engste Angehörige nicht wiedererkannt hätten. Mit seinen Händen war auch irgendetwas geschehen. Sie wirkten rot. Das rohe Fleisch kam zum Vorschein. Es sah aus, als hätte er sich verbrannt. Ein scharfer Geruch hing in der Luft. Und der ramponierte Zustand seiner Kleidung passte irgendwie zu den Blessuren, die er selbst davongetragen hatte.
Ingo stand der Schweiß auf der Stirn.
An einem Haken hingen ein paar Arbeitshandschuhe. Die zog Ingo über. Dann fasste er den Toten an den Füßen und zog ihn zum Rand der Ladefläche. Mit einem dumpfen Geräusch fiel die Leiche wie ein nasser Sack auf den Boden.
Nichts für ungut, dachte Ingo und sprang hinterher. Er orientierte sich kurz. Dann hatte er seine Wahl getroffen. Ein Trümmerhaufen, der noch vor wenigen Stunden wohl noch ein ansehnlicher Vorstadtbungalow gewesen war, schien ihm der perfekte Ort zu sein, um eine Leiche loszuwerden. Er schleifte den Toten hinter sich her.
Es konnte ja nicht allzu schwer sein, ihn so zu drapieren, dass man ihn für ein Opfer des Sturms hielt.
Nach ein paar Minuten war er fertig. Er hetzte zur Fahrerkabine des LKWs, stieg ein und startete. Ingo Pellemeier trat das Gaspedal voll durch. Der Motor heulte auf wie ein getretenes Ungetüm. Nur weg!, dachte Ingo. So schnell und so weit wie möglich weg von hier!
3
Ungefähr eine Stunde fährt man von Berlin nach Quardenburg. Rudi und ich hatten uns nicht ohne Grund dort hinbemüht. Wir trafen uns mit einigen Mitgliedern des Ermittlungsteam Erkennungsdienstes, dessen Dienste uns zur Verfügung standen, seit man uns zu Kriminalinspektoren befördert hatte. Und das Ganze hatte natürlich mit einem neuen Fall zu tun, der uns übertragen worden war. Ein Fall, bei dem es um einen Toten ging, der vor kurzem in einer vom Orkan ziemlich zerstörten Siedlung in der Nähe von Wilhelmshaven gefunden worden war.
„Sie sind spät dran“,