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Kugelhagel auf Sylt: Ein Kubinke Krimi. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.

Kugelhagel auf Sylt: Ein Kubinke Krimi - Alfred Bekker


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wie ich es gesagt habe, Herr Kubinke.”

      „Nennen Sie mich Harry!”

      „Ich bleibe lieber bei Herr Kubinke.”

      „Wieso, denken Sie, das kommt bei Ihren Kollegen beim LKA nicht gut an, wenn Sie sich mit einem Kriminalinspektor verbrüdern und ihn beim Vornamen nennen?”

      Mahler schwieg. Ich hatte wohl ins Schwarze getroffen. Ein gewisser Corps-Geist ist sicherlich in jeder Abteilung und in jeder Polizeieinheit notwendig. Man muss zusammenhalten. Aber dieser Zusammenhalt darf nicht über dem Gesetz stehen. Und manchmal ist es leider notwendig, sich gegen die eigenen Kollegen zu stellen, um dem Gesetz zu seinem Recht zu verhelfen.

      Rudi mischte sich in das Gespräch ein.

      „Wenn wir Kollegen uns nicht an das Gesetz halten, dann können wir es von niemandem erwarteten”, sagte er.

      „Schon möglich”, gab Mahler zurück. „Aber Sie sollten das auch mal von einer anderen Seite aus betrachten.”

      „Und von welcher?”, hakte ich nach.

      „Ein Kommissar oder ein Polizist hat Mühe die Raten für sein Haus abzustottern und dafür zu sorgen, dass seine Kinder eine vernünftige Ausbildung bekommen. Dafür gibt’s dann die Aussicht auf eine Pension, die es einem erlaubt, seinem Ende entgegenzudämmern, ohne zu verhungern. Und auf der anderen Seite sind da diese Typen in ihrem Lamborghini und Porsche, die mit den Scheinen nur so um sich schmeißen und das Jahresgehalt eines Polizisten in einer Nacht auf den Kopf hauen, ohne mit der Wimper zu zucken. Leute, die sich das Kokain mit Hundert-Euro-Scheinen in die Nase ziehen und den Schein anschließend anzünden, weil das so angenehm riecht. Können Sie wirklich nicht verstehen, dass man da mal schwach werden kann? Ist das so abwegig, dass ein Ermittler auf der Straße oder irgendein kleines Licht im Innendienst des LKA vielleicht eines Tages sagt: Jetzt bin ich auch mal dran!”

      „Und die Hand aufhält?”

      „Ja, genau! Aber das muss deswegen kein grundsätzlich schlechter Mensch sein.”

      „Sondern?”

      „Einer, der schwach geworden ist. Vielleicht nur ein einziges Mal in seinem Leben, aber plötzlich zählen dann all die Jahre nicht mehr, die er vorher seinen Kopf hingehalten hat.”

      „Sind Sie schon einmal schwach geworden, Herr Mahler?”

      „Nein.”

      Seine Antwort kam ohne jedes Zögern. Wir hatten in diesem Augenblick natürlich unseren Kollegen nicht an einen Lügendetektor angeschlossen, aber ich war mir trotzdem ziemlich sicher, dass er die Wahrheit sagte. Mit der Zeit entwickelt man so etwas wie einen besonderen Sinn dafür, ob jemand die Wahrheit sagt. Einen Instinkt. Ich will nicht behaupten, dass er mich nicht auch schon getrogen hätte, aber in diesem Augenblick hatte ich den Eindruck, dass Kommissar Mahler tatsächlich eine ehrliche Haut war.

      „Kennen Sie jemanden bei Ihnen, der schon einmal schwach wurde - wie Sie das ausgedrückt haben?”, hakte ich noch mal nach. Denn wenn das Thema nicht ihn selbst betraf, dann war das eigentlich die einzige plausible Erklärung dafür, weshalb ihn das alles ganz offensichtlich zu einem derart starken emotionalen Engagement trieb.

      Diesmal zögerte Kommissar Mahler mit der Antwort.

      „Sie haben meine Frage schon richtig verstanden, oder?”

      „Meine Ohren sind in Ordnung, Herr Kubinke.”

      „Und?”

      „Die Antwort ist ja, Herr Kubinke. Und ich wette, dass Sie auch mit ja antworten müssten, wenn ich Ihnen dieselbe Frage stellen würde.”

      „Nun ...”

      „Versuchen Sie mich jetzt nicht danach zu fragen, wen ich gemeint habe, Herr Kubinke. Darauf werde ich Ihnen nämlich nur dann eine Antwort geben, wenn irgendeine Verordnung, ein Gerichtsbeschluss, die dienstliche Anweisung eines Vorgesetzten oder irgendetwas Vergleichbares mich dazu zwingt. Und selbst dann würde ich mir noch sehr gut überlegen, wieviel ich darüber preisgebe.”

      Einige Augenblicke herrschte Stille im Wagen. Paul Mahler beschleunigte bis auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit. Es herrschte im Moment kein Verkehr.

      „Wir brauchen einen Wagen hier auf Sylt”, sagte ich schließlich, denn mir war klar, dass es im Moment keinen Sinn hatte, über das andere Thema weiter mit Kommissar Mahler zu sprechen. „Und außerdem hat man uns gesagt, dass sich Ihr Büro um eine Unterkunft kümmert.”

      „Der Wagen steht bei der Polizeidienststelle für Sie bereit”, sagte Mahler in einem deutlich ruhigeren Tonfall. „Und was das Hotel angeht - es wird Ihnen gefallen. Es heißt Sylt Palisades, und manche Leute wären froh, sich dort einen Urlaub leisten zu können.”

      6

      Chantal Weber saß an einem Tisch im Freien. Er gehörte zu einer Bar mit dem klangvollen Namen ‘La Bella’, und es handelte sich um eine Bar, die dem entsprach, was die Italiener darunter verstanden. Ein Ort, an dem man den ganzen Tag etwas essen konnte und wo den ganzen Tag der Fernseher lief - vorzugsweise Sportübertragungen. Bei den Italienern war das Fußball, die Übertragungen der italienischen Liga, denn abgesehen von Brasilien gab es wohl kein Land auf der Welt, das ebenso fußballverrückt war wie Italien.

      „Ciao Ragazza“, sagte plötzlich eine raue Männerstimme, die sie zusammenzucken ließ. So sehr, dass sie um ein Haar den Drink umgeworfen hätte, der vor ihr auf dem Tisch stand. Sie zitterte.

      Ein Mann in einem grauen Anzug setzte sich zu ihr. Der Fußballball-Kommentator von RAI Sport-TV überschlug sich gerade jetzt vor Begeisterung.

      Seine Stimme drang verzerrt aus dem Inneren des Lokals und mischte sich mit ein paar Männerstimmen.

      „Wie geht es dir, Ragazza?“, fragte der Mann im grauen Anzug. Er trug sein Hemd weit offen. Ein goldenes Kreuz hing ihm neben einem Amulett um den Hals.

      „Ich kann das nicht”, sagte Chantal Weber.

      „Was kannst du nicht?”

      „Hör mal, ich ...”

      „Haben sie dir Fragen gestellt, Ragazza?”, fragte der Mann im grauen Anzug. Er spielte dabei mit dem Amulett herum und ließ es schließlich gegen das Kreuz ticken. Das Geräusch, das dabei entstand, war metallisch und hart. Er machte das gleich noch einmal.

      „Sie haben mich alles Mögliche gefragt”, sagte Chantal Weber. „Und ich habe ihnen gesagt, was ich sagen sollte.”

      „Na bravo! Dann kann doch nichts schiefgehen, Ragazza!”

      „Ich weiß nicht.”

      „Verlier jetzt nicht die Nerven, hörst du? Was geschehen ist, ist geschehen. Das kann man nicht mehr ändern. Jetzt musst du nach vorne blicken. Ein neues Leben beginnen.”

      „Ja, vermutlich hast du recht. Aber das ist nicht so einfach.”

      Ein Motorboot rauschte auf die Anlegestelle zu, die sich nur wenige Dutzend Meter von dem Lokal ‘La Bella’ entfernt befand. Das Boot legte an. Ein Mann sprang auf den Steg. Er winkte herüber.

      Der Mann im grauen Anzug nahm die Hand von den Amulett und dem Kreuz auf seiner Brust und


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