Die drei Klosterkids. Karla SchnieringЧитать онлайн книгу.
und rechts, oben und unten. Nichts. Bis Nick plötzlich flüsterte: „Da oben, im mittleren Fenster. Ganz oben.“
Richtig, eine weiße Taube schwebte über allem. Ratlos standen die drei vor dem Altar und sahen hoch.
„Da oben kann doch niemand was verstecken“, meinte Jo.
„Wir müssten mehr über das Symbol wissen. Lasst uns zu Hause nachlesen, und bei Wikipedia schauen wir auch mal nach“, schlug Josie vor. Die Jungs nickten. Sie gingen zurück und unterhielten sich. Auf dem Weg nach Hause kam ihnen ein fremder Mann entgegen. Die Kinder grüßten freundlich, der Mann reagierte aber nicht.
„Wolltest du uns nicht das mit der Klappe erklären?“, fragte Josie.
„Ach, total vergessen. Das machen wir morgen. Jetzt recherchieren wir erstmal“, schlug Nick vor.
Aber dazu kamen sie an diesem Tag nicht mehr, weil Nick nach Hause musste und Jo und Josie ihrer Mutter in der Küche helfen sollten.
4. Dezember
AUF DER KANZEL
Jo und Nick saßen am Nachmittag vor dem Computer und suchten nach der Taube und dem Heiligen Geist. Josie blätterte in einem Buch über Malgarten und Umgebung.
„Hier ist zwar eine Menge zu lesen“, meinte Jo und sah seine Schwester an, „aber nichts, was uns irgendwie weiterhelfen könnte.“
„Ich finde auch nur, dass die Fenster alt sind, mehr nicht. Wir sollten nochmal in die Kirche gehen und sehen, ob die Taube vielleicht auf irgendwas deutet.“
„Wie soll sie denn deuten?“, fragte Nick ungläubig. „Mit dem Schnabel?“
„Ja, wer weiß …“
„Machen wir sofort“, meinte Jo und klappte den Laptop zu. „Ich habe sowieso keine Lust mehr, seitenweise zu lesen. Also, kommt ihr mit?“
Natürlich wollten die beiden. Als sie vor das Torhaus traten, schneite es.
„Wie schön!“, rief Josie. „Hoffentlich bekommen wir weiße Weihnachten und nicht wieder so ein Matschwetter wie im letzten Jahr.“
Mit tief in die Stirn gezogenen Mützen liefen sie den Weg entlang zur Kirche. Der Kirchenraum empfing sie wieder sehr still und halb dunkel. Eine alte Frau kniete in einer der Bänke und betete. Die Kinder sahen sich an. Dann zeigte Josie auf eine Bank, und die drei setzten sich brav hin. Wie am Vortag sahen sie sich die Taube von Weitem an.
„Da kann ich wirklich nichts Besonderes dran entdecken“, flüsterte Josie. Jo seufzte.
Plötzlich stieß Nick seinen Ellbogen in Jos Seite und zischte: „Ich werd’ verrückt. Seht mal da.“
Er zeigte auf das Dach über der Kanzel, den Schalldeckel. Und tatsächlich, sie hatten noch nie darauf geachtet, aber jetzt sahen sie es: Unter dem Schalldeckel hing eine weiße Taube.
„Die ist bestimmt geschnitzt und zur gleichen Zeit angebracht worden wie der Altar“, meinte Josie. „Die schauen wir uns mal an.“
Sie sahen sich nach der alten Dame um. Die betete immer noch.
„Da können wir jetzt nichts machen“, raunte Josie ihrem Bruder zu. „Sollen wir nachher nochmal wiederkommen?“
„Nein, wir warten.“
Irgendwann später ging die alte Frau, und die drei standen auf und stiegen die Treppe zur Kanzel hoch. „Da fehlt uns ein halber Meter, um da dranzukommen“, meinte Josie.
„Räuberleiter!“, schlug Nick vor.
„Hebt mich hoch“, meinte Josie. Schon schob sie einen Fuß in Nicks Hand, und Jo stützte sie. Wackelig stand Josie nah unter der Taube und schob eine Hand zwischen Schalldeckel und Vogel.
„Da ist Platz genug, ich fühle etwas“, sagte sie. In diesem Moment hörten sie die Kirchentür.
„Runter!“, rief Nick.
Josie war sofort unten, und alle drei bückten sich hinter die Kanzelbalustrade. Jo versuchte, über das Geländer zu sehen, schüttelte dann aber den Kopf. Die drei waren mucksmäuschenstill.
„Und jetzt?“, flüsterte Nick, dem langsam, aber sicher ein Bein einschlief.
„Psst“, machten die Zwillinge, und Josie warf ihm einen giftigen Blick zu.
Sie warteten und warteten. Da streckte Nick seinen Kopf seitlich der Kanzel oberhalb des Treppengeländers vorbei und – zuckte sofort zurück. „Da steht einer bei den Krippenfiguren. Was machen wir denn jetzt?“ Jo legte seine Hand auf Nicks Arm.
„Warte!“, zischte er. Sie hockten da und lauschten. Dann hörten sie Schritte, die sich Richtung Ausgang entfernten. Die Schwingtür jammerte leise, als der Besucher die Kirche verließ.
„Puh, da haben wir aber Glück gehabt“, sagte Jo. „Also, versuchen wir es nochmal?“
„Ja, aber schnell. Ich wusste gar nicht, dass hier so viel los ist. Jedes Mal kommt einer.“
Sie hoben Josie wieder hoch. Diesmal wusste sie genau, was sie suchte. Mit spitzen Fingern angelte sie in dem schmalen Spalt über der Taube. Endlich bekam sie etwas zu fassen. Es fühlte sich an wie ein Ledermäppchen. Josie zog es mit Zeige- und Mittelfinger vorsichtig heraus und gab es nach unten zu ihrem Bruder. Dann ließ sie sich langsam auf den Kanzelboden herab.
„Was ist das?“, fragte sie mit Blick auf das „Corpus Delicti“.
Jo pustete erst einmal darüber, und eine dicke Staubwolke verabschiedete sich in Richtung Kirchenraum. „Sieht aus wie ein Schlüsselmäppchen, aber ohne Schlüssel. Egal, lasst uns von hier verschwinden. Sicher kommt gleich wieder jemand.“ Sie schlichen hintereinander die Treppe der Kanzel hinunter. Langsam und leise flüsternd gingen sie am Altar vorbei auf die Krippe zu. Da fiel Josies Blick auf die Krippenfiguren.
„Josef und Maria sind weg!“, rief sie. Die drei standen wie erstarrt vor der Krippe.
„Ein Hirte fehlt auch, komisch. Was machen wir denn jetzt?“
„Wir müssen den Küster informieren.“
„Dann los, das Mäppchen kann warten.“ Sie rasten zur Kirchentür und liefen prompt dem Küster in die Arme.
„Na, na, nicht so schnell“, sagte der lächelnd. „Was ist denn passiert?“
„Die Krippenfiguren wurden geklaut“, riefen alle drei durcheinander. Die Miene des Küsters wurde ernst. „Was habt ihr denn damit zu tun?“
„Nichts, wir waren nur hier und haben das zufällig entdeckt.“
„Und was wolltet ihr hier?“
Josie schluckte, sie dachte an das Mäppchen in Jos Tasche.
„Nur die Krippe ansehen, weil doch bald Weihnachten ist.“
„So so! Dann bleibt mal hier. Ich werde die Polizei anrufen. Wo habe ich denn mein Handy, ach hier. Habt ihr irgendjemanden gesehen?“, fragte er, während er die Nummer der Polizei in sein Handy tippte.
Nein, gesehen hatten sie niemanden, nur gehört, aber das konnten sie dem Küster ja schlecht erklären. Sie schüttelten den Kopf.
„Tja, dann setzt euch mal in eine Bank.“
Mit hängenden Köpfen schlichen sie wieder zu der Bank, auf der sie schon vorhin gesessen hatten.
„Sollen wir ihm das mit den Hinweisen erzählen?“, fragte