Suizid im Hirn. Manfred BehrendЧитать онлайн книгу.
Sei nicht so hart mit und zu dir selbst. Ist es ein Widerspruch? Nein. Lieber überlegenswert handeln als zu große Härte mit sich selbst führen. Dies kann zerstörend sein für das Ich. Alkoholgefährdung oder pathologisch alkoholkrank sein hat nichts, auch gar nichts mit dem Stand in der Gesellschaft zu tun. Ich gebe zu, ein Satz des Arztes, der auch forensischer (gerichtlicher) Psychiater war, hat mir sehr geholfen, ins dritte Jahrzehnt der Alkoholabstinenz zu kommen. Er sagte: „Sauf dich doch tot, es ist mir egal, ich werde immer viel zu tun haben“. Nicht hätscheln oderoh du armer Kranker- hilft, sondern auch harte Worte sind angebracht. Die biochemischen Prozesse im Hirn zur Veränderung der Psyche oder des Handelns bei Zufuhr von Alkohol sind kaum beeinflussbar, jedoch die Vermeidung des ersten Schluckes, darauf muss man Einfluss nehmen. Das kann und hat man selbst in der Hand, nicht später weinerlich sich selbst bemitleiden und sagen, dass man verführt wurde. Man findet immer Gründe zum Trinken oder bastelt sich Gründe. Dieses Gründe suchen nimmt leider einen Großteil der Gedanken ein, macht sogar „Spaß“ und man belohnt sich, wenn der Grund sehr schnell gefunden ist. Sehr oft ist es gerade dieses Weinerliche, man sei ein schlechter Mensch, auch alle anderen haben Schuld, setzt sich fest und verhindert oft den Ausweg. Alkoholprobleme sind ein Komplexvorgang. Ich konnte es sehr bewusst bemerken im Zusammensein mit den anderen Betroffenen bei Therapiegesprächen in der Suchtklinik. Vor Sorgen zu trinken, sagen sehr viele, die meisten.
Der österreichische Schriftsteller Robert Musil (1880-1942) nannte sehr bewusst:
„Es hat keinen Sinn, Sorgen im Alkohol
ertränken zu wollen, denn Sorgen sind gute Schwimmer.“
Leider wahr. Wird es aber verinnerlicht auf der Suche nach einem Grund zu trinken? Ja, Alkoholiker sind fast immer auf der Suche nach einem Grund. Es klappt wunderbar, Gründe zu finden. Es hat aber auch andere gute Seiten, dieses Zeigen von Stärke bei sogenannten Verführungen und dieses Überdenken von Gründen. Doch, es gibt Verführungen, aber oftmals oder meistens verführt man sich selbst oder will sogar verführt werden, um eine sogenannte Entschuldigung für sich selbst zu besitzen. Schuld, Entschuldigungen und diese Dinge sind oft primär im Verhalten. Man flüchtet sich in ein Wechselspiel von Traurigkeit, Belohnung und dem wichtigen falsch verstandenen Ich und der Verfestigung des Glaubens,, dass keiner einen versteht. ….Ihr versteht mich nicht … macht sich fälschlicherweise im Hirn breit. Ich erlaube mir hier, kritisch gegenüber der Gesellschaft zu sein. Dieser Widerspruch, dass wir den Trinker auf der Straße nicht mögen und ihn verurteilen. Genüsslich nehmen wir aber im Fernsehen auf, wie sich Schauspieler, oder wer auch immer, also Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, benehmen. Ähnlich wie der auf der Straße. Sprechen wir doch einfach mal mit dem auf der Straße. Wir würden staunen; oftmals ein bemerkenswerter Typ. Entscheidend kommt hinzu, dass wir diese sogenannte Streitkultur verlieren. Streiten, konstruktiver Streit ist sehr wichtig für das Miteinander in der Gesellschaft; auch Familie und Freunde, auch Feinde eingeschlossen. Man verlernt das richtige Streiten, da man meistens Recht haben möchte oder will es als sogenannte Entschuldigung für sich selbst benutzen. Man möchte einfach, dass einem keiner auf die „Schliche“ kommen soll, was man wirklich denkt. Geht es uns nicht oft so, unabhängig vom Thema Alkohol oder so … wenn ihr wüsstet, was ich denke … Diese Sätze prägen sich ein. Sind extrem falsch und beängstigend für einen selbst. Ein Hauptgrund des Trinkens. Jedenfalls, wie ich meine. Dieses Stille in sich. Man kann arbeiten, sogar auch sehr gut. Gedanken, das wahre Ich kommen im stillen Kämmerlein. Eine Idee. Man sieht sehr, sehr viele Menschen mit Tätowierungen. Sehr oft Kunstwerke, auch viel Unsinn ist dabei (Entschuldigung). Wäre es nicht eine Idee, dass jemand, der wenig Selbstvertrauen in sich hat, seinen Namen, für ihn leserlich, eintätowieren lässt und, bei Zweifel an sich selbst, darauf sehen sollte und verinnerlichen..“.Ja, ich bin es“. Ich bin etwas wert.. Klingt das albern?
Wir können doch nicht abstreiten, dass wir oft mit dem Alkohol der Realität entfliehen wollen. Wir bilden es uns ein. Ein Trugschluss, weil wir oft anders sein wollen als wir sind. Diese verdammte fehlende Akzeptanz unseres Ichs. Geben wir den Medien die Schuld? Nein, immer bei uns selbst beginnen. Nur dieser Weg zählt. Hört sich das besserwisserisch an? Ja! Es ist aber so. Man erfährt aber auch Achtung und Verständnis, wenn man sich überwunden hat, zu nennen … “Ja, ich bin Alkoholiker“. Hiermit hilft man auch den anderen Mitmenschen, zu erlernen, damit umzugehen, auch auf gleicher Höhe zu diskutieren. Es ist sehr provokant, was ich jetzt nenne. Wenn jemand keinem zur sogenannten Last fällt, nicht auffällig wird, nicht strafbar, Dinge der Gesellschaft anerkennt und dementsprechend vernünftig handelt, jedoch trinkt. Kann man es verurteilen? Dieser Mensch kennt sich und weiß vielleicht sogar schmerzhaft, dass er, wenn er etwas trinkt, als Mensch trügerisch besser funktioniert. Ohne Alkohol ist er kaum in der Lage, sein Ich zu verwirklichen oder gar wahrzunehmen. Sobald er trinkt, kann er lachen, Gedanken sortieren, fähig sein. Kann man dieses verurteilen, da Alkohol verpönt ist und man es immer nur negativ bei … den Anderen sieht, kaum bei sich selbst? Beachte, es ist keine Hommage (Huldigung) für dieses Phänomen Alkohol. Nur ein Gedanke. Es gibt sie aber. Es ist nur eine Theorie, jedoch hat der Mensch ein Recht auf Zufriedenheit. Kann er, wie erwähnt, unter mäßigem Alkoholeinfluss lachen und hat Freude am Leben, haben wir kein Recht als Nachbar, Arbeitskollege bzw. als Gesellschaft den oder die zu verurteilen. Die Gesellschaft zeigt uns jedoch mit vielen schlechten Beispielen, wie zerstörerisch Alkohol und Drogen sein können unter Vernachlässigung des Einzelnen, dem es hilft. Trauen wir uns, den Rudolf Ditzen (als Hans Fallada bekannt), den Hemingway, den Charles Bukowski und viele andere trinkende Größen zu verurteilen? Nein, den Nachbarn belächeln wir nicht nur, sondern stellen ihn als Negativum menschlichen Verhaltens hin und überspielen oft die eigenen Mängel, da es sich als Argument gut darstellen und verkaufen lässt. Geben wir doch einfach zu, dass der wahre Alkoholismus sehr schwerlich und wahrhaftig zu definieren ist. Nur oberflächlich, da wir zu wenig Kenntnisse über unsere Hirnstränge, Synapsen und Verknüpfungen im Hirn haben. Wie denn auch, wenn wir zaghaft nennen, dass 2 cm hinter der Stirn Billionen von Zellen herumschwirren? Unergründlich, wie auch der wahre Weltraum mit seinen Dimensionen unfassbar ist. Könnten Leute wie Hemingway, Charles Bukowski, James Joyce jemals diese Weltliteratur schaffen ohne Stimuli Alkohol? Wurde Alkohol nicht bestimmender Teil des Alltags für den Lauf der Gedanken im Hirn? Merkwürdiger- weise wissen wir, dass viele Schriftsteller, Komponisten, Denker oder Schauspieler, um nur einige zu nennen, von der gewissen Trunksucht profitieren und wir, wir bewundern sie wegen besonderer Leistungen. Den unmittelbaren Nachbarn, der zwar trinkt, aber Teil der vernünftigen Gesellschaft ist, den verurteilen wir jedoch. Ich denke, wir machen den Fehler, bei kaum auffälligen Trinkern, bei denen wir aber wissen, sie trinken, den Menschen zu verkennen und stellen das Problem Alkohol über das Wesen Mensch. Alkohol hat auch etwas Gutes. Um unser Verborgenes im Hirn herauszuholen. Leider auch viel Negatives. Es ist schon manchmal seltsam, dass man sagt:
„Ich muss bei klarem Verstand bleiben.“
Hat man nicht oft den Eindruck, auch von sich selbst, dass es unter „in Maßen Alkoholeinfluss“ oft besser klappt? Selbstverständlich muss man schon „bei Sinnen sein“. Habe ich mit den letzten Sätzen Gedanken angeregt? Gut so! Es hört sich wieder überheblich an, wenn man sagt, auch beim Erkennen eines Hineinrutschens in eine Abhängigkeit muss man Stärke zeigen, damit es gelingt, es zu verhindern. Man sollte sich seiner Stärke in einem positiven Egoismus bewusst sein, dass man „Jemand ist“, zur Gesellschaft zugehörig und mit seinen Stärken, egal auf welchem Gebiet, etwas leisten kann. Ich wähle einfach mal unseren Großen Beethoven (1770-1827) aus. Ja, ich möchte auch interessante Dinge aus der Geschichte nennen, da wir es oft vergessen. Vorab genannt möchte ich nur aufzeigen, dass man das „Problem“ Alkohol durch Überzeugung der guten Seiten des Ichs, neben ärztlicher Hilfe, in eine gute Richtung führen kann. Beethoven hatte einen ausgeprägten guten Egoismus. Beispiel: Als seine Geliebte (Beethoven war nie verheiratet) Josefine später einen Grafen heiratete sagte er sehr selbstbewusst:
„Grafen gibt es viele, aber Beethoven,
den gibt es nur einmal.“
Jeden Einzelnen von uns gibt es auch nur einmal. In der Deutung heißt es doch nur, man kann traurig sein, sollte jedoch überzeugt sein, man ist wer und nichts kann einen unterkriegen. Sinngemäß meine ich damit, auch wenn man einen Rückfall hat, lohnt