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Das Lebenselixier. Эдвард Бульвер-ЛиттонЧитать онлайн книгу.

Das Lebenselixier - Эдвард Бульвер-Литтон


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zu dem sie nur scheu aufblickte – mich befragt, wie sie vorgehen solle, um den Freund und Bekannten ihres verstorbenen Gatten versöhnen und beschwichtigen zu können. So erstickte ich meinen Unmut, den weniger der Ton seiner beleidigenden Anspielungen gegen mich, als die Arroganz, mit der sich dieser voreingenommene Eindringling über den Willen der Mutter hinweg zum Wächter über ein Kind erhob, das unter ihrer Obhut stand, hervorgerufen hatte. Ich entwarf eine meiner Meinung nach würdevolle und versöhnliche Antwort, in welcher ich mich aller Erörterungen enthielt und Mrs. Ashleigh mitteilen ließ, sie werde ihm jeder Zeit ihre Aufmerksamkeit schenken und jeden Rat, den ihr ein so geschätzter Freund ihres Gatten zum Wohle ihrer Tochter gütigst erteilen würde, gerne annehmen. Ungefähr einen Monat nach meiner Wiedereinsetzung in Abbots´ House war jegliche Verständigung zum Erliegen gekommen.

      Eines Nachmittags aber begegnete ich unerwartet Mr. Vigors am Eingang zu der dunklen Gasse, die Richtung Abbots´ House führte. Mit dem ersten Blick in sein Gesicht – das einen noch finstereren Ausdruck zeigte als gewöhnlich - erkannte ich, dass er von dort kommen musste und das, als er meiner Gewahr wurde, sich seine Züge von Düsterheit zu einer Grimasse höhnischen Triumphs verzogen. Sofort wurde mir klar, dass ihm irgendein Schlag gegen mich geglückt sein musste und ich beschleunigte voll banger Ahnungen meinen Schritt.

      Mrs. Ashleigh saß allein vor dem Haus unter einer hohen Zeder, die ein natürliches Dach in der Mitte des sonnigen Vorplatzes bildete. Als ich neben ihr Platz nahm, bemerkte ich, dass sie sich in sichtlicher Verlegenheit befand.

      „Ich hoffe “ sagte ich und zwang mich zu einem Lächeln, „dass Mr. Vigors Ihnen nicht versucht hat einzureden, ich wäre für das baldige Ableben meiner Patientin verantwortlich oder sie sähe viel schlechter aus als unter der Obhut von Dr. Jones?“

      „Nein,“ antwortete sie „er bemerkte freudig, dass Lilian viel gesünder wirke und dass er zu seiner großen Freude vernommen habe, sie sei auch recht heiter geworden, würde ausreiten und sogar tanzen – was ich sehr freundlich von ihm finde, denn er hat für das Tanzen nicht allzu viel übrig, schon aus Prinzip.“

      „Trotzdem fühle ich, dass er irgendetwas gesagt haben muss, was Ihnen Verdruss bereitet hat, und wie ich aus seinem Gesichtsausdruck, als ich ihm in der Gasse begegnete, entnehmen darf, liegt die Vermutung nahe, dass er es irgendwie geschafft hat, das Vertrauen, welches Sie freundlicherweise in mich setzen, zu schmälern.“

      „Ich versichere Ihnen, dass dem nicht so ist. Er hat Ihren Namen weder mir noch Lilian gegenüber erwähnt. Ich habe ihn selten so freundlich erlebt, fast wie in alten Zeiten. Er hat ein gutes Herz und war meinem Gatten sehr zugetan.“

      „Hatte Mr. Ashleigh eine sehr hohe Meinung von Mr. Vigors ?“

      „Nun, ich weiß nicht genau, da mein lieber Gilbert nie mit mir über ihn gesprochen hat. Gilbert war von Natur aus sehr schweigsam. Aber er hasste jeglichen Trubel – alle weltlichen Dinge – und Mr. Vigors verwaltete seinen Besitz, prüfte seine Bücher und vertrat ihn während eines lang andauernden Rechtsstreits, den er von seinem Vater geerbt hatte. Sein Vater brachte dieser Prozess unter die Erde und ich weiß nicht, was wir ohne Mr. Vigors getan hätten. Ich bin so froh, dass er mir vergeben hat.“

      „Hm! Wo ist Miss Ashleigh? Im Haus?“

      „Nein, irgendwo im Garten. Aber lieber Dr. Fenwick, Sie dürfen mich jetzt nicht verlassen. Sie sind so freundlich und es ist, als ob Sie ein alter Freund wären. Es ist etwas vorgefallen, das mich völlig außer Fassung bringt.“

      Sie sagte das so kleinlaut und matt und schloss dabei ihre Augen, so dass es schien, als wäre es nicht nur um ihre Fassung, sondern um sie selbst geschehen.

      „Das Gefühl der Freundschaft, das Sie eben erwähnten, beruht auf Gegenseitigkeit,“ sagte ich ernst „und wird von meiner Seite von einem Gefühl tiefster Dankbarkeit begleitet. Ich bin alleinstehend, ein einsamer Mann, habe weder Eltern noch nahe Verwandte und habe seit der Abreise von Dr. Faber in dieser Stadt niemanden, mit dem ich in näheren Kontakt treten wollte. Sie waren so freundlich, mich in Ihr Haus aufzunehmen und mir etwas zu gegeben, was mir während meines bisherigen Lebens versagt geblieben war – einen Blick auf das häusliche Glück werfen zu dürfen, jenen Zauber, jene Ruhestätte für das Auge, das Herz und den Verstand, den man nur in einem Haushalt zu spüren vermag, welcher durch die Anmut eines Frauenantlitzes erhellt wird. Daher sind meine Gefühle für Sie und die Ihren in der Tat die eines alten Freundes und bei jedem besonderen Ausdruck des Vertrauens, den Sie mir gewähren, fühle ich, als sei ich nicht mehr der einsame, und heimatlose Mensch ohne Freunde.“

      Mrs. Ashleigh schien durch diese Worte, die mir von Herzen kamen, sehr bewegt, und nachdem sie mir mit einfacher, ungekünstelter Wärme geantwortet hatte, erhob sie sich, nahm meinen Arm und wir spazierten langsam eine Weile im Hof auf und ab.

      „Sie wissen vielleicht, dass mein seliger Gatte eine Schwester hinterließ, inzwischen eine Witwe wie ich selbst, Lady Haughton.“

      „Ich erinnere mich, dass Mrs. Poyntz erwähnte, Sie hätten eine Schwägerin, aber den Namen Lady Haughton habe ich sie noch nie erwähnen hören. Ja ... und?“

      „Mr. Vigors hat mir einen Brief von ihr überbracht und der Inhalt dieses Briefs war es, der mich aus der Fassung gebracht hat. Ich muss gestehen, dass der Grund dafür, dass ich Lady Haughton niemals erwähnt habe, ist, dass ich mich schäme beinahe vergessen zu haben, dass sie überhaupt existiert. Sie ist einige Jahre älter als mein Ehemann war und von völlig unterschiedlichem Charakter. Nach unserer Heirat hat sie ihn nur ein einziges Mal besucht und mich sehr verletzt, indem sie ihn als Bücherwurm lächerlich gemacht hat. Es kränkte ihn, dass sie ein wenig auf mich herabsah, auf ein Niemand ohne Geist und Weltgewandtheit, was ja auch tatsächlich zutraf. Nach dem Verlust meines armen Gilbert habe ich außer einem kalten, gefühllosen und formellen Kondolenzbrief bis zum heutigen Tage nichts mehr von ihr gehört. Aber trotzdem ist sie die ältere Schwester meines Gatten und Lilians Tante und, wie Mr. Vigors richtig sagt „Pflicht ist Pflicht“.

      Hätte sie gesagt „Pflicht ist Qual“, hätte sie diesen Satz nicht mit einer traurigeren, trostlosere Resignation aussprechen können.

      „Und worin besteht diese Pflichterfüllung, die Ihnen Mr. Vigors so ans Herz gelegt hat?“

      „Mein Gott! Was für ein Scharfsinn! Sie haben vollkommen richtig geraten. Aber ich glaube, Sie werden mit Herrn Vigors übereinstimmen. Ich habe leider keine Wahl und muss es tun.“

      „Leider lässt mich hier mein Scharfsinn im Stich. Was müssen Sie tun? Ich bitte Sie, drücken Sie sich etwas klarer aus.“

      „Die arme Lady Haughton hat vor sechs Monaten ihren einzigen Sohn, Sir James, verloren. Mr. Vigors sagt, er sei ein prächtiger junger Mann gewesen, auf den jede Mutter stolz gewesen wäre. Ich hörte allerdings, er wäre ziemlich wild gewesen. Mr. Vigors behauptet allerdings, er sei im Begriff gewesen, sich zu ändern und eine junge Dame heiraten zu wollen, die seine Mutter für ihn ausersehen hatte, als er unglücklicherweise an einem Hindernisrennen teilnahm und sich dabei, weil er nicht ganz nüchtern war, den Hals brach. Verständlicherweise ein schwerer Schlag für Lady Haughton. Sie hat sich nach Brighton zurückgezogen und schrieb mir von dort besagten Brief, den mir Mr. Vigors überbrachte. Er wird heute wieder zu ihr zurückkehren.“

      „Zurück zu Lady Haughton? Wie? Ist er bei ihr gewesen? Steht er zur Schwester in ebenso vertraulichem Verhältnis wie zuvor zu deren Bruder?“

      „Nein, aber sie haben lange und kontinuierlich miteinander korrespondiert. Sie hat Anteile am Kirby Estate, der ihr zu Gilberts Lebzeiten nicht ausbezahlt worden war. Ein kleiner Teil der Liegenschaft ging an Sir James, und Mr. Ashleigh Summer, gesetzlicher Erbe des restlichen Besitzes, äußerte - während er noch unter der Vormundschaft von Mr. Vigors stand - den Wunsch, auch diesen kleinen Teil zu erwerben. Da der Besitz Lady Haughton´s auch auf diesem Teil des Landes steht, war ihre Einwilligung ebenso notwendig, wie die ihres Sohnes. Es gab einige Verhandlungen, und der Tod des armen Sir James komplizierte die Angelegenheit noch. Aus diesem Grund hat Mr. Vigors Lady Haughton in Brighton besucht, um bestimmte Angelegenheiten zu regeln. Kurz gesagt wünscht Lady Haughton, dass ich sie mit Lilian besuche. Ich habe aber überhaupt keine Lust dazu.


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