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Mein Freund der Prügelknabe und weitere Tiergeschichten. Annegret SchulzЧитать онлайн книгу.

Mein Freund der Prügelknabe und weitere Tiergeschichten - Annegret Schulz


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mein Junge, in der Tat. Unsere Dackelhündin hatte vier Welpen zur Welt gebracht, winzig klein. Es war nicht das erste Mal, sie war eigentlich eine erfahrene Mutter. Aber die Natur spielte uns diesmal einen Streich. Die Hündin hatte bei diesem Wurf keine Milch. Nun ist das so: Die Tiere spüren ganz genau, dass etwas nicht in Ordnung ist. So war es auch bei Lisa, der kleinen, rabenschwarzen Zwergdackelhündin. Sie zeigte ein ungewöhnliches Verhalten. Sie schleppte ihre Kinder hinaus und legte sie unter einen Busch zum Sterben. Wir holten die Welpen natürlich wieder rein und legten sie ins Wochenbettchen. Die Winzlinge wimmerten und zitterten um die Wette, sie suchten die Wärme der Mutter, aber Lisa kümmerte sich nicht um die vier Kleinen. Da kam mir eine Idee. Ich holte Tiger und legte ihn in das Körbchen, streichelte ihn und redete ihm gut zu: ‚Du wirst jetzt die Kleinen wärmen. Säugen kannst du sie zwar nicht, aber wärmen und sauber halten.‘ Und so legte ich erst ein Junges ganz vorsichtig zu Tiger an den Bauch. Ich war mir nicht sicher und innerlich hegte ich die Angst, Tiger könnte zubeißen. Aber zu meiner Freude nahm der Kater den kleinen Welpen an und leckte das Hundebaby sofort trocken. Ich konnte also die anderen drei dazupacken. Die Oma kochte dann Kindernahrung und wir zogen diesen Wurf mit der Flasche auf. Beim nächsten Mal, als Lisa erneut Kinder kriegen sollte, war wieder alles in Ordnung. Und ihr letztes Hundebaby ist die Cara, die du gerade streichelst.“

      „Und nun ist Schluss für heute, es wird Zeit, dass wir mal in die Küche schauen, die anderen essen doch glatt ohne uns.“ Als beide, Opa und Enkel, die warme Stube verlassen wollten, erwähnte der Großvater noch mit Stolz: „Bei uns auf dem Hof haben sich Hund und Katze immer vertragen, das ist eben Erziehungssache.“

      Der Ganter als Wachhund

      Nun hatte der Großvater nicht nur ein Enkelkind. Am anderen Tag kam die kleine Anne und bettelte: „Großpapa, erzählst du mir eine Geschichte? Die vom Gänsevater, bitte, bitte!“

      Großvater legte seine Zeitung beiseite und begann: „Ich erinnere mich noch ganz genau, es war der Tag der kaputten Hosen. Es war wieder einmal Frühling und die Gänse hatten ihre Gössel an die frische Luft gebracht. Kleine Gänschen sind Nestflüchter und sie können von der ersten Stunde an laufen, immer ihrer Mutter hinterher. Junge Welpen können das nicht. Sie sind neun Tage blind und brauchen nur Wärme und Milch. Es sind ja auch Säugetiere.“

      „Und die treuesten und liebsten Freunde der Menschen!“, rief die kleine Anne dazwischen.

      Großvater streichelte ihr über das blonde Haar und erzählte weiter: „Die Gänsemutter hat also ganz andere Aufgaben, sie zeigt ihren Kindern den Hof und was man als Gösselchen so picken kann. Und dann gibt es ja noch den Ganter, den Gänsevater, der passt auf seine Familie auf.“

      Opa streckte sich in seinem Sessel und kratzte sich den Hinterkopf, dabei grinste er ganz spitzbübisch und setzte seine Geschichte fort.

      „Ja, der Ganter ist gefürchteter als ein Schäferhund. Wenn sie Junge hatten, war er besonders scharf. Niemand Fremdes durfte dann auf unseren Hof.“

      Mit aller Ernsthaftigkeit erzählte Großvater weiter: „Wenn es tatsächlich einer geschafft hatte, zu uns vorzudringen, dann hat der Ganter ihn nicht wieder gehen lassen. Am schlimmsten erging es immer dem Postboten. Meistens legte er unsere Zeitung auf die Treppe vor der Haustür, die Briefe wickelte er dann in die Zeitung. Ja, der Postbote war schon erfinderisch, wenn er nur nicht durch unser Hoftor musste. Denn wir waren nun mal die meiste Zeit auf dem Hof bei den Tieren.

      Aber eines Tages bekamen wir ein Päckchen, das er nicht einfach auf die Treppe legen konnte. Langsam öffnete der Postbote also das Hoftor, schaute durch den kleinen Spalt und rief unseren Namen. Das war für den Gänsevater schon Grund genug, anzugreifen, um seine Frau, die Gans, und seine Gänsekinder zu verteidigen. Er schnappte sich das Hosenbein vom Postboten und ließ es nicht mehr los. Der Mann schrie um Hilfe. Ein Nachbar, der gerade vorbeilief, wollte dem Postboten helfen, aber auch er machte Bekanntschaft mit unserem Gänsevater. Nun schrien zwei erwachsene Männer um Hilfe: ‚Lass los, du dummes Vieh, ich will doch deine Kinder gar nicht haben!‘, rief der eine und der andere schrie weiter um Hilfe.“

      „Das weiß ja so eine einfache Gans nicht, nicht wahr?“

      „Der Nachbar jammerte: ‚Meine Hose ist kaputt!‘“

      Nun sah der Großvater seine Enkeltochter mit Stolz erfüllt an. „Dein Papa musste dann eingreifen und ich durfte zwei Hosen bezahlen. Du kannst mir glauben, mein Kind, nur dein Vater wurde mit dem scharfen Wachhund, der nur ein Ganter war, fertig. So sind die Tiere, sie schützen ihre Kinder, so gut sie es können. Selbst wenn die Oma mit dem Futter kam, hat der Ganter gezischt wie eine Schlange und immer versucht, die Oma wegzujagen. Nur mit Mühe konnte die Oma das Futter für die kleinen Gössel ausbreiten – fein gehackte Brennnesseln mit Ei. Wenn dann die kleinen gelben Bällchen ihr Futter pickten, dann stellten sich die Gänseeltern dazu, breiteten ihre Flügel aus und hielten sie schützend über ihre Kinder. Das ergab immer ein schönes und friedliches Bild!“

      So viel Liebe und Geborgenheit wünschen sich nicht nur die Tiere, auch die kleinen Menschenkinder brauchen die Obhut ihrer Eltern, sie wollen kuscheln und zu Mutti auf den Arm, genauso wie die kleinen Gössel zu ihrer Mutter ins Gefieder kriechen und nur noch ihr Köpfchen herausstrecken.

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