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Moment mal! - Fabian Vogt


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Hitparade

      Ja, ja, ich weiß, dass das ziemlich peinlich ist. Wer hat schon die Hitparade geguckt? Ich! Ich habe regelmäßig eingeschaltet, wenn Dieter Thomas Heck die neusten Hitkandidaten präsentierte. Das war für mich als Teenie Hochkultur: Peter Maffay, Wencke Myrrhe und Katja Ebstein und später dann auch Nena, Trio und Geier Sturzflug. Besonders kultig fand ich natürlich, dass Dieter Thomas Heck im Abspann jedes Mal in einer Minute gefühlte 5 000 Mitarbeiter der Sendung aufzählen konnte.

      368 Folgen der ZDF-Hitparade wurden zwischen 1969 und 2000 ausgestrahlt. Und ich habe ziemlich viele davon gesehen. Meistens heimlich. War auch nicht so ein Bringer-Thema auf dem Schulhof. Weil das in unserer Klasse nicht unbedingt als cool galt. Hitparade. Wobei ich sagen muss, es gab damals zwei Tabuthemen: Hitparade … und Kirche: »Nee, oder? Du guckst doch nicht Hitparade? Und du gehst doch nicht etwa in die Kirche?«

      Ich hab dann immer so komisch rumgedruckst. Eigentlich affig. Wegen der Hitparade habe ich mir eines Tages eine Gitarre gekauft. Und später viele Jahre als freischaffender Musiker gelebt. Und das mit der Kirche war das Beste, was mir passieren konnte. Weil da mein Horizont erweitert wurde. Weil ich angefangen habe zu spüren, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt als Coolsein.

      Wenn ich heute an die Hitparade denke, dann erinnert sie mich immer daran, dass es manchmal cooler ist, uncool zu sein. Ich jedenfalls habe sie geliebt. Basta. Und darum feiere ich heute auch ihren Geburtstag.

      JANUAR

      19

       Geschichten

      Manchmal versuche ich, mir das vorzustellen. Wie das damals war, vor 2 000 Jahren. Eine Menschenmenge. An einem Seeufer. Unruhe. Drängeln. Und dann steht da dieser Mann, Jesus, und erzählt eine Geschichte. Und noch eine. Die Leute hören zu. Gebannt.

      Merkwürdig. In diesen Geschichten geht es um lauter Dinge, die in Israel zum Alltag der Menschen gehörten: um Weinberge, Schafe, Senfkörner, Sämänner, Ackerbauern, Hochzeiten oder Geldstücke. Völlig unspektakulär. Und trotzdem begriffen die meisten Zuhörer: Moment mal! Der redet ja gar nicht nur von Hirten und Schafen, der meint eigentlich Gott und die Menschen. Da geht es um uns. Hey, dieser Hirte, der sich liebevoll um die Schafe kümmert, ist das nicht Gott? Und dieses Schaf, das sich verirrt hat, das … das könntest doch du sein. Oder vielleicht sogar ich selbst?

      Warum hat Jesus so gerne Geschichten erzählt? Könnte das daran liegen, dass man Gott mit menschlicher Logik gar nicht begreifen kann? Dass jeder Versuch, ihn abschließend zu beschreiben, scheitern muss?

      Verrückt, oder? Denn wir möchten Gott doch so gerne verstehen. Aber immer wenn eine christliche Gruppierung ernsthaft dachte, sie wüsste, wie Gott ist, ging das schief. Da kam es zu Engstirnigkeit, Traditionalismus, Gewalt, Ausgrenzung, Aggression und Streit.

      Jesus macht das ganz anders: Er definiert nicht, er erklärt nicht, er erzählt Geschichten. Er sagt fast nie: »Gott ist soundso«, sondern: »Gott ist wie …« Er vergleicht. Er vergleicht den Schöpfer des Himmels und der Erde mit ganz irdischen Dingen, die wir kennen und verstehen. Und die Bilder, die er benutzt, öffnen uns die Augen.

      JANUAR

      20

       Fabianstag

      Früher dachte ich immer, Fabian sei ein neumodischer Name. Meine Großmutter – so erzählt die Familienlegende – soll noch angefangen haben zu weinen, als sie hörte, mit welch absurdem Lautgebilde meine Eltern mich strafen wollten: FA-BI-AN.

      Doch dann hab ich festgestellt: In vielen Ländern ist der Namenstag wichtiger als der Geburtstag, weil die Leute früher meist ohnehin den Namen des Heiligen bekamen, der an ihrem Geburtstag gefeiert wurde. Da habe ich dann doch mal nachgeschaut. Und siehe da, es gibt tatsächlich einen Fabianstag – und der ist heute.

      Also: Es war einmal ein Fabian. Der besuchte im Jahr 236 Rom. Und weil die christliche Gemeinde damals gerade einen neuen Bischof wählte – sozusagen einen frühen Papst –, ging Fabian zur Wahlversammlung, um sich das mal anzusehen. Allerdings rechnete er bestimmt nicht mit dem, was dann geschah: Plötzlich erschien das Bild einer leuchtenden Taube über seinem Kopf, und er wurde direkt zum Bischof gewählt.

      Anscheinend machte er seinen Job ganz gut. Denn er organisierte die Kirche neu und war seinen Gegnern so sehr ein Dorn im Auge, dass er 250 als Märtyrer für seinen Glauben starb – und später heiliggesprochen wurde.

      »Heiliger Fabian« hin oder her, evangelische Christen tun sich (zum Glück) mit jeder Form von Personenkult schwer. Dennoch ist es nicht schlecht zu wissen, dass wir alle »auf den Schultern unserer Vorfahren stehen«, wie mal ein kluger Mensch gesagt hat. Schauen Sie doch mal nach, was der oder die »Heilige« Ihres Namenstags für einer war. Das erweitert auf jeden Fall den Horizont.

      JANUAR

      21

       ISM

      Kennen Sie die »Internationale Süßigkeiten-Messe«? Die gibt es wirklich. Und die hat so zuckersüße Themen wie »The future of sweets« – »Die Zukunft der Süßigkeiten«. Unter diesem Motto bekommt man dann einen Vorgeschmack auf das Schlaraffenland aller Süßmäuler: Verführerisch bunt laden die neusten Kreationen aus den Bereichen »Schokolade, Backwaren, Knabberartikel, Zuckerwaren und Eiscreme« ein, sie zu vernaschen.

      Mein Traum, denn ich liebe Süßigkeiten – so sehr, dass ich die Größe meiner Leidenschaft direkt von der Waage ablesen kann. Kein Wunder. Biologen sagen ja, dass unser Körper vor allem nach drei Dingen giert: Fett, Zucker und Sex. Zwei dieser Begierden stillt schon eine einfache Tafel Schokolade oder ein Eis.

      Dumm ist nur, dass man vor lauter Schleckerei oft die Begierden der Seele vergisst. Die braucht nämlich nicht Fett, Zucker und Sex, sondern Glaube, Liebe und Hoffnung. Darum heißt es in einem Bibelvers ziemlich lässig: »Dein Wort, Gott, ist in meinem Mund süßer als Honig.«

      Auf der ISM begann vor einigen Jahren das fachliche Rahmenprogramm unter dem Motto: »Welche Bedeutung werden Bio-Süßwaren in Zukunft spielen?« Das interessiert uns doch alle. Süßigkeiten aus gesundem Zucker und glücklichem Fett.

      Noch mehr aber interessiert mich, wie man das mit Glaube, Liebe und Hoffnung hinbekommt. So, dass in unserer Seelennahrung keine Schadstoffe und keine gefährlichen Zusätze drin sind. Süß, oder?

      JANUAR

      22

       Konjunktur 1

      Ich habe einen bösen Verdacht: Das mit dem Warten auf die Konjunktur ist nur vorgeschoben. Ich kenne doch die Sprüche: »Wenn die Wirtschaft wieder in Fahrt kommt, wenn der Umsatz hochgeht, dann sind die Menschen glücklicher und zufriedener.« Stimmt doch gar nicht! Oder?

      Meine Nachbarin hat jedenfalls in den Aufschwungzeiten genauso über ihr Rheuma geklagt wie heute – und mein Neffe hatte zwar Arbeit, aber richtig lebensfroh war er trotzdem nicht. Das soll nun wirklich nicht sarkastisch klingen (ich wünsche jedem Menschen Gesundheit und Arbeit), aber ich glaube, wir machen uns was vor, wenn wir uns von der Wirtschaftslage persönliches Glück erhoffen. Nebenbei: Was sollen da die Giftmüllbeseitiger, Abschleppdienste oder Bestattungsunternehmer sagen? Sollen die auch auf eine Hochkonjunktur warten?

      Da starren also selbst Kleinstanleger hingebungsvoll auf die Aktien der Telekom, den Kurs des Euro und die Beschäftigungszahlen. Ich gebe zu, als ich mein Haus gekauft habe, war ich überglücklich, dass die Bundesbank gerade die Leitzinsen gesenkt hatte. Dankeschön! Aber wenn einer ernsthaft glaubt, er könne auf dem Geldmarkt


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