Beverly Malibu. Katherine V. ForrestЧитать онлайн книгу.
seine massige Gestalt behutsam darauf nieder. Kate setzte sich auf das apfelgrüne Zweiersofa und warf ihm einen teilnahmsvollen Blick zu. Bis jetzt war er von den Frauen in diesem Apartmenthaus nicht besonders nett behandelt worden.
»Seit Jerome nicht mehr ist, führt Precious hier das Zepter. Nun, sie hat sogar –«
»Ma’am«, unterbrach Taylor sie höflich, »wir müssen Ihnen –«
»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen«, sagte Hazel brüsk und ihre raue Stimme klang wie Sandpapier. Sie legte ihre Zigarette in den Aschenbecher und griff nach einer zugestöpselten kleinen Vase, die auf dem Couchtisch stand. Einen kurzen Moment lang umklammerte ihre Hand das leuchtend grüne und mit feinem Silberfiligran überzogene Gefäß und ließ es dann wieder los. »So ein fürchterlicher Schock …«
Kate sagte: »Wir haben gehört, dass Mr. Sinclair schon sehr lange hier wohnte. Kannten Sie ihn so gut, dass Sie uns vielleicht Auskunft über seine nächsten Verwandten geben können?«
»Tja, das ist eine wirklich gute Frage.« Sie schüttelte ihr lila gefärbtes Haupt. »Er hat einen Haufen Exfrauen und drei Töchter, eine oben im Norden – die haben sich hier bestimmt seit zehn Jahren nicht mehr blicken lassen. Sein jüngster Sohn war sein Augapfel, er hat Vietnam überlebt, kam zurück und starb kaum ein Jahr später an Darmkrebs. Mit vierundzwanzig Jahren, ist das nicht schrecklich?«
Das war also der junge Mann auf dem Foto in Owen Sinclairs Wohnung. »Wenn Sie uns vielleicht helfen könnten, wir müssen die Verwandten benach–«
»Nun, ich habe bereits einige Anrufe getätigt, gleich nachdem die Polizei eingetroffen war«, räumte Hazel ein. »Ich habe Vivian informiert, das war seine zweite Frau, die mit den Kindern, sie lebt in Hollywood. Und dann noch einige Freunde, die Owen und meinen Jerome aus früheren Zeiten kennen. Bei der Geschwindigkeit, mit der Neuigkeiten sich in dieser Stadt verbreiten, weiß es inzwischen ohnehin jeder.« Sie deutete auf die stummen, flimmernden Fernseher. »Sie sollten es lieber nicht daraus erfahren. Sie würden das Beverly Malibu erkennen, viele Leute in der Stadt wissen alles über das Beverly Malibu.«
Taylor warf Kate einen fragenden Blick zu. War Hazel Turner tatsächlich verrückt genug, um zu glauben, dass dieses gewöhnliche Gebäude sich in irgendeiner Weise von Hunderten ähnlichen Bauten in Los Angeles unterschied? Kate erinnerte sich an Hansens Bemerkung: »Sie hat ein ziemlich großes Mundwerk.« Diese Frau könnte sich als wahre Fundgrube an Informationen erweisen.
Kate nickte Hazel aufmunternd zu. »Wie hat Vivian die Nachricht aufgenommen?«, fragte sie, interessiert an dieser Exfrau, die Owen Sinclairs Tod gelassen genug aufnahm, um nicht schnurstracks zum weltberühmten Beverly Malibu zu eilen.
»Ich war wirklich schockiert.« Hazel rückte ihre Brille zurecht, passte ihren Gesichtsausdruck der Bedeutung ihrer Worte an und griff nach ihrer Zigarette. »Ich meine, man sollte den Toten doch zumindest ein bisschen Respekt entgegenbringen. Aber Vivian sagte, die Welt wäre ohne ihn ein besserer Ort. Es war ihr völlig egal, dass er tot ist. Und außerdem hatte sie ganz schön einen sitzen, das kann ich Ihnen sagen.«
»Könnten Sie uns Vivians Adresse und Telefonnummer geben?«, fragte Taylor, während er mehrere weiße Härchen von seiner Hose pflückte.
»Sie finden die Nummer problemlos dort, wo ich sie auch gefunden habe. Im Telefonbuch unter Vivian Sinclair, Mariposa, Hollywood. Aber sie hat seit Jahren nicht das Geringste mit ihm zu tun gehabt, falls Sie darauf hinauswollen. Und sie war heute unter Garantie nicht hier.« Hazels Stimme klang wie Kieselsteine, die von Wasser überspült werden. »Sagen Sie, ist es wahr, was Paula erzählt hat? Ich bin die Eigentümerin dieses Hauses, ich habe ein Recht, es zu erfahren. Sie sagte, man hätte Owen etwas Furchtbares angetan. Ist das wahr?«
Auf Kates Blick und stummes Kopfschütteln hin bewahrte Taylor sein Schweigen.
Kate warf Hazel Turner einen prüfenden Blick zu. Die Frau konnte nicht viel älter sein als Paula Grant. Wie unterschiedlich Menschen alterten … Paula wirkte jünger und um so vieles lebendiger … Doch was die möglichen Informationen anging, unterschied sich Hazel Turner in keiner Weise von Paula Grant, und ihre Kooperationsbereitschaft war von entscheidender Bedeutung.
»Wir werden Ihnen alles sagen, was wir können, Hazel.« Was sie jetzt erzählte, würde morgen sowieso in den Zeitungen stehen, wenn nicht schon in den Spätnachrichten kommen. Sie sah der Hausbesitzerin direkt in die Augen. »Mr. Sinclair ist allem Anschein nach einem Mord zum Opfer gefallen.« Die blauen Augen, die Kate ansahen, verloren an Schärfe, als wollte sie vor den Worten flüchten. »Es spricht alles dafür, dass er vergiftet wurde.«
Hazel fasste sich an die Kehle, als ob sie die Symptome an sich selbst spürte. Dann griff sie nach der zugestöpselten grünen Vase auf dem Couchtisch. »Jerome, hast du das gehört?« Sie hielt das Gefäß auf Armlänge von sich, starrte es durchdringend an und schüttelte es dann mit aller Kraft. »Hörst du, was in diesem unglückseligen Haus, in das du uns gebracht hast, geschehen ist? Siehst du nun, wohin es führt, wenn man sich nicht in Beverly Hills, sondern einen Steinwurf davon entfernt ansiedelt? In Beverly Hills wäre so etwas nicht passiert, und deine arme Witwe könnte anständige Mieten einnehmen und mit anständigen Leuten verkehren, und es gäbe anständige Straßen und eine anständige Polizei –« Sie brach ab und sah zu Kate. »Ich meine natürlich nicht Sie, meine Liebe.«
Taylor starrte Hazel an. In seinen Mundwinkeln begann es unkontrolliert zu zucken. Kate zwang sich, wieder Hazel und die silberverzierte Urne anzuschauen und ein ausdrucksloses Gesicht zu machen.
Verwirrt musterte sie die Urne. Nach ihrer Erfahrung war sie viel zu klein, um etwas anderes als die Asche eines Kindes zu enthalten. Sie räusperte sich und kehrte zum Thema der Exfrau zurück. »Sie sagen, Sie sind sicher, dass Vivian Sinclair heute nicht hier war. Wie können Sie so sicher sein?«
»Ich habe jeden gesehen, der das Haus betreten oder verlassen hat.« Hazel stellte die Urne auf den Couchtisch zurück und drückte ihre Zigarette aus. Sie wirkte plötzlich geschrumpft, ihr unförmiger Körper sank in dem marineblauen Morgenmantel zusammen, als wäre er durch die Wucht von Kates Enthüllungen eingefallen. »Von heute früh an bin ich die ganze Zeit zwischen meiner Wohnung und dem Gemeinschaftsraum hin- und hergelaufen, habe aufgeräumt und alles vorbereitet.« Ihre Stimme klang noch wässriger. »Ich sage Ihnen, ich habe jeden gesehen, der das Haus betreten oder verlassen hat.«
»Vielleicht ist jemand hereingekommen, ohne dass Sie es gehört haben«, wandte Taylor ein, »vielleicht, als Sie dahinten zu tun hatten?« Er deutete auf den dunklen, hinteren Teil der Wohnung.
Hazels Körper schnellte hoch. »Auch wenn ich jemanden nicht sehe, höre ich ihn. Ich lebe seit fünfunddreißig Jahren in dieser Wohnung, Mister Neunmalklug. Ich weiß, was in meinem Haus vorgeht. Da ist die kleine Kachel direkt unter der Eingangstür, die jedes Mal klappert, da ist die knarrende Diele, wenn jemand die Treppe hochgeht. Ich höre jeden, ob ich es will oder nicht.«
Und du willst es, dachte Kate. Und es ist ein Glück für uns, dass du es willst. Sie schlug eine neue Seite in ihrem Notizbuch auf. »Wir glauben Ihnen, Hazel. Würden Sie uns genau sagen, wen Sie gesehen haben und wann?«
»Nun, ich kann Ihnen sagen, wen ich gesehen habe. Aber das Wann ist nicht so einfach. Ich war beschäftigt, verstehen Sie? Lorraine ging früh aus dem Haus. Lorraine Rothberg. Cliffie Stone auch. Und Diane … wie heißt sie doch gleich? – sie ist neu hier – Diane Sweeney. Und dann Sue McFee. Dann kamen die beiden Söhne von Theo DeRosa mit ihrem Schmetterlingsnetz, um ihn abzuholen. Schließlich kreuzte dieses entzückende Mädchen auf, Paulas Nichte. Und dann –« Ihre winziger, lila geschminkter Mund spitzte sich missbilligend. »Dann dieser schwarze Klugscheißer, der Freund von Cyril.«
Kate machte sich hastig Notizen. »Wann hat Ihre Feier begonnen, Hazel?«
»Mittags, so gegen ein Uhr. Sue und Lorraine schauten kurz auf ein paar Minuten herein, bevor sie wegmussten. Dann kamen nach und nach die anderen.«
»Wann ist Mr. Sinclair gekommen?«
Hazel zog die Augenbrauen zusammen, schüttelte dann den Kopf. »Ich weiß es nicht mehr.