Essentielle Schriften. Gregor der GroßeЧитать онлайн книгу.
nach Neapel komme und Christen dabei wären, sollen sie entweder zu den Auftraggebern gebracht oder innerhalb vierzig Tagen christlichen Käufern überlassen werden. 67
m. Gregor und die Liturgie
Johannes Diaconus berichtet von Gregor: „Alsdann veranstaltete er im Hause des Herrn, wie der weise Salomon, wegen der Eindringlichkeit eines schönen Gesanges mit großem Fleiße eine Sammlung der Antiphonen für den Gesang. Auch gründete er einen Sängerchor, der heute noch in der römischen Kirche nach denselben Bestimmungen singt.“ 68 Weiter sagt Johannes Diaconus, Gregor habe das Buch des Gelasius über die Feier der hl. Messe neu redigiert, habe Änderungen im Kanon getroffen und die Stationsgottesdienste geregelt. 69 Gregor gilt von da ab als der große Restaurator des Gesanges, der nach ihm benannt ist. Vergeblich suchen wir nähere Angaben darüber bei Gregor selbst oder bei seinen Zeitgenossen. Der liber Pontificalis sagt darüber nur: „Hic augmentavit in praedicationem canonis, diesque nostros in tua pace disponas, et cetera.“ 70 Johann Georg Eckhart (1664—1730) setzt Zweifel in die Berechtigung der bisherigen Tradition, 71 und Gallicioli greift sie ziemlich heftig an, 72 während andere für sie eintreten. Der Vorgang wiederholte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als Fr. Aug. Gevaert 73 gegen, Dom Germain Morin, 74 Dom Cagin 75 u. a. für die Tradition eintraten. Adalbert Ebner, der über diese Meinungsverschiedenheiten berichtet, kommt zu dem Schlusse, daß das Übergewicht der positiven Beweisgründe auf selten der Tradition * für * Gregor liege. 76 Als ein Hauptbeweismoment kann er ein Elfenbein-Diptychon von Monza in die Waagschale werfen, das von Gregor der Königin Theodelinde übersendet wurde. Auf ihm ist der Anfang einer Hexameterreihe, die das Lob Gregors als Liturgikers verkündet, in Schriftzeichen eingegraben, die auf jene Zeit zurückgehen. P. Coelestin Vivell vermutet, daß ein Musik-Traktat Gregors existierte und verlorengegangen sei. 77 Die Schwierigkeiten dürften ihre Lösung darin finden, daß Gregor wahrscheinlich noch als Mönch das Antiphonarium zusammenstellte und den Gesang reformierte. Da es damals noch keine solche Einheit in liturgischen Dingen gab wie heute und jede Kirche ihre Eigenheiten besaß, dachte Gregor bei seiner Arbeit nur an sein Kloster, an seine Kirche. Von da hinweg ging sie mit ihm in die lateranische Basilika und nach St. Peter, um dann später mit seinem Ruhme, besonders durch die Bemühungen Karls des Großen, durch das ganze Abendland sich zu verbreiten. 78 Sicher ist, daß Gregor das Kyrie eleison, wie es jetzt in der hl. Messe gebetet wird, anordnete, daß er die Anfügung des Alleluja nach dem Graduale regelte, die Worte Diesque nostros in tua pace disponas in das „Hanc igitur“ einfügte und dem Pater noster die jetzige Stelle zuteilte. Die Namensbeifügung „atque Andrea“ im Embolismus wird fast allgemein auf Gregor, den ehemaligen Abt von St. Andreas, zurückgeführt.
6. Gregor als Schriftsteller
Dadurch, daß Gregor ganz in sich gesammelt war und vom Verlangen, andern zu nützen, die Früchte seines Nachdenkens in klare Formen faßte, ist er der fruchtbare Schriftsteller geworden.
Sein erstes und größtes Werk ist die * Erklärung des Buches Job, Expositio in librum B. Job, * kurz * Moralia * genannt. Vers für Vers behandelnd, entweder historisch und allegorisch oder nach dem historischen, allegorischen und moralischen Sinn, geht Gregor in die verborgensten Tiefen des Seelenlebens ein, so daß diese 35 Bücher als das große Pastoral- und Moralhandbuch des Mittelalters bezeichnet werden können, das die weiteste Verbreitung fand. Das Werk wurde immer wieder exzerpiert, schon von Notker Labeo ins Deutsche und im 14. Jahrhundert von Zanobi da Strata ins Italienische übersetzt.
Ihm steht zeitlich und inhaltlich am nächsten die * Regula pastoralis, * welche Gregor bald nach Antritt seines Hirtenamtes verfaßte. Über ihre Bedeutung siehe die Einleitung zur Übersetzung dieses Werkes.
Als Erklärer der Hl. Schrift hielt Gregor * 22 Homilien über das Buch Ezechiel. * Die ernsten Gesichte der Propheten und die Ereignisse in Italien verliehen Gregor eine eindringliche Sprache. Er begann mit diesen Homilien 593 und kam bis Ezech. 4, 8. Als Agilulf gegen Rom vordrang, brach er ab, um dann später noch zehn Homilien über Ezech. 40, 1—48 zu halten. Im Jahre 601 sah er sie noch einmal durch und gab ein Exemplar in das päpstliche Archiv.
Von den * Evangelien-Homilien * hielt der Papst zwanzig selbst; zwanzig diktierte er und ließ sie vorlesen. Er legte großes Gewicht darauf, daß keine fehlerhaften Nachschriften von ihnen verbreitet wurden. In dem Begleitbrief zu den Evangelien-Homilien an Bischof Secundinus von Taormina sagt Gregor, die einen habe er seinem Notar diktiert und von ihm vorlesen lassen, die andern habe er selbst gesprochen, und während des Vortrages seien sie nachgeschrieben worden. Manche seien nun so auf die Homilien versessen gewesen, daß sie die Überprüfung der Nachschrift nicht mehr abwarteten, sondern sie sofort mit sich nahmen, wie Hungrige, die nicht warten können, bis die Speise gargekocht ist. 79 Auch von diesen Homilien ließ er den Originaltext in zwei Bänden im päpstlichen Archiv aufbewahren. Wenn Gregor auch in den Homilien sich oft der allegorisierenden Erklärung bediente, so wandte er sich doch vielfach ganz konkreten Dingen zu und redete in so eindringlicher und ansprechender Weise, daß das Volk in Scharen herbeiströmte, um ihn zu hören, und ihn den Goldmund nannte. Man sagte auch, der Hl. Geist sei ihm sichtbar genaht und habe ihm beim Schreiben die heiligen Gedanken eingegeben. Bemerkenswert für die Geschichte der Predigt ist, daß Gregor zuerst häufigen Gebrauch von Erzählungen macht, die er regelmäßig am Schlusse einzuflechten versteht: „denn einige werden mehr durch die Beweisführung, andere mehr durch Beispiele angezogen.“ 80 In Klosterneuburg erschien 1931 eine Übersetzung der XL Evangelienhomilien.
Von 593—594 verfaßte Gregor sein populärstes Werk, * die vier Bücher der Dialoge. * Das Nähere darüber siehe in der Einleitung dazu (Bd. II der Schriften Gregors in dieser zweiten Reihe der Kirchenväterbibliothek).
Neben den Dialogen sind die wichtigste Quelle für das Leben Gregors und für die Geschichte des ausgehenden VI. Jahrhunderts * die Briefe Gregors. * Siehe darüber die Einleitung zur Auswahl der Briefe in diesem Bande Seite 271 f.
Ob die Expositio super Cantica Canticorum, In Librum Primum Regum variarum expositionum libri VI, In septem Psalmos poenitentiae Expositio und eine Concordia quorundam testimoniorum S. Scripturae Gregor zum Autor haben, ist sehr zweifelhaft. Sie sind wahrscheinlich von Mitbrüdern oder Schülern des Papstes, als er noch Mönch war, verfaßt worden unter Benützung von Notizen, die aus Vorträgen Gregors herrührten. Auch Hymnen können Gregor nicht mit Sicherheit zugeschrieben werden.
Was die Sprache Gregors anbelangt, so ist zu seiner Zeit die Abschleifung der Sprache bereits in lebendigem Fluß gewesen, dem sich Gregor nicht mehr entziehen konnte. Als Beispiel sei angeführt, daß e für ae, i für ē gebraucht wird, wie discendere für descendere, daß ĭ in e übergeht z. B. in dolea für dolia, u in o wie cellola für cellula; im Bau der Sprache tritt de an Stelle des Genitivs, wie defensor de patrimonio, per, ex, in an Stelle des bloßen Ablativs: per tormenta, ex revelatione discere, in celeritate usw.; beim Verbum erscheint das Aktivum für das Passivum, das Aktivum wird Deponens z. B. audio te fuisse migratum; die dritte und vierte Konjugation werden verwechselt, das Verbum tollere bildet tuli, tultum usw. 81 Trotzdem bleibt die Redeweise Gregors vornehm; und es läßt sich nicht verkennen, daß er viel Ambrosius, hauptsächlich aber Augustinus gelesen hat. Er weiß es, daß sein Stil von dem der Rhetoren und Grammatiker abweicht, gibt jedoch in dem Begleitbrief der Moralia an Bischof Leander zwei triftige Gründe hierfür an. „Wer die Dinge recht betrachten will, dem wird klar, daß mir meine körperliche Gebrechlichkeit die Arbeit sehr erschwert hat. Wenn die körperliche Kraft kaum zum Reden ausreicht, kann der Geist nicht würdig genug ausdrücken, was er denkt. Ist denn nicht der Körper das Werkzeug des Herzens? Mag ein Sänger auch noch so sehr seine Kunst verstehen, so kann er doch nicht singen, wenn die Organe nicht mittun. Mag auch eine gelehrte Hand dirigieren, so kann doch das geschwächte Organ nicht singen; und es kann kein Ton auf der Sackpfeife angeblasen werden, wenn sie voller Risse ist. Wie sehr muß also meine Auslegung leiden, wenn meine schwachen Kräfte keine Anmut mehr aufkommen lassen? Suche, wenn du dieses Werk durchgehst, kein Blätterwerk von schönen Worten; denn man darf im Tempel Gottes keinen Hain anlegen 82 und eben dadurch wird denen, die Gottes Wort behandeln,