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Graf Der Überredung. Amanda MarielЧитать онлайн книгу.

Graf Der Überredung - Amanda Mariel


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Aber wie konnte man ein solch erstklassiges Exemplar ignorieren?

      Bevor sie zur Besinnung kommen konnte, zog er die Kutschentür zu und ließ sich auf dem Platz ihr gegenüber nieder.

      »Guten Tag, Ma’am«, sagte er, wobei ein jungenhaftes Lächeln an seinen Lippen zog.

      Es war die Art von Lächeln, das dazu gedacht war, diejenigen, die darauf blickten, zu entwaffnen, und Minerva konnte nicht leugnen, wie gut es funktionierte, denn sie grinste zurück. »Ich glaube, Sie sind in der falschen Kutsche«, sagte sie.

      Er legte seine Hände auf seine Knie und lehnte sich vor. »Im Gegenteil, ich bin genau dort, wo ich sein will.«

      Hatte der Mann Stroh im Kopf? Möglicherweise war er betrunken? Sie konnte es nicht sicher sagen. Wie dem auch war, etwas war verkehrt. Sie begegnete seinem festen Blick, starrte direkt in seine dunkelbraunen Augen und hob ihr Kinn. »Das kann nicht sein, denn das ist meine Kutsche und ich kenne Sie nicht.«

      Sein Lächeln wurde breiter, nahm die Beschaffenheit eines Schwerenöters an. »Ah, ja, aber das sollten Sie.«

      »Ich sollte was?«, fragte sie mit Vorsicht in ihrem Tonfall.

      »Sie sollten mich kennen.«

      Der Mann verströmte Selbstvertrauen und Maskulinität. Beide Qualitäten faszinierten sie, aber man konnte die Unschicklichkeit der Situation schwerlich ignorieren. Ganz zu schweigen von der Gefahr, in der sie sich befinden könnte. Minerva rutschte näher an die Kutschentür, ihr Blick verblieb auf ihm. »Ich muss darauf bestehen, dass Sie sich verabschieden. Meine Begleiterin wird jeden Moment zurückkehren und dies, Sir, ist höchst ungebührlich.«

      »In der Tat«, sagte er gedehnt, als auch er näher an die Kutschentür rückte. »Ich würde nicht wünschen Ihnen einen Skandal zu verursachen. Wie auch immer, ich konnte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen einen Moment in der Gesellschaft einer solch schönen Frau zu verbringen.«

      Minerva spürte, wie Hitze über ihre Wangen kroch. Er war gut. Sehr gut, denn in diesem Moment verlangte es sie danach, ihn besser zu kennen, beinahe mehr als sie sich wünschte, dass er wegging. Sie schluckte und erzwang ein kleines Lächeln. »Ich danke Ihnen für das Kompliment, und jetzt muss ich darauf bestehen, dass Sie gehen. Wenn Sie das nicht tun, werde ich nach meinem Fahrer rufen, um Sie zu entfernen.«

      Der Mann hielt eine unterbrechende Hand hoch. Eine große Hand mit langen Fingern und einem Siegelring. Sie hatte aufgrund seiner gut gemachten Kleidung angenommen, dass er Geld hatte, aber sie hatte ihn nicht verdächtigt ein Lord zu sein. Es machte sein Verhalten so viel merkwürdiger.

      Möglicherweise war er gelangweilt und suchte nach einem kleinen Zeitvertreib. Ein Jungspund, der auf Spaß aus war oder in eine Wette verwickelt war. Die Vorstellung machte ihre Situation heikler. Was, wenn andere ihn ihre Kutsche betreten oder verlassen sahen?

      Und wer zum Teufel war er?

      »Kein Bedarf für Theatralik«, sagte er, während er die Kutschentür öffnete.

      Welche Frechheit von ihm. »Theatralik! Das können Sie nicht ernst meinen. Sie haben ungebeten meine Kutsche betreten und haben mir nicht einmal Ihren Namen genannt. Jetzt beschuldigen Sie mich der Theatralik?«

      »Machen Sie sich nicht in Ihr Korsett. Ich sagte, dass ich gehe, und das tue ich.« Er hielt inne, schenkte ihr ein weiteres Grinsen eines Schwerenöters. »Obwohl ich es sehr vorziehen würde zu bleiben.«

      Minerva zeigte auf die Tür. »Raus.«

      Der Mann sprang herunter, bevor er mit Schalk in seinen Augen zu ihr zurückschaute uns sagte: »Bis wir uns wiedersehen, Schönheit.« Er schloss die Tür, bevor sie seine Worte verarbeitete.

      Minerva blies einen tiefen Atemstoß hinaus und lehnte sich wieder an den Kutschensitz zurück. »Bis wir uns wiedersehen.« Sie hatten sich noch nie zuvor gesehen. Was in aller Welt ließ ihn denken, dass sie sich wiedersehen würden? Wo war er hin? Und wie zum Teufel war sein Name?

      Sie musste es wissen.

      Minerva schob die Kutschentür auf. »Moment«, rief sie, während sie sich umblickte.

      Zu spät. Er war verschwunden.

      Und jetzt hatte sie ein Spektakel verursacht. Passanten schauten in ihre Richtung, während ein Trio aus Damen sich umdrehte, um sie anzusehen. Beschämt schloss Minerva ihre Augen und nahm einen beruhigenden Atemzug. Hatte irgendjemand von ihnen den Mann gesehen? Sie betete, dass dem nicht so war, aber dann würden sie sie alle für verrückt halten. Wie sollte sie sich erklären?

      Sie öffnete ihre Augen und winkte abweisend mit ihrer Hand. »Vergeben Sie mir. Ich befürchte, ich war recht überwältigt.« Sie wich in ihre Kutsche zurück und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.

      Möglicherweise war sie verrückt.

      Minerva zuckte zusammen, als sich die Kutschentür öffnete, um Carstine hereinzulassen. Sie konnte kaum anders, als sich nervös und obendrein mehr als nur ein bisschen peinlich berührt zu fühlen. Dennoch versuchte sie sich zu verhalten, als ob nichts verkehrt war. Eventuell war ihre Schwägerin nicht Zeugin ihrer kurzen Szene gewesen.

      Carstine nahm gegenüber von Minerva Platz, neigte dann abschätzend ihren Kopf. »Um was in aller Welt ging’s hierbei?«

      Minerva zeigte ein nonchalantes Lächeln. »Ich bin nicht sicher, auf was du dich beziehst.«

      Carstines Blick verengte sich. »Du hast dich aus der Kutsche gelehnt, als ich aus dem Textilgeschäft kam, und du hast jemandem zugeruf’n, dass er wart’n soll.«

      »Oh, das.« Minerva zuckte abweisend mit den Schultern. »Das war nichts.«

      »Nichts, von wegen.« Carstine rückte, um sich neben Minerva zu setzen, als die Kutsche sich ruckelnd in Bewegung setzte. »Damen lehn’ sich nich’ aus Kutschen und brüll’n. Ich kann mir vorstell’n, dass deine Mutter viel zu diesem Thema zu sagen hätte. Blake auch, das versich’re ich dir.«

      Minerva machte ihren Rücken gerade und hob ihr Kinn, um Carstines Blick zu begegnen. »Das würdest du nicht tun.«

      »Natürlich nich’.« Carstine sah betreten aus, aber nur für einen Moment. »Weil du mir erzähl’n wirst, was passiert is’.«

      »Na schön. Ich dachte, ich habe jemanden gesehen, mit dem ich seit geraumer Zeit nicht gesprochen habe … eine Schulfreundin, und ich hatte den Wunsch ein Wort mit ihr zu wechseln.«

      Carstine nickte. »Dann werd’ ich nur sagen, dass, sollte ein solcher Anlass in der Zukunft auftreten, ich dich ermahne, damenhafter damit umzugeh’n. Und ich bete, dass du morgen nich’ die Skandalblätter zierst.«

      »Gewiss«, sagte Minerva, während sie vor Schuld zurückzuckte. Sie log selten – gewiss nicht gegenüber Carstine. Aber sie konnte die Wahrheit nicht erzählen. Nicht ohne alles davon zu erzählen und Minerva war nicht bereit ihren Fremden zu teilen.

      Tatsächlich hatte sie vor es nie auch nur einer Seele zu erzählen. Sie dachte lieber an den mysteriösen und allzu gutaussehenden Mann als ein Abenteuer. Ja, das war, was er war. Ihr ganz eigenes, geheimes Abenteuer. Und wenn sie ihn jemals wiedersehen konnte …

      Aufregung erfüllte sie bei der Aussicht.

      Sie lehnte sich zurück und ließ ihre Vorstellungskraft vor Möglichkeiten Amok laufen, während die Kutsche entlang Londons Straßen hüpfte und ruckelte. Minerva hatte sich lange nach einem Abenteuer gesehnt und möglicherweise war dies der Beginn ihrer Reise.

      Oder ihrer Ruinierung.

      Kapitel 2

       Drei Monate später …

      Minerva hielt mitten im Satz inne, ihr Atem stockte bei seinem Anblick. Ein großer, breitschultriger Gentleman mit mahagonifarbenem Haar und stechenden dunklen Augen schritt durch den Ballsaal. Er war es. Ihr Abenteuer. Sie hatte oft von ihm geträumt, immer nach ihm gesucht, und nach


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