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Fünf Wochen im Ballon. Jules VerneЧитать онлайн книгу.

Fünf Wochen im Ballon - Jules Verne


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Probe seiner Berechnungen machen und begannen eine Erörterung, in welche der Doktor sich ohne alle Umschweife einließ. Im Allgemeinen staunte man über die verhältnismäßig geringe Menge an Lebensmitteln, welche er mit sich führte, und eines Tages befragte jemand den Doktor in Bezug hierauf.

      »Das erstaunt Sie?«, fragte Fergusson zurück. »Aber wie lange glauben Sie denn, dass ich unterwegs sein werde? Doch nicht etwa Monate? Da irren Sie sehr. Wenn meine Reise sich in die Länge ziehen sollte, wären wir verloren und würden gar nicht ans Ziel gelangen. So wissen Sie denn, dass von Sansibar nach der Küste von Senegal nicht mehr als 3.500, nehmen Sie an 4.000 Meilen sind. Wenn man nun in zwölf Stunden 240 Meilen zurücklegt, was der Schnelligkeit unserer Eisenbahnen nicht nahe kommt, und wenn man Tag und Nacht reist, so würden sieben Tage genügen, um Afrika zu durchfahren.«

      »Aber dann könnten Sie nichts sehen, keine geographischen Aufnahmen machen, noch das Land gehörig kennen lernen.«

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      »Ich werde mich deshalb auch«, antwortete der Doktor, »überall aufhalten, wo ich es für gut befinde, besonders auch dann, wenn zu heftige Luftströmungen mich fortzureißen drohen.«

      »Und das wird nicht ausbleiben«, sagte Pennet; »es wüten bisweilen Orkane, welche über 240 Meilen in der Stunde zurücklegen.«

      »Sie sehen«, versetzte der Doktor, »bei einer solchen Schnelligkeit könnte man Afrika in zwölf Stunden durchfahren. Man würde in Sansibar aufstehen, um in Saint-Louis zu Bett zu gehen.«

      »Aber«, äußerte ein Offizier, »könnte denn ein Ballon in solcher Schnelligkeit mit fortgerissen werden?«

      »Man hat das schon erlebt«, erwiderte Fergusson.

      »Und der Ballon hat gehalten?«

      »Vollkommen. Zur Zeit der Krönung Napoleons im Jahr 1804 ließ der Luftschiffer Garnerin um elf Uhr abends von Paris einen Ballon ab, der in goldenen Lettern die folgende Inschrift trug: ›Paris, 25. Frimaire, Jahr 13, Krönung des Kaisers Napoleon durch Seine Heiligkeit Pius VII.‹ Am folgenden Morgen, um fünf Uhr, sahen die Einwohner von Rom denselben Ballon über dem Vatikan schweben, die römische Campagna durchfliegen und sich in den See von Bracciano versenken. Dies ist der Beweis, meine Herren, dass ein Ballon gegenüber solcher Schnelligkeit standhalten kann.«

      »Ein Ballon, mag sein, aber ein Mensch?«, wagte Kennedy einzuwerfen.

      »Auch ein Mensch! Denn ein Ballon ist immer unbeweglich im Verhältnis zu der ihn umgebenden Luft: Er selber geht nicht, sondern die Luftmasse; zündet z. B. ein Licht in einer Gondel an, und die Flamme wird nicht hin und her flackern. Ein Luftschiffer auf dem Ballon Garnerins hätte durch diese Schnelligkeit keineswegs gelitten. Übrigens liegt mir durchaus nichts daran, mit einer solchen Geschwindigkeit zu experimentieren, und wenn ich mein Luftschiff während der Nacht an einen Baum oder irgendeine Unebenheit des Bodens ketten kann, werde ich mir das nicht entgehen lassen. Wir führen indessen für zwei Monate Lebensmittel mit uns, und nichts wird unseren geschickten Jäger daran hindern, Wildbret im Überfluss zu erjagen, wenn wir uns einmal auf der Erde niederlassen.«

      »Ah, Herr Kennedy, Sie werden Gelegenheit haben, Meisterschüsse zu tun«, sagte ein junger Midshipman, den Schotten mit neidischen Augen betrachtend.

      »Ganz abgesehen davon«, fügte ein anderer hinzu, »dass Ihr Vergnügen mit großem Ruhm Hand in Hand gehen wird.«

      »Meine Herren«, antwortete der Jäger, »ich weiß Ihre Komplimente sehr wohl zu würdigen, aber ich kann dieselben nicht annehmen.«

      »Wie?«, rief man von allen Seiten, Sie werden nicht mitreisen?«

      »Ich werde nicht reisen.«

      »Sie wollen Doktor Fergusson nicht begleiten?«

      »Nicht nur das, sondern meine Anwesenheit hat keinen anderen Grund, als ihn im letzten Augenblick noch zurückzuhalten.«

      Aller Blicke richteten sich auf den Doktor.

      »Hören Sie nicht auf ihn«, antwortete dieser mit ruhiger Miene. »Das ist eine Frage, die man nicht mit ihm erörtern darf; er weiß im Grunde recht gut, dass er mitreisen wird.«

      »Beim heiligen Patrick!«, rief Kennedy aus, »ich beteure ...«

      »Beteure nichts, Freund Dick; du bist ausgemessen, du bist gewogen, du bist mitsamt deinem Pulver, deinen Flinten und Kugeln in unser Luftschiff eingepasst; so lass uns nicht mehr davon sprechen.«

      Und wirklich öffnete Dick von diesem Tage bis zur Ankunft in Sansibar nicht mehr den Mund; er sprach ebenso wenig von der Reise wie von etwas anderem. Er schwieg.

      NEUNTES KAPITEL

       Das Kap wird umfahren. – Das Halbverdeck. – Kosmographischer Kursus des Professors Joe. – Von der Lenkung des Ballons. – Von der Erforschung der atmosphärischen Ströme. – Heureka.

      D

      ie ›Resolute‹ segelte rasch auf das Kap der Guten Hoffnung zu, und das Wetter hielt sich gut, obgleich das Meer hoch ging.

      Am 30. Mai, 27 Tage nach der Abreise von London, zeichnete sich der Tafelberg am Horizont ab; Kapstadt, am Fuße eines Amphitheaters von Hügeln gelegen, war mit den Ferngläsern wahrzunehmen, und bald legte sich die ›Resolute‹ im Hafen vor Anker. Aber der Kommandant hielt nur an, um Kohlen aufzunehmen, und dies war in einem Tage geschehen; am Folgenden schon hielt das Schiff südlich, um die mittägige Spitze Afrikas zu umsegeln und in den Kanal von Mozambique einzulaufen.

      Joe machte nicht seine erste Reise zur See. Bald fühlte er sich heimisch an Bord, und jedermann hatte ihn wegen seiner Offenherzigkeit und guten Laune gern. Ein Abglanz von der Berühmtheit seines Herrn strahlte auch auf ihn über. Wenn er sprach, lauschte man ihm, wie auf ein Orakel. Während der Doktor seinen gelehrten Kursus in der Offizierskajüte fortsetzte, thronte Joe auf dem Halbverdeck und machte auf seine Weise Geschichte, ein übrigens von den größten Geschichtsschreibern aller Zeiten befolgtes Verfahren. Natürlich handelte es sich hierbei hauptsächlich um die Luftreise. Es war Joe schwer geworden, den störrischen Geistern die Unternehmung als überhaupt ausführbar vorzustellen. Nachdem man aber einmal von der Möglichkeit derselben überzeugt war, kannte die von der Erzählung Joes angestachelte Fantasie der Matrosen keine Grenzen. Der brillante Erzähler redete seiner Zuhörerschaft ein, dass man nach dieser Reise noch sehr viele andere machen würde; dies sei nur der Anfang einer langen Reihe großartiger Unternehmungen.

      »Wissen Sie, meine Freunde, wenn man diese Art der Beförderung einmal versucht hat, so kann man dieselbe nicht mehr entbehren; bei unserer nächsten Expedition werden wir, anstatt von einer Seite zur anderen, geradeaus gehen, indem wir fortwährend steigen.«

      »Gut! Also gerade auf den Mond los«, sagte ein staunender Zuhörer.

      »Auf den Mond?«, entgegnete Joe; »nein wahrhaftig, das ist uns denn doch zu gewöhnlich! Nach dem Mond kann jeder reisen! Übrigens gibt es dort kein Wasser, und man ist genötigt, ungeheure Vorräte davon mitzunehmen ... ebenso auch einige Fläschchen Luft, so wenig man auch zum Atmen braucht.«

      »Ob da wohl Gin zu haben ist?«, äußerte ein Matrose, der dieses Getränk sehr zu lieben schien.

      »Auch das nicht, mein Lieber! Nein, mit dem Mond ist es nichts, aber wir wollen unter den Sternen lustwandeln, unter den reizenden Planeten, über die sich mein Herr so oft mit mir unterhalten hat. – Und wir werden damit anfangen, dem Saturn einen Besuch abzustatten ...«

      »Dem, der so einen Ring um sich herum hat?«, fragte der Quartiermeister.

      »Ja, einen Hochzeitsring. Man weiß nur nicht, was aus seiner Frau geworden ist.«

      »Wie! So hoch würdet ihr hinaufsteigen?«, fragte ein Schiffsjunge verwundert. »Da ist Ihr Herr wohl der leibhaftige Teufel?«

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