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Maximen und Reflexionen. Johann Wolfgang GoetheЧитать онлайн книгу.

Maximen und Reflexionen - Johann Wolfgang Goethe


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Gott, bald dem Teufel zu und fehlen ein- wie das anderemal: in uns selbst liegt das Räthsel, die wir Ausgeburt zweier Welten sind. Mit der Farbe geht’s eben so: bald sucht man sie im Lichte, bald draußen im Weltall, und kann sie gerade da nicht finden, wo sie zu Hause ist.

      430. Es wird eine Zeit kommen, wo man eine pathologische Experimentalphysik vorträgt und alle jene [71]Spiegelfechtereien an’s Tageslicht bringt, welche den Verstand hintergehen, sich eine Überzeugung erschleichen und, was das Schlimmste daran ist, durchaus jeden praktischen Fortschritt verhindern. Die Phänomene müssen ein- für allemal aus der düstern empirisch-mechanisch-dogmatischen Marterkammer vor die Jury des gemeinen Menschenverstandes gebracht werden.

      431. Daß Newton bei seinen prismatischen Versuchen die Öffnung so klein als möglich nahm, um eine Linie zum Lichtstrahl bequem zu symbolisiren, hat eine unheilbare Verirrung über die Welt gebracht, an der vielleicht noch Jahrhunderte leiden.

      Durch dieses kleine Löchlein ward Malus zu einer abenteuerlichen Theorie getrieben, und wäre Seebeck nicht so umsichtig, so mußte er verhindert werden, den Urgrund dieser Erscheinungen, die entoptischen Figuren und Farben zu entdecken.

      432. Was aber das Allersonderbarste ist: der Mensch, wenn er auch den Grund des Irrthums aufdeckt, wird den Irrthum selbst deßhalb doch nicht los. Mehrere Engländer, besonders Dr. Reade, sprechen gegen Newton leidenschaftlich aus: das prismatische Bild sei keineswegs das Sonnenbild, sondern das Bild der Öffnung unseres Fensterladens, mit Farbensäumen geschmückt; im prismatischen Bilde gebe es kein ursprünglich Grün, dieses entstehe durch das Übereinandergreifen des Blauen und Gelben, so daß ein schwarzer Streif eben so gut als ein weißer in Farben aufgelös’t scheinen könne, wenn man hier von Auflösen reden wolle. Genug, alles, was wir seit vielen Jahren dargethan haben, legt dieser gute Beobachter gleichfalls vor. Nun aber läßt ihn die fixe Idee einer diversen [72]Refrangibilität nicht los, doch kehrt er sie um und ist wo möglich noch befangener als sein großer Meister. Anstatt, durch diese neue Ansicht begeistert, aus jenem Chrysalidenzustande sich herauszureißen, sucht er die schon erwachsenen und entfalteten Glieder auf’s neue in die alten Puppenschalen unterzubringen.

      433. Das unmittelbare Gewahrwerden der Urphänomene versetzt uns in eine Art von Angst: wir fühlen unsere Unzulänglichkeit; nur durch das ewige Spiel der Empirie belebt, erfreuen sie uns.

      434. Der Magnet ist ein Urphänomen, das man nur aussprechen darf, um es erklärt zu haben; dadurch wird es denn auch ein Symbol für alles Übrige, wofür wir keine Worte noch Namen zu suchen brauchen.

      435. Alles Lebendige bildet eine Atmosphäre um sich her.

      436. Die außerordentlichen Männer des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts waren selbst Akademien, wie Humboldt zu unserer Zeit. Als nun das Wissen so ungeheuer überhand nahm, thaten sich Privatleute zusammen, um, was den Einzelnen unmöglich wird, vereinigt zu leisten. Von Ministern, Fürsten und Königen hielten sie sich fern. Wie suchte nicht das französische stille Conventikel die Herrschaft Richelieu’s abzulehnen! Wie verhinderte der englische Oxforder und Londner Verein den Einfluß der Lieblinge Karls des Zweiten!

      Da es aber einmal geschehen war und die Wissenschaften sich als ein Staatsglied im Staatskörper fühlten, einen Rang bei Processionen und andern Feierlichkeiten erhielten, war bald der höhere Zweck aus den Augen verloren; man stellte seine Person vor, und die Wissenschaften hatten auch Mäntelchen um und Käppchen auf. In meiner [73]Geschichte der Farbenlehre habe ich dergleichen weitläuftig angeführt. Was aber geschrieben steht, es steht deßwegen da, damit es immerfort erfüllt werde.

      437. Die Natur auffassen und sie unmittelbar benutzen ist wenig Menschen gegeben; zwischen Erkenntniß und Gebrauch erfinden sie sich gern ein Luftgespinnst, das sie sorgfältig ausbilden und darüber den Gegenstand zugleich mit der Benutzung vergessen.

      438. Eben so begreift man nicht leicht, daß in der großen Natur das geschieht, was auch im kleinsten Cirkel vorgeht. Dringt es ihnen die Erfahrung auf, so lassen sie sich’s zuletzt gefallen. Spreu, von geriebenem Bernstein angezogen, steht mit dem ungeheuersten Donnerwetter in Verwandtschaft, ja ist eine und eben dieselbe Erscheinung. Dieses Mikromegische gestehen wir auch in einigen andern Fällen zu, bald aber verläßt uns der reine Naturgeist, und der Dämon der Künstelei bemächtigt sich unser und weiß sich überall geltend zu machen.

      439. Die Natur hat sich soviel Freiheit vorbehalten, daß wir mit Wissen und Wissenschaft ihr nicht durchgängig beikommen oder sie in die Enge treiben können.

      440. Mit den Irrthümern der Zeit ist schwer sich abzufinden: widerstrebt man ihnen, so steht man allein; läßt man sich davon befangen, so hat man auch weder Ehre noch Freude davon.

      [74]Aus Wilhelm Meisters Wanderjahren.

      1829.

      (Betrachtungen im Sinne der Wanderer.

      Kunst, Ethisches, Natur.)

      441. Alles Gescheidte ist schon gedacht worden, man muß nur versuchen, es noch einmal zu denken.

      442. Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche, deine Pflicht zu thun, und du weißt gleich, was an dir ist.

      443. Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.

      444. Die vernünftige Welt ist als ein großes unsterbliches Individuum zu betrachten, das unaufhaltsam das Nothwendige bewirkt und dadurch sich sogar über das Zufällige zum Herrn macht.

      445. Mir wird, je länger ich lebe, immer verdrießlicher, wenn ich den Menschen sehe, der eigentlich auf seiner höchsten Stelle da ist, um der Natur zu gebieten, um sich und die Seinigen von der gewaltthätigen Nothwendigkeit zu befreien, wenn ich sehe, wie er aus irgend einem vorgefaßten falschen Begriff gerade das Gegentheil thut von dem, was er will, und sich alsdann, weil die Anlage im Ganzen verdorben ist, im Einzelnen kümmerlich herumpfuschet.

      446. Tüchtiger thätiger Mann, verdiene dir und erwarte

      von den Großen – Gnade,

      von den Mächtigen – Gunst,

      von Thätigen und Guten – Förderung,

      [75]von der Menge – Neigung,

      von dem Einzelnen – Liebe!

      447. Die Dilettanten, wenn sie das Möglichste gethan haben, pflegen zu ihrer Entschuldigung zu sagen, die Arbeit sei noch nicht fertig. Freilich kann sie nie fertig werden, weil sie nie recht angefangen ward. Der Meister stellt sein Werk mit wenigen Strichen als fertig dar; ausgeführt oder nicht, schon ist es vollendet. Der geschickteste Dilettant tastet im Ungewissen, und wie die Ausführung wächs’t, kommt die Unsicherheit der ersten Anlage immer mehr zum Vorschein. Ganz zuletzt entdeckt sich erst das Verfehlte, das nicht auszugleichen ist, und so kann das Werk freilich nicht fertig werden.

      448. In der wahren Kunst gibt es keine Vorschule, wohl aber Vorbereitungen; die beste jedoch ist die Theilnahme des geringsten Schülers am Geschäft des Meisters. Aus Farbenreibern sind treffliche Maler hervorgegangen.

      449. Ein anderes ist die Nachäffung, zu welcher die natürliche allgemeine Thätigkeit des Menschen durch einen bedeutenden Künstler, der das Schwere mit Leichtigkeit vollbringt, zufällig angeregt wird.

      450. Von der Nothwendigkeit, daß der bildende Künstler Studien nach der Natur mache, und von dem Werthe derselben überhaupt sind wir genugsam überzeugt; allein wir läugnen nicht, daß es uns öfters betrübt, wenn wir den Mißbrauch eines so löblichen Strebens gewahr werden.

      451. Nach unserer Überzeugung sollte der junge Künstler wenig oder gar keine Studien nach der Natur beginnen, wobei er nicht zugleich dächte, wie er jedes Blatt zu einem Ganzen abrunden, wie er diese Einzelnheit, in ein [76]angenehmes Bild verwandelt, in einen Rahmen eingeschlossen, dem Liebhaber und Kenner gefällig anbieten möge.

      452. Es steht manches Schöne isolirt in der Welt, doch der Geist ist es, der Verknüpfungen zu entdecken und dadurch Kunstwerke hervorzubringen hat. – Die Blume gewinnt erst ihren Reiz durch das Insect, das ihr anhängt, durch den Thautropfen, der sie befeuchtet, durch das Gefäß,


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