Die Melodie der Ruhe. Daniel WilkЧитать онлайн книгу.
es sinnvoll sein, sie zu verändern. Allerdings kann ihre Wirkung abgeschwächt werden, wenn entscheidende Formulierungen ersetzt oder weggelassen werden. Von Laien sollten keine Suggestionen hinzugefügt werden, da sie unangenehme Folgen für den Hörer haben können.
Therapeuten können Veränderungen an den Texten vornehmen, indem sie beispielsweise an vorhergehende Therapiegespräche anknüpfen oder ein Gespräch vorbereiten. Eine spezifische derartige Anwendungsmöglichkeit ist das »Zuschneiden« der Vorstellungen innerhalb der Geschichten auf individuelle Probleme und die Vorstellungswelt des Hörers. Die Erfahrungen des Hörers sollten in einem direkt anschließenden Gespräch bearbeitet werden.
Allgemeine Bedingungen:
•Es sollte ein ruhiger, ungestörter Rahmen gewählt werden. Besonders geeignet ist die Zeit unmittelbar vor dem Einschlafen oder aber auch eine längere Pause während des Tagesablaufs.
•Falls nach der Geschichte die Aufmerksamkeit wieder für Alltagsaufgaben benötigt wird, insbesondere in Situationen, wo eine Ablenkung gefährlich sein könnte (zum Beispiel im Straßenverkehr oder bei der Bedienung von Maschinen), ist unbedingt auf eine sorgfältige Rückführung zu achten, wie sie oben beschrieben wurde.
•Die Geschichten können im Einzelgespräch angewendet werden, um dem Hörer etwas Gutes zu tun, ihm eine Entspannung zu erleichtern oder auch den Schlaf zu fördern.
•Im therapeutischen Kontext sollen die Geschichten nur von Therapeuten angewendet werden, da durch die therapeutische Anwendung intensive Gefühle ausgelöst werden können, die eine kompetente Begleitung brauchen. In diesem Bereich können sie genutzt werden, um durch häufige Anwendung Perspektivenwechsel zu bewirken und Ressourcen in tieferen Schichten des Unbewussten zu erreichen.
•Perspektivenwechsel sind im therapeutischen Kontext außerordentlich hilfreich, da ein veränderter Blickwinkel manche Probleme direkt auflöst, die Bewältigung anderer Probleme erleichtert und auch das Bewusstsein des Hörers seiner selbst und seiner Beziehungen zu seinen Mitmenschen und zur Welt erweitert.
•Hilfreiche Ressourcen werden in jedem Text angesprochen. Das geschieht sowohl durch die Art seiner Konstruktion als auch durch seine Inhalte. Beides stärkt außerdem auch das bewusste Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Da eines unserer stärksten Bedürfnisse von Beginn unserer individuellen Existenz an die Erhaltung unserer Gesundheit ist, versetzen tiefe Entspannung und Vertrauen in uns selbst uns praktisch automatisch in einen Zustand der Heilung und der Integration. Das wird auch bei der Verarbeitung von Traumata sichtbar, wenn traumatisierte Menschen nach dem Hören der Geschichten von der Erleichterung sprechen, die sie durch eine tiefe Entspannung erfahren haben. Durch die Traumatisierung war es ihnen zuvor nicht mehr möglich gewesen, sich zu entspannen. Sie waren in einem Zustand permanenter Angst und Anspannung, die auch im Schlaf nicht weichen wollte und zu Albträumen führte. Durch die milde Anregung der Geschichten, in die Ruhe zu gehen, kann Angst leichter losgelassen werden.
•Die Anwendung in Gruppen erreicht zuverlässig eine tiefe Entspannung bei nahezu allen Hörern. Die Tiefe der Entspannung ist aber individuell verschieden. Ohne Ausnahme sollte der Wunsch des einzelnen Hörers respektiert werden, sich auf die Geschichte in dem Maße einzulassen, wie er es möchte. Offene Augen können das Gefühl, die Kontrolle über das Geschehen zu haben, verstärken und ein ungewolltes tiefes Absinken verhindern. Bei Angst vor tiefer Entspannung kann deshalb empfohlen werden, die Augen so lange geöffnet zu halten, bis genügend Vertrauen entstanden ist, so dass sich die Augen – vielleicht zunächst vorübergehend – von alleine schließen können.
Falls ein Therapeut sich nicht sicher genug fühlt, um gleich einen längeren Text anzuwenden, beginnt er mit einer kurzen Geschichte, die er in jedem Bereich auch verkürzen kann – abgesehen von der Rückführung, die stets sorgfältig durchgeführt werden muss.
•Die Pausen sind durch Auslassungspunkte gekennzeichnet. Mehrere Auslassungspunkte bedeuten, dass ich längere Pausen empfehle. Ein Absatz verlängert die Pause noch einmal. Wie lange die Pausen tatsächlich beim Vorlesen oder Lesen gemacht werden, hängt vom (Vor-)Leser ab. In der Regel vertiefen längere Pausen die Trancen. Falls die Stimme nach einer Pause zu laut einsetzt, kann sie störend wirken.
•Wann immer möglich, sollte im Liegen und auf einer weichen Unterlage entspannt werden. Die Halswirbelsäule sollte gerade liegen, was durch ein Handtuch oder ein kleines Kissen leicht einzurichten ist.
1. Erweiterbar strukturierte Geschichten
Man kann sich vorstellen, es gäbe ein Schloss, in dem die Gefühle wohnen. Alle Gefühle. So gibt es einen Ort im Irgendwo, den man in der Fantasie aufsuchen kann (denn dort befindet sich das Schloss), um allen Gefühlen auf neutralem Boden zu begegnen. Dort, wo man sie sich anschauen, mit ihnen sprechen kann, ohne dass man sie fühlen muss. Es gibt zwar die Möglichkeit, sie zu fühlen, wenn man mag, aber eigentlich ist es dort eher die Ausnahme. Denn in ihrem Schloss haben die Gefühle Freizeit. Sie sollten dort nicht arbeiten müssen. Falls aber jemand es sehr wünscht, lassen sie sich bestimmt auch mal fühlen.
Man kann diese Geschichten nutzen, um mit Abstand jene Gefühle zu betrachten, die entweder so intensiv sind, dass sie Schwierigkeiten bereiten oder aber so wenig vertreten sind, dass man mehr davon haben möchte. Indem die Gefühle dort angesprochen werden können, entsteht eine Verbindung zu dem Teil des Unbewussten, der weiß, wie der erwünschte Zustand erreicht werden kann. Auch wenn es nicht immer bewusst wird, kann sich nach einer solchen Geschichte doch etwas ändern.
Um vor den Gefühlen geschützt zu sein, kann man sich am Eingang des Schlosses von der Gelassenheit abholen lassen, vielleicht auch von der Freude oder dem Interesse.
Die Geschichten können also an die individuelle Situation angepasst werden. In diesem Sinne sind sie lediglich Beispiele – deren Einleitungen und Rückführungen unverändert übernommen werden können.
Das Schloss der Gefühle
Die Beschreibung des Ortes, an dem sich das Schloss befindet, in dem die Gefühle wohnen, ist stark dissoziierend. Das hilft, von den Gefühlen einen guten Abstand zu halten.
Unser aller Verstand geht davon aus, dass es dieses Schloss nicht gibt. Und weil es das nicht gibt, kann es auch keinen konkreten Ort geben, an dem es sein könnte. Deshalb kann der Verstand die ungewöhnliche Beschreibung der Örtlichkeit relativ leicht annehmen und es dann auch leichter akzeptieren, von ihr »entführt« zu werden, so dass er dem weiteren Verlauf nicht mehr aufmerksam folgen wird.
Negative Gefühle wie Ärger und Traurigkeit müssen nicht unangenehm auf uns wirken. Indem sie personifiziert werden, gelingt es leichter, sie nicht mehr als »Feinde« zu betrachten, sondern sich über den Sinn dieser Gefühle Gedanken zu machen und sie auch in sich selbst leichter zu akzeptieren.
… und weil es dir guttut … wenn du dich jetzt sinken lässt … angenehm schwer und wohlig warm … … … und weil dabei dein Verstand sich auch in die Ruhe sinken lassen kann …
… mag es irgendwo einen hellen und warmen Saal geben … in einem älteren Schloss …
… es liegt ziemlich genau in der Mitte … … … zwischen den Baumwipfeln und dem Blau des Himmels … … … manche meinen, es liegt mehr Richtung Grün … andere sehen mehr als eine Spur Violett in seiner Nähe … … … wie dem auch sei … in diesem Saal treffen sich die Gefühle … die manchmal zu uns Menschen kommen … und dann auch wieder gehen … zurück ins Schloss …
… sie fühlen sich dort wohl … tauschen ihre Erfahrungen mit den Menschen untereinander aus … … … und von dort kommen sie auch … wenn sie gerufen werden … und so kannst du dich sinken lassen … angenehm schwer und wohlig warm … es deinem Unbewussten dadurch ermöglichen … für dich