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Völkerrecht - Bernhard  Kempen


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der → Vereinten Nationen geführt. Die wichtigsten dort verabschiedeten Resolutionen waren die Resolutionen 3201 und 3202 im Jahre 1974, in denen eine New International Economic Order gefordert wurde, sowie die ebenfalls 1974 verabschiedete Resolution 3281, die eine Charter of Economic Rights and Duties of States enthielt. Die letztgenannte Resolution stellte die Zahlung einer Entschädigung faktisch in das Ermessen des enteignenden Staates.

      Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Wirtschaftssysteme entspannte sich der Konflikt innerhalb der Staatengemeinschaft zum Ende des 20. Jahrhunderts jedoch deutlich. Viele Staaten liberalisierten ihre Volkswirtschaften und erkannten dabei die Wichtigkeit des Schutzes privaten Eigentums an. Gegenwärtig dürfte dementsprechend davon auszugehen sein, dass eine Pflicht zum Schutz ausländischen Eigentums im Völkergewohnheitsrecht und insbesondere eine Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung im Falle einer Enteignung weitgehend anerkannt sind. Aufgrund von zwei weiteren Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg hat der gewohnheitsrechtliche Schutz jedoch viel von seiner praktischen Relevanz verloren.

      Erstens führten die bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich des gewohnheitsrechtlichen Eigentumsschutzes in den 1950er und 1960er Jahren dazu, dass die Staaten dazu übergingen, den Eigentumsschutz in bilateralen → völkerrechtlichen Verträgen explizit zu regeln. Hierzu wurde das Institut der Investitionsförderungsverträge entwickelt, von denen bis heute mehr als 2.500 Verträge auf bilateraler Ebene abgeschlossen wurden (→ Investitionsrecht, internationales). Der Gegenstand dieser Verträge richtet sich nicht nach dem Begriff des Eigentums, sondern nach dem der Investition bzw. Kapitalanlage. Investitionsförderungsverträge wurden im Wesentlichen zwischen Industriestaaten einerseits und Entwicklungsländern andererseits abgeschlossen. Der scheinbare Widerspruch zu dem Konflikt in der → Generalversammlung kann unter anderem damit erklärt werden, dass die Verträge auf die Zukunft gerichtet sind und von gleichberechtigten Partnern abgeschlossen werden.

      Zweitens trat seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auch der Schutz des Eigentums als Menschenrecht wieder stärker in den Vordergrund. Die → Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 schützt Eigentum in Art. 17. Die in der Folgezeit vereinbarten regionalen Menschenrechtskonventionen in Europa, Amerika und Afrika enthalten ebenfalls eigentumsschützende Bestimmungen. Zu nennen sind hier insbesondere Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK, Art. 21 der AMRK und Art. 14 der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (s. unten, V.).

      Wie bereits eingangs erwähnt, sind die Regeln für den Schutz ausländischen Eigentums im Fremdenrecht nur fragmentarisch. Der Eigentumsbegriff selbst ist nicht klar definiert. Sein konkreter Inhalt muss stets unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Rechtsordnung ermittelt werden. Grundsätzlich geschützt sind Grund- und Sacheigentum sowie alle dinglichen Rechte. Des Weiteren dürfte unbestritten sein, dass vertragliche Ansprüche, Anteilsrechte aller Art, geistige Eigentumsrechte und Konzessionen Schutz genießen. Knapp zusammengefasst kann man deshalb mit dem Iran-US Claims Tribunal (Amoco v. Iran, para 108) den Schutzbereich als grundsätzlich „any right, which can be the object of a commercial transaction“ umfassend bezeichnen. Einen Grenzbereich stellt der Schutz des Unternehmenswerts dar. Im Oscar Chinn Case (1934) verneinte der StIGH jedenfalls die Schutzwürdigkeit von Geschäftsbeziehungen und Goodwill.

      Der Schutz des Eigentums besteht im Wesentlichen in der Reglementierung von Enteignungen. Demnach sind Enteignungen ausländischen Eigentums nicht verboten, sondern grundsätzlich erlaubt. Das Recht zur Enteignung ergibt sich dabei aus der staatlichen Souveränität. Allerdings müssen bei der Enteignung ausländischen Eigentums bestimmte Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen beachtet werden. Werden diese nicht eingehalten, ist die Enteignung illegal und stellt ein völkerrechtliches Delikt (→ Verantwortlichkeit, völkerrechtliche) dar. Zu den Einzelheiten s. → Enteignungsrecht, internationales.

      Der sachliche Schutzbereich von Investitionsförderungsverträgen orientiert sich nicht am Begriff des Eigentums, sondern an dem der Investition, bzw. im deutschen Wortlaut dem der Kapitalanlage (→ Investitionsrecht, internationales). Dieser Begriff ist in der Regel in den Verträgen definiert und meint üblicherweise Vermögenswerte aller Art. Dieser Definition folgt dann eine Aufzählung typischer Investitionsformen, wie (i) Sach- und Grundeigentum sowie andere dingliche Rechte, (ii) Beteiligungen an Gesellschaften, (iii) vertragliche Rechte mit wirtschaftlichem Wert, (iv) geistige Eigentumsrechte und (v) Konzessionen (vgl. etwa Art. 1 Abs. 1 des deutschen Mustervertrages; abgedruckt in: AVR 45 [2007], 276 ff.). Trotz der weitreichenden Überschneidungen ist der Schutzbereich nicht zwangsläufig deckungsgleich mit dem oben skizzierten Schutz des Eigentums im Fremdenrecht. Ein Unterschied kann zum Beispiel darin bestehen, dass für private Zwecke im Ausland befindliches Eigentum im Fremdenrecht geschützt ist, während es bei Investitionsschutzverträgen stets von einer Auslegung des jeweiligen Vertrages abhängt, ob dieser eine wirtschaftliche Betätigung erfordert oder nicht.

      Investitionsschutzverträge enthalten verschiedene materiell-rechtliche Bestimmungen, die Investitionen vor politischen Risiken im Gaststaat schützen sollen. Zu diesen Schutzbestimmungen gehören in der Regel eine Pflicht zur Nichtdiskriminierung, zur gerechten und billigen Behandlung oder zur Gewährung von Schutz und Sicherheit. Eine zentrale Bestimmung regelt die Behandlung von Enteignungen. Dabei folgen Investitionsschutzverträge in der Regel den Bestimmungen des Fremdenrechts (s. oben, III.), d. h. Enteignungen sind zulässig, müssen aber die einschlägigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllen. Für die Berechnung der Höhe der Entschädigung verwenden die Verträge in der Regel die Hull-Formel (→ Enteignungsrecht, internationales).

      Der menschenrechtliche Eigentumsschutz hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt und ergibt sich im Wesentlichen aus den regionalen Menschenrechtskonventionen. Die relevanten Bestimmungen finden sich in Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur → EMRK, Art. 21 der → AMRK und Art. 14 der → Afrikanische Menschenrechtscharta). Praktische Bedeutung hat dabei bis heute insbesondere der Eigentumsschutz in der Europäischen Menschenrechtskonvention gewonnen. Im Rahmen der EU ist zudem auch Art. 17 der seit 2009 rechtsverbindlichen Europäischen Grundrechtecharta zu nennen. Ob es ein als universelles Gewohnheitsrecht anerkanntes Menschenrecht am Eigentum gibt, wird überwiegend skeptisch gesehen; jedenfalls hat ein solches Recht noch keinerlei praktische Bedeutung gewonnen.

      Der wichtigste Unterschied zum Eigentumsschutz im Fremdenrecht und Investitionsschutzrecht besteht darin, dass der Schutz nicht an die Stellung als Ausländer bzw. als geschützter Investor gekoppelt ist, sondern In- und Ausländer gleichermaßen erfasst. Damit haben auch Inländer einen völkerrechtlich garantierten Schutzanspruch gegen ihren Heimatstaat. Der sachliche Schutzbereich hängt wiederum von der jeweiligen Konvention ab. Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention erfasst nach seinem Wortlaut „posessions“ und hat einen ähnlich weiten Schutzbereich wie das Fremdenrecht.

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