Europarecht. Bernhard KempenЧитать онлайн книгу.
href="#ulink_3bb6970a-4222-539a-b107-edffc1149495">→ Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen [JZS]) steht den Mitgliedstaaten auch bei einer Angleichung der nationalen Rechtsordnungen im Hinblick auf das Strafverfahrensrecht die Möglichkeit einer „Notbremse“ nach Art. 82 Abs. 3 AEUV zu, um grundlegende Aspekte der nationalen Strafverfahrensordnung schützen zu können. Für eine restriktive Auslegung der Kompetenzen der EU in den Bereichen der Rechtsharmonisierung sprach sich auch das Bundesverfassungsgericht in seinem sog. Lissabon-Urteil im Jahre 2009 aus (BVerfGE 123, 267), wobei es sich insbesondere an dem sehr weiten und damit unbestimmten Wortlaut des Art. 83 Abs. 1 AEUV störte.
E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa) › IV. Sekundärrecht
IV. Sekundärrecht
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Das unter den Begriff Europastrafrecht zu fassende Sekundärrecht der EU deckt sich weit überwiegend mit den i.R.d. RFSR erlassenen → Rechtsakten. Das Ziel des europäischen Strafrechts liegt wie bei der JZS vornehmlich in einer Erleichterung der innereuropäischen gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen und der damit einhergehenden Verbesserung der Vollstreckungsbedingungen. Dieses Ziel kann v.a. durch die Angleichung nationaler Rechtsordnungen erreicht werden.
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Ein die innereuropäische Strafverfolgung und -vollstreckung erleichternder Sekundärrechtsakt ist bspw. der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl (RbEuHb, RB 2002/584/JI; s. dazu auch → Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen [JZS]). Im Rahmen der → Polizeilichen Zusammenarbeit (PZ), die ebenfalls Teil des RFSR ist, wurde etwa die Verordnung für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (EPA, VO [EU] 2015/2219) auf Art. 87 Abs. 2 AEUV gestützt. Die EPA soll dabei für den RFSR und die PZ essentielle Aufgaben wahrnehmen. Hierzu zählen etwa die Durchführung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für ranghohe Polizeibedienstete der Mitgliedstaaten. Durch diese Maßnahmen sollen die nationalen Bediensteten zu einer Verbesserung der europäischen Zusammenarbeit angeleitet werden. Insgesamt erhofft man sich dadurch eine gesteigerte gesamteuropäische Kompetenz in der Strafverfolgung. Eine weitere Stärkung der innereuropäischen Strafverfolgung ist auch die Verordnung (EU) 2017/1939 vom 12.10.2017 („EUStA-VO“), welche die Gründung einer Europäischen Staatsanwaltschaft („EUStA“) ermöglicht. Diese soll sich mit Aufnahme ihrer Arbeit im Jahre 2020 insbesondere mit der strafrechtlichen Untersuchung und Verfolgung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union (Art. 4 EUStA-VO) befassen.
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Ein weiterer Ansatz, der zur Verbesserung einer europäischen Verfolgung von Straftaten beitragen soll, liegt in einem engen und koordinierten Informationsaustausch, der in den Bereichen der organisierten Kriminalität und des Terrorismus zwischen europäischen und nationalen Stellen installiert werden soll. Zu diesem sich immerzu vergrößernden Netzwerk zählen bspw. das zentrale Visa-Informationssystem (VIS), das Unregelmäßigkeiten in der Beantragung von Visa innerhalb des Schengen-Raums (→ Schengener Abkommen) aufdecken und bei Relevanz für die innere Sicherheit zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen führen soll. Die bereits angesprochene Notwendigkeit europäischer Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Zollverkehrs wird in diesem Rahmen durch das Zollinformationssystem (ZIS) unterstützt. Hierdurch wird die Weitergabe relevanter Daten zwischen nationalen Zollbehörden ermöglicht.
E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa) › V. Völkerrecht
V. Völkerrecht
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Das europäische Strafrecht wird durch einzelne völkerrechtliche Verträge ergänzt, die bspw. zwischen einzelnen EU-Mitgliedstaaten geschlossen wurden oder durch die EU mit Drittstaaten. Konkret können etwa das bereits erwähnte → Schengener Abkommen sowie das Schengener Durchführungsübereinkommen genannt werden.
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Auch hat die EU selbst mit den Vereinigten Staaten von Amerika einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen, der 2012 in Kraft getreten ist und Auswirkungen auf die PZ haben wird. Dabei handelt es sich um das Abkommen zwischen den USA und der EU über die Verwendung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung an das United States Department of Homeland Security. Ziel dieses Abkommens ist es, durch eine verstärkte Zusammenarbeit – auch mit transatlantischen Partnern – dem Terrorismus und der grenzüberschreitenden schweren Kriminalität Einhalt zu gebieten.
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Ebenfalls einen Bereich des Strafrechts stellt der Umgang mit Drogenkriminalität dar. Zur Verbesserung der Prävention und Verfolgung von Drogendelikten ist völkerrechtlich u.a. das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aus dem Jahr 1988 relevant, das auch die EU ratifiziert hat.
E › Europol (Björn Schiffbauer)
Europol (Björn Schiffbauer)
I.Historische Entwicklung773 – 783
1.Schrittweise Umsetzung einer Idee773 – 775
2.Europol-Übereinkommen776 – 779
3.Europol-Beschluss780 – 782
II.Rechtsgrundlagen784 – 789
1.EU-Recht784 – 788
a)Primärrecht: Art. 88 AEUV784, 785
b)Sekundärrecht786 – 788
III.Aufgaben und Arbeitsweise790 – 803
1.Zuständigkeit790 – 792
2.Befugnisse793