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Europarecht. Bernhard KempenЧитать онлайн книгу.

Europarecht - Bernhard  Kempen


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die sich aber nicht i.R.e. GASP-Entscheidung der EU oder einem anderen institutionellen Rahmen vollziehen.

      BBeistandsfall (Peter Dreist) › IV. Solidaritätsklausel, Art. 222 AEUV

      374

      Die Union mobilisiert nach Art. 222 Abs. 1 S. 2 Buchst. b) AEUV alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden, die demokratischen Institutionen und die Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen zu schützen oder im Falle eines Terroranschlags einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen. Hierzu sind Absprachen der Mitgliedstaaten im Rat und ein Beschluss des Rates vorgesehen (Art. 222 Abs. 2 S. 2 AEUV). Diese Solidaritätsklausel wendet sich nicht nur an die Mitgliedstaaten, sondern auch an die EU selbst und findet bei Terroranschlägen innerhalb der EU Anwendung. Sie bietet allerdings keine Rechtsgrundlage für eine Intervention in Drittstaaten. Soweit militärische Beistandsleistungen erbeten werden, wird die Beistandsklausel des Art. 42 Abs. 7 EUV als lex specialis angesehen.

      BBeistandsfall (Peter Dreist) › V. EU als System gegenseitiger kollektiver Sicherheit

      375

      Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Vertrag von Lissabon und seinen Begleitgesetzen (BVerfGE 123, 267) ausgeführt, der Ratifikationsvorbehalt des Art. 42 Abs. 2 UAbs. 1 EUV verdeutliche, dass der Schritt der Europäischen Union zu einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit durch die geltende Fassung des → Primärrechts und durch die Rechtslage nach einem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon noch nicht gegangen werde (BVerfGE 123, 267 [425]).

      376

      

      Teilweise wird hieraus geschlossen, dass das Gericht die EU nicht als System gegenseitiger kollektiver Sicherheit i.S.v. Art. 24 Abs. 2 GG anerkenne. Inhaltlich geht es allerdings bei dieser Passage des Judikats um die Frage, ob die EU ohne Einhaltung der nationalen Vorgaben die Mitgliedstaaten i.R.e. noch zu beschließenden gemeinsamen Verteidigungspolitik zu einem Militäreinsatz verpflichten, also nationales Recht überlagern könne. Das BVerfG hat in seinem Grundsatzurteil zu Streitkräfteeinsätzen vom 12.7.1994 (BVerfGE 90, 286 [349]) lediglich gefordert, dass ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit über ein friedensicherndes Regelwerk und den Aufbau einer eigenen Organisation verfüge, der für jedes Mitglied einen Status völkerrechtlicher Gebundenheit begründe, der wechselseitig zur Wahrung des Friedens verpflichte und Sicherheit gewähre. Für die UN (BVerfGE 90, 286 [349]) und die NATO (BVerfGE 90, 286 [351]) hat das Gericht die Merkmale eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit ausdrücklich anerkannt. Ob diese Voraussetzungen im Falle der EU-Verteidigungspolitik vorliegen, wird im Urteil zum Vertrag von Lissabon nicht geprüft.

      377

      

      Da die EU mit dem EU-Vertrag über ein friedensicherndes Regelwerk jedenfalls insofern verfügt, als sie ihre Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik beschreibt, und zudem mit dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee, dem Militärausschuss der EU und dem Militärstab der EU auch über entsprechende Organisationsstrukturen verfügt (→ Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik [GSVP]), erfüllt sie die Kriterien des Grundsatzurteils, ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit zu sein. Die zitierte Passage des Lissabon-Judikats kann mithin als obiter dictum angesehen werden; sie ist nicht Bestandteil der nach Art. 31 Abs. 1 BVerfGG in Gesetzeskraft erwachsenen Entscheidungsformel (vgl. BGBl. 2009 I, S. 2127); die staatliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland behandelt die EU bei Militäreinsätzen jedenfalls als ein solches System i.S.d. Art. 24 Abs. 2 GG.

      BBeistandsfall (Peter Dreist) › VI. Einsatzregeln

      378

      Die Einsatzregeln, also Regeln für die Anwendung militärischer Zwangsmaßnahmen in gefährlichen Auslandseinsatzgebieten (engl. Rules of Engagement – ROE), werden für jede Auslandsmission unter Berücksichtigung der sonstigen Rahmenbedingungen (z.B. Auftrag der UN, Mandat, Lage im Einsatzland) unter Beteiligung der Mitgliedstaaten entwickelt. Dabei sind die Vorgaben des Use-of-Force-Concepts der EU (EUMS, Doc. EEAS 00990/6/14, Rev. 6 vom 19.12.2014) zu beachten. Ebenso wie die ROE der NATO (MC 362/1 vom 30.6.2003) enthalten die ROE der EU die Möglichkeit, militärische Gewalt nicht nur zur Selbstverteidigung und Nothilfe für Dritte bei unmittelbar bevorstehenden oder gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffen einzusetzen, sondern auch bei Gefahrenlagen, die die hohe rechtliche Schwelle des Selbstverteidigungsrechts noch nicht erreichen. Dies umfasst insbesondere feindselige Absichten, die noch keinen unmittelbar bevorstehenden rechtswidrigen Angriff darstellen (hostile intent not constituting an imminent attack) und feindselige Akte, die noch keinen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff darstellen (hostile act not constituting an actual attack). Gleiches gilt auch ganz allgemein für den Einsatz militärischer Zwangsmittel zur Durchsetzung des Auftrages (mission enforcement) und der Bewegungsfreiheit (freedom of movement) oder zur Durchsetzung von Straßensperren und anderen Kontrollmaßnahmen.

      B › Beitritt (zur EU) (Matthias Knauff)

      I.Allgemeines379

      II.Beitrittsverfahren380 – 382

      III.Materielle Beitrittsvoraussetzungen383 – 392

       1.Werte des Art. 2 EUV385 – 388

       2.„Vereinbarte Kriterien“389 – 391

       3.Acquis communautaire (gemeinschaftlicher Besitzstand)392

      IV.Beitrittsfolgen393

      Lit.:

      M. Cremona (Hrsg.), The Enlargement of the European Union, 2003; C. Dorau, Die Öffnung der Europäischen Union für europäische Staaten – „Europäisch“ als Bedingung


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