Rebellen gegen Arkon. Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
des Kreuzers angerichtet hatte, waren nicht zu übersehen.
»Ich habe Ihnen zu danken, Atlan. Ohne Ihr Eingreifen wäre mein Volk jetzt tot. Traversan würde nicht mehr existieren. Wenn ich etwas zum Ausgleich für Sie tun kann, dann lassen Sie es mich wissen.«
Ich hatte Kuriol bereits den defekten Steuerchip mit der Bitte übergeben, seine Experten darauf anzusetzen. Denn ohne den Chip konnte meine Zeitmaschine nicht funktionieren. Kuriol hatte außerdem versichert, er werde die Speicherbatterien der Anlage füllen und warten lassen.
Die Gestalt des alten Nert, sonst so aufrecht, schien mir einen Moment lang hinfällig und schwach. Er trug sein blaues Cape mit der martialischen Zeichnung der She‘Huhan-Sternengötter, und doch wirkte er verletzlicher denn je.
»Danken Sie mir noch nicht, Erhabener. Noch ist nicht klar, wie wir die Krise bewältigen sollen.«
Der Kopf des alten Nert ruckte nach oben.
»Sie verwenden den Ausdruck wir, Atlan?«
»Ja. Mir ist jetzt klar, dass ich nicht einfach verschwinden und Traversan sich selbst überlassen kann. Und das aus zwei Gründen: Erstens ist meine Zeitmaschine vorerst noch ohne Energie, ich muss also warten. Zweitens ist die Balance der Kräfte zerstört.«
Aufmerksam blickte der Nert mich an.
»Was wollen Sie damit andeuten?«
»Bislang konnten wir uns darauf verlassen, dass Traversan ganz automatisch gerettet wird. Die Geschichte beweist es ja. Aber nun habe ich als fremdes Element entscheidend eingegriffen. Ob ich einen Fehler begangen habe oder nicht, mag dahingestellt sein.«
Ich dachte an die Prinzessin, und meine innere Stimme sagte mir, ich habe völlig richtig gehandelt. Auch wenn es egoistisch war, auch wenn eine Emotion den Ausschlag gegeben hatte.
»Nun muss ich für Traversan geradestehen«, verkündete ich. »Ich muss aktiv dafür sorgen, dass die Geschichte ihren Gang geht. Wer weiß? Vielleicht kehre ich sonst in meine Gegenwart zurück, und die Methanatmer haben den Krieg doch noch gewonnen.«
Kuriol lachte dröhnend.
»Das steht wohl nicht zur Debatte, Atlan. Aber ich verstehe Ihre Überlegungen.«
Wir schauten eine Weile schweigend über die Stadt. Travs Stern zeigte sich als roter Flammenrand, als verglimmendes Licht über einem Horizont aus Wohntrichtern und verbrannten Parks.
»Die nächste Strafexpedition wird nicht lange auf sich warten lassen«, sagte ich. »Nert, wir müssen die Initiative ergreifen.«
Ich drehte mich und schaute zur anderen Seite, auf die Mauern des Palastes und zum dunklen Himmel, an dem Travs Nachtauge gerade aufgegangen war. Ich fragte mich, ob Prinzessin Tamarena bereits eingeschlafen war.
EPILOG
Gegenwart 6. August 1290 NGZ
Fürst Ligatem ließ seine Leute nach Atlan und der Station der Meister suchen, endlose drei Tage lang. Die Spezialisten der RICO gruben einen halben Quadratkilometer Gelände in der Yssods-Wüste um, ohne eine Spur, ohne eine konkrete Hoffnung.
Ligatem ließ sie gewähren. Leute wie Atlan durfte man nicht verloren geben; sie waren unsterblich, und irgendwie haftete ihnen ein seltsamer Nimbus des Unzerstörbaren an.
Am vierten Tag trat das Ereignis ein, welches alle Probleme potenzierte. Aus dem Hyperraum fiel eine Flotte von Kugelraumern. Es handelte sich um hundert Einheiten, schwer bewaffnete Kampfschiffe des Kristallimperiums. Bostich und seine Schergen hatten von der Krise Wind bekommen.
»Was sollen wir tun, Fürst?«, fragte ein Minister. »Die RICO ist noch im Orbit. Und sie werden ohne Atlan nicht verschwinden.«
Ligatem zögerte kurz mit der Antwort. Die RICO war schwer anzugreifen, der Kommandant verfügte über alle Wunder der Camelot-Technik. Und das schien auch die andere Seite zu wissen; die Zeiten, da man Imperiumssoldaten blindlings in den Tod geschickt hatte, waren lange vorbei.
Ligatem hoffte, dass die Flotte des Kristallimperiums stillhielt.
»Wir müssen auf Zeit spielen«, bekundete er. »Ich hoffe, dass wir Atlan noch finden werden.«
Auf Zeit spielen. Buchstäblich.
1.
Irgendetwas hatte mich aufgeschreckt; ich glaubte ein leises, gepresstes Atmen wahrzunehmen. Jemand stand in der Dunkelheit meiner Kabine und starrte mich an.
Unwillkürlich spannte ich die Muskeln an. Der Raum war gesichert; niemand konnte, ohne Alarm auszulösen, eindringen – zumindest niemand außer Prinzessin Tamarena oder …
Mach dich doch nicht zum Sklaven deiner Hormone!, dröhnte die Stimme des Extrasinns unter meiner Schädeldecke. Lass die Augen zu, verliebter Narr! Atme gleichmäßig weiter!
Wie lange hatte ich geschlafen? Kaum länger als eine halbe Stunde, denn immer noch steckte eine bleierne Schwere in meinen Gliedern. Ich erinnerte mich, geträumt zu haben. Von der siegreich beendeten Raumschlacht und der Gefahr, dass ich durch mein Eingreifen vielleicht die Zukunft verändert hatte. Ich gehörte nicht hierher, nicht in diese Zeit, in der das Große Arkon-Imperium den Zenit seiner Macht bereits überschritten hatte und der Degeneration entgegendämmerte.
In meinen Gedanken entstand das Bild eines Schattens, der gekommen war, um mich ins Jenseits zu befördern. Schlagartig hellwach, zog ich langsam die Beine an.
Drei Schritte vor dir …
Die Lider nur leicht geöffnet, verwünschte ich die Dunkelheit. Der Eindringling hatte die automatische Beleuchtung manipuliert. Ein verhaltenes Rascheln erklang. Diesmal glaubte ich erkennen zu können, wie ein Arm in die Höhe ruckte, und – war da nicht ein eisiges metallisches Blitzen?
Der Vibratorklinge entging ich lediglich, weil ich mich abrupt zur Seite wälzte.
Kein Laut der Überraschung, nichts – mein Gegner reagierte mit der tödlichen Präzision eines Roboters. Seine Hand krallte in mein Gesicht, die Finger bohrten sich in die Augen. Gleichzeitig stieß er wieder zu. Doch ich war abermals schneller. Mein Ellenbogen krachte in einem abwehrenden Dagor-Griff gegen seinen Brustkorb.
Obwohl der Angreifer nach wie vor nur ein Schemen in der Finsternis war, spürte ich, dass er taumelte. Jedoch musste sein Zurückweichen einen anderen Grund haben als meinen Abwehrschlag, denn besonders hart hatte ich ihn nicht getroffen.
Sieh dich vor!
Die Warnung des Extrasinns kam zu spät. Siedendheiß schrammte der Dolch über meinen Arm, und sofort fühlte ich es warm und klebrig auf der Haut. Blut quoll mit jedem Pulsschlag aus der verletzten Ader.
Ich bekam das Handgelenk des Angreifers zu fassen und zerrte ihn, seinen eigenen Schwung ausnutzend, nach vorne. Dumpf war sein Aufprall auf der Wand, doch er federte sofort zurück. Diesmal rammte mein Ellenbogen in seine Magengrube.
Der Dolch klirrte zu Boden.
Eher zufällig trat ich die Klinge zur Seite. Zugleich zerrte ich dem Unbekannten die Arme auf den Rücken und drückte ihn auf die Koje.
»Wer sind Sie?«
Keine Antwort. Er rang nach Luft, als hätte er nicht mehr die Kraft, sich zur Wehr zu setzen – doch zweifellos wartete er nur auf eine Chance, mich zu überrumpeln.
Ich packte fester zu. In meinem verletzten Arm tobten Höllenfeuer. Ich schwitzte und fror gleichzeitig, und aus allen Poren perlte plötzlich eisiger Schweiß.
»Warum wollten Sie mich töten?«
Der Boden schien sich mir entgegen zu wölben. Sekundenlang empfand ich ein seltsames Schwindelgefühl, danach war alles wieder wie zuvor.
Vergiftungssymptome!, stellte der Logiksektor fest. Die Klinge war