Rebellen gegen Arkon. Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
Antwort. »Meine zentrale positronische Prozessoreinheit befindet sich in Kuppel D.«
»Wo ist Kuppel D?«
Eines der Sandsteingebäude schien einen Moment lang zu pulsieren. Doch ich war nicht sicher, ob meine Beobachtung den Tatsachen entsprach.
»Hör zu, Gehirn, es kommt darauf an, unsere unterschiedlichen Informationsstände abzugleichen. Ich will sichergehen, dass meine Anweisungen an dich auch adäquat umgesetzt werden können.«
Kurz entschlossen fügte ich hinzu:
»Ich muss sichergehen, dass meine Informationen über dich den Tatsachen entsprechen und vollständig sind. Der letzte Kontakt zwischen der Station und einem Maghan liegt immerhin sehr lange Zeit zurück.«
»Sehr lange …«
Das Rechenhirn schien nachzudenken, obwohl ich wusste, dass das nicht möglich war. Selbst eine veraltete Positronik erledigte ihre Denkprozesse in einer Geschwindigkeit, bei der ein Arkonide so etwas wie eine Verzögerung nicht wahrnehmen konnte.
»Die Station wurde zum Zweck der Waffenbeschaffung von einem Maghan errichtet, dessen Namen ich nicht kenne. Er ließ sich als Faktor 7 ansprechen. Faktor 7 benötigte Waffenmaterial, das sich speziell gegen extrem resistente Lebensformen einsetzen ließ. Diese Lebensformen wurden als Bestien bezeichnet. Außerdem definierte Faktor 7 die Raumschiffe der Bestien als problematisch, da sie über sogenannte Paratronschirme verfügen.«
»Diese Station ist eindeutig nicht für die Waffenproduktion oder Forschung ausgelegt«, stellte ich fest. »Woher wollte Faktor 7 diese Waffen also nehmen?«
»Die Waffen sollten aus der Vergangenheit beschafft werden.«
Einen Moment lang stockte mir der Atem. Ich wusste genug über alle Experimente mit der Zeit, um mich plötzlich wie ein Mann an einem steilen Abgrund zu fühlen. Ich war noch nicht gefallen – aber es brauchte nur einen winzigen Stoß, einen Lufthauch.
»Wie … wie weit in der Vergangenheit, Gehirn?«
»Als Zielzeit wurde X minus 1,2 Millionen Jahre definiert.«
Verdammt!
»Wie kommt dieser Wert zustande?«
»Faktor 7 verfügte über Anhaltspunkte, dass vor 1,2 Millionen Jahren in diesem Sektor der Galaxis ein schwerer Krieg stattgefunden hat. Nach Informationen des Maghans prallten zwei Parteien aufeinander, deren technologischer Standard sehr weit über dem heute üblichen Niveau gelegen haben muss. Mit den Waffen von damals, so Faktor 7, wäre die Vernichtung eines Paratronschirms entschieden leichter möglich als heute. Auch eine einzelne Bestie wäre dann leichter zu besiegen.«
Ich fragte mich, ob ich der Station reinen Wein einschenken sollte.
Die Wahrheit war, dass die Meister der Insel längst nicht mehr existierten. Der Krieg gegen die Bestien, wie die Meister der Insel die Haluter genannt hatten, war längst zu Ende. Und die Lemurer, die diesen Krieg damals geführt hatten, waren aus der Milchstraße nach Andromeda ausgewandert, um den Halutern zu entkommen. Dort hatten die Meister der Insel die Macht übernommen.
Anzunehmen, dass eine ganze Weile nach der Machtübernahme in Andromeda ein Meister in die Milchstraße zurückgekehrt ist, erklärte der Extrasinn. Diesen Krieg vor 1,2 Millionen Jahren gab es tatsächlich. Auch wir verfügen über einige rudimentäre Hinweise darauf. Der Meister ließ diese Station erbauen – und dann gab es offenbar Gründe, den Plan nicht weiterzuverfolgen. Versuche, diese Gründe herauszufinden, Arkonide!
Ich fragte mich, ob ich wirklich alles richtig verstanden hatte. Doch meine Kenntnisse des Alt-Tefroda waren gut genug, um einen Irrtum auszuschließen.
»1,2 Millionen Jahre …«, wiederholte ich fassungslos. »Das ist doch nicht möglich …«
Das Stationsgehirn stimmte bei:
»Du hast vollkommen recht – unmöglich. Allerdings befinden wir uns direkt auf dem Weg dahin. Unsere relative temporale Position liegt bei X minus 1440 Jahre. Der kritische Punkt wird bald erreicht sein.«
»Was für ein kritischer Punkt?«
»Der Punkt, an dem es gewöhnlich zur Katastrophe kommt. Die Fehlversuche Nummer 1 bis Nummer 37 haben das belegt.«
»Wie viele Versuche haben bisher funktioniert?«
»Keiner«, bekundete das Gehirn.
Da hörst du es. Hier sind schon die guten Gründe, die Faktor 7 hatte.
»Sofort alle Maschinen anhalten!«, kommandierte ich. Nur um mich sofort zu verbessern: »Nicht anhalten, sondern umkehren. Wir müssen sofort zurück in die Gegenwart.«
»Das ist leider nicht möglich, Maghan«, antwortete das Gehirn mit einer hörbaren Spur von Bedauern.
»Aus welchem Grund nicht?«
»Seit meiner letzten Aktivierung sind 47.002 Jahre verstrichen. Aufgrund der langen Inaktivität haben Teile meiner Programmierung Schaden genommen. Darüber hinaus existieren einige maschinelle Schäden, die ich aus eigener Kraft nicht beheben kann.«
Ich versuchte, Punkt für Punkt vorzugehen.
»Was bedeutet Schaden in der Programmierung?«
»Wir werden Fehlversuch Nummer 38 vor dem Erreichen der Zielzeit nicht mehr beenden können. Ich kann keinen Programmabbruch herbeiführen.«
»Das heißt, eine Rückkehr ist erst möglich, wenn das Programm komplett ausgeführt wurde?«
»Oder wenn ein Programmabbruch von außen stattfindet. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um eine theoretische Möglichkeit. Die Energiereserven reichen leider nicht bis zum Eintritt in die Zielzeit aus.«
Einen Moment lang weigerte ich mich, die Konsequenzen der maschinellen Logik zu durchdenken. Dann konnte ich mich nicht mehr wehren. Ich stieß einen erstickten Laut aus. Gern wäre ich nach vorn gesprungen, hätte mir Einlass in die Kuppeln verschafft und den Programmabbruch selbst herbeigeführt. Das einzige, was ich zustande brachte, war ein kurzer Schritt nach vorne. Entkräftet holte ich Atem.
»Wir werden demnach in die Vergangenheit reisen, bis uns die Energie ausgeht?«, vermutete ich.
»Das ist korrekt.«
»Und anschließend können die Anlagen der Station aus Mangel an Energie nicht mehr betrieben werden.«
»Ebenfalls korrekt.«
»Befindet sich eine Apparatur zur Produktion von Energie unter den Anlagen?«
»Nein. Aus emissionstechnischen Gründen konnte lediglich ein leistungsfähiges Speichersystem integriert werden.«
»Bedeutet das, wir werden in der Vergangenheit stranden?«
»Ja, Maghan. Fehlversuch Nummer 38 kehrt nicht mehr in die Gegenwart zurück. – Ich hoffe, du hattest eine komfortable Reise. Der Austritt aus dem Zeitsprung steht in wenigen Sekunden bevor.«
»Warte!«, rief ich verzweifelt.
»Das geht leider nicht.«
Ich hatte selbst eine Expedition mit einem terranischen Nullzeitdeformator mitgemacht. Wir hatten die Technologie niemals wieder ausgegraben, nachdem sie einmal in der Versenkung verschwunden war. Und das aus gutem Grund: Jede Manipulation in der Vergangenheit konnte furchtbare Folgen für die Gegenwart nach sich ziehen.
Im Extremfall verhinderte eine scheinbar nebensächliche, in Wahrheit jedoch katastrophale Handlung die eigene Geburt. Die Wissenschaftler nannten solche Gedankenspiele ein Zeitparadoxon.
Niemand konnte wirklich vorhersagen, wie ein Aufenthalt in der Vergangenheit sich auswirken würde. Ein gängiges mathematisches Modell der Zeit ging von unendlich vielen parallelen Zeitströmen aus. Jede Manipulation erzeugte neue Zeitströme, neue Kausalitäten, neue Alternativen.
In diesem Fall kam ein spezielles