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Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart - Группа авторов


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eigneten sich auf unterschiedlichste, oftmals autodidaktische Weisen vor allem mündliche Skills an, die sich vor allem auf aktive Sprachhandlung und dem jeweils eigenen Metier affine Lexikbereiche erstreckten. Vom Privattutorium durch Muttersprachler, die als reisende Lehrkräfte ihre Dienste anboten (‚Sprachmeister‘), bis zum geschäftsbezogenen Auslandsaufenthalt in der Kindheit oder Jugend zum Erlernen des metierbezogenen Sprachgebrauchs beim Handelspartner (‚Kavalierstouren‘) erstreckte sich die Bandbreite der Vermittlungskontexte, die von der Quellenlage her nur akzidentiell und schwierig zu erfassen ist (Glück 2002). Die von Helmut Glück durchgeführte Recherche zu Sprachbüchern der frühen Neuzeit belegt, dass diese fast durchgehend auf die funktionalen Bedürfnisse von Kaufleuten oder Handelsmaklern ausgerichtet waren (ebd., 88). Interessant sind dabei zur Lexis folgende Ausführungen:

      Die Fremdsprachenkenntnisse, die ein Kaufmann braucht, sind spezieller Art. Es geht im Kern nicht darum, die andere Sprache vollständig zu erwerben, sondern darum, in ihr Gegenstände von Handelsgeschäften benennen und Handelsgeschäfte sprachlich bewältigen zu können. Dazu gehören u.a. Bezeichnungen von Handelswaren und ihre ggf. unterschiedlichen Qualitäten, die Grund- und Ordnungszahlen, Ausdrücke für Maße, Gewichte und Währungen, Farb- und Qualitätsadjektive sowie deren Komparation, Namen der Wochentage und der Monate, Rechtsbegriffe sowie einige Verben und deren Flexion. Die Kenntnis der Wortschätze anderer Domänen war sicherlich von Nutzen, insbesondere wenn sie Bezug zum Handel hatten, etwa das Transportwesen, die Nahrungsmittel, das Finden einer Unterkunft, religiöse Begriffe usw. (ebd., 88)

      3 Lexis im berufsbezogenen Kontext: Eine hybride Methode des Mittelalters

      Betrachten wir diese funktionalen, pragmatischen Vokabelkenntnisse im Mittelalter kurz genauer und konsultieren dabei eine historische Quelle, die bisher in Didaktikerkreisen kaum bekannt ist. Interessanter Weise passt sie nicht so recht in das Bild des Primats der Grammatik-Übersetzungsmethode in mönchischen Lebenswelten. Sie spiegelt vielmehr als hybrid zu bezeichnende, dialogbestimmte Praktiken in englischen Klöstern des Mittelalters. Es handelt sich um das Lernkompendium des angelsächsischen Mönchs Ælfric (ca. 955-1020). Der Verfasser von Homilien und Heiligenviten war zugleich der Autor einer kleinen Lernfibel, welche als lateinisches Colloquium und altenglisches Colloquy überliefert ist. Präsentiert wird eine typisierte und idealisierte Lehr-Lernsituation, in welcher der unterrichtende Magister seine Schüler, die Mönche, dazu bringt, in die Persona des jeweiligen Berufsvertreters zu schlüpfen. In einem lateinischen Übungsgespräch üben die Lernenden die für das jeweilige Berufsfeld typischen Vokabelfelder ein, unter anderem als Hirte, Weber, Salzsieder, Fischer, Jäger, Schmied und Kaufmann (lateinisch mercator/altenglisch mancgere). Auch wenn Ælfrics Colloquy bisweilen als realitätsgetreue Abbildung der Stände des englischen Hochmittelalters verstanden wurde, geht es in diesem Lateinübungsbüchlein eher um eine interessante Mischung aus dem Vorlesen und freien Vorsprechen auswendig gelernter Dialoge einerseits, andererseits dem Einüben berufstypischer Sprechakte und sogar von Spezialvokabular der jeweiligen Profession. Der folgende Auszug aus dem Colloquy gibt den gesamten Musterdialog zwischen dem fragenden Mönch und dem antwortenden Kaufmann als Rollendialog wieder. Die Passage wird der Einfachheit halber in der deutschen Übersetzung zitiert (im Original im Lateinischen und Altenglischen, Ælfric1940, 138/141):

      Was sagst du, Kaufmann? – Ich sage, daß ich dem König, den Adeligen, den Reiche und dem ganzen Volk nützlich bin. – Auf welche Weise? – Ich begebe mich auf ein Schiff und segle mit meinen Waren über das Meer in ferne Länder und tausche meine Waren gegen Kostbarkeiten, die es hierzulande nicht gibt. Ich bringe sie unter großer Gefahr zurück und erleide mitunter Schiffbruch; dann verliere ich all meine Habe und rette kaum das nackte Leben. – Welche Dinge bringst du uns? – Purpurne und seidene Stoffe und Gewänder, Edelsteine und Gold, Wohlgerüche, Wein und Öl, Elfenbein und Kupfer, Erz und Zinn, Schwefel und Glas und eine Menge andere Sachen. – Verkaufst du diese Dinge zu dem Preis, zu dem du sie gekauft hast? – Nein. Was brächten mir dann meine Mühen ein? Ich verkaufe teurer, als ich selber gekauft habe, um einen gewissen Gewinn zu erzielen und um meine Frau und meine Kinder ernähren zu können.

      Wenngleich die Musterdialoge in der lingua franca des Mittelalters, dem Lateinischen, aus heutiger Sicht eher schematisch wirken, deuten sie doch an, dass auch in Klöstern und Gelehrtenrunden nicht allein die Grammatik-Übersetzungsmethode vorherrschte. Mit zunehmender Bedeutung des Handelswesens und der wachsenden Kulturkontakte sowie der Genese europäischer Nationalstaaten am Ende des Mittelalters und in der frühen Neuzeit wuchs zugleich die Kritik an weltfremden Vermittlungstechniken von Fremdsprachen.

      4 Richtungsweisende Stimmen der Renaissance und frühen Neuzeit

      Beispielhaft sei die Kritik des tschechischen Gelehrten Johann Amos Comenius (1592-1670) genannt. Er beklagte die Ineffektivität der Grammatik-Übersetzungsmethode mit Bezug auf das Fremdsprachenlernen, verlangte motivierendere Lehrbücher und Lerninhalte und verfolgte den Gedanken der Lernprogression vom Einfachen zum Komplexen. Er betonte die Notwendigkeit ganzheitlichen Lernens gerade bei der Vermittlung von Lexis in bedeutungstragenden Kontexten sowie die Verwendung von altersgemäßen Themen, Bildern und Geschichten in didaktisch strukturierten Lehrbüchern. Berühmt wurde sein Bonmot zur Bildung, welches er direkt auf das monotone Auswendiglernen von Vokabellisten münzte: „Wir bilden Menschen, nicht Papageien.“ (Comenius 1971 [1642], 129)

      Daraus folgt, daß die Wörter nicht unabhängig von den Sachen gelernt werden sollen, da die Sachen abgesondert weder existieren noch verstanden werden können, sondern nur in ihrer Verbindung (mit den Wörtern) hier und dort vorkommen, dies und jenes bewirken. (ebd.)

      Comenius erstrebte eine Verbindung von systematischer Fremdspracheninstruktion mit lebensweltbezogener Kommunikationsfähigkeit, für welche er sogar immersive Auslandsaufenthalte empfahl (Musumeci 2011, 54 ff.).

      In engem Zusammenhang mit den fortschrittlichen Ideen Comenius‘ sind die Gedanken des einflussreichen britischen Philosophen John Locke (1632-1704) zu nennen. Zwar betonte dieser in seinem Bildungspamphlet Some Thoughts Concerning Education (1693) in aufklärerischer Manier die Bedeutung der kognitiven Grammatik-Übersetzungsmethode für Lernexerzitien mit Bezug auf die griechischen und lateinischen Klassiker. Zugleich riet er aber zu einem frühen Beginn beim Erlernen von Fremdsprachen (für Locke speziell des Französischen, der ‚Modesprache‘ des 17. und 18. Jahrhunderts). Basierend auf der Erkenntnis, dass Fremdsprachenlernen am effizientesten in Imitation der Erwerbsprozesse der Muttersprache geschieht sowie angesichts der Praxisdefizite institutionalisierten Fremdsprachenerwerbs empfahl Locke immersive Programme und Gespräche in der Zielsprache mit Muttersprachlern. Tutoren und Gouvernanten sollten Lehrmethoden verwenden, die im Wesentlichen eher auf spielerischen Vermittlungsmethoden als auf monotonen ‚Nachplappermethoden‘ beruhen. Lockes Vorstellungen zum spielerischen Habitualisieren von Skills sowie zu modellartiger Präsentation von praxisnahen Sprechakten konnten wesentlich die deutsche Reformbewegung unter Viëtor sowie den Behaviorismus beeinflussen.

      5 Die These einer ‚weiblichen Tradition‘ des Fremdsprachenerwerbs durch Konversation im 19. Jahrhundert

      Bei genauerem Lesen der Aussagen des englischen Philosophen zum Fremdsprachenlernen fällt auf, wie Locke tendenziell Geschlechterunterschiede bei den Inhalten sowie der Methode markiert (vgl. Locke 1963, §168). Die Arbeit mit den altsprachlichen Klassikern empfiehlt er zur Schärfung des Geistes und zur Bildung nach wie vor seinen männlichen Lernern, preist aber zugleich das Erlernen der modernen Fremdsprachen mit der für ihn eher weiblich konnotierten Methode der Konversation. Er drückt damit stellvertretend ein Verständnis des Fremdsprachenlernens aus, welches beispielsweise in der Studie von Sabine Doff zum Fremdsprachenerwerb im Deutschland des 19. Jahrhunderts anhand von Dokumenten des wilhelminischen Zeitalters eingehend diskutiert wird (Doff 2002).

      Doff beschreibt detailliert, wie sich in dieser Epoche Gendervorstellungen mit Bezug auf das Fremdsprachenlernen verhärteten. Paradigmatische Bedeutung erhält hier ein Originalzitat, demzufolge sich die logisch und analytisch strukturierten alten Sprachen „mehr für den männlichen Geist [eignen], die neueren entsprechen mehr der Eigenart des weiblichen Geistes“ (ebd.,


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