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Sinclair Lewis: Die großen Romane . Sinclair LewisЧитать онлайн книгу.

Sinclair Lewis: Die großen Romane  - Sinclair Lewis


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bin ja nicht recht gewohnt, barfuß bei Gesellschaften zu sein, aber von mir aus!« Mit einem Ruf und einem mutigen Ruck zog Ezra seine Gummizugstiefeletten herunter.

      Die anderen lachten und folgten nach.

      Als die Schafe eingepfercht waren, krochen die ängstlichen Wölfe im Dunkeln in das Wohnzimmer, kreischten, hielten an, aus ihrer gewohnten Sicherheit herausgeworfen, weil sie durch ein Nichts auf einen wartenden Feind losgehen sollten, einen rätselhaften Feind, der sich ausdehnte und immer bedrohlicher wurde. Die Wölfe strengten die Augen an, um etwas zu erkennen, sie berührten vorübergleitende Arme, die zu keinem Körper zu gehören schienen, sie zitterten in wahnsinniger Furcht. Die Wirklichkeit war verschwunden. Plötzlich wurde ein gellender Schrei laut, dann Juanita Haydocks hohes Kichern, schließlich hörte man Guy Pollock erstaunt rufen: »Autsch! Lassen Sie los! Sie skalpieren mich ja!«

      Frau Luke Dawson galoppierte auf steifen Händen und Knien in die Sicherheit des erleuchteten Vorzimmers zurück und stöhnte: »Ich muß sagen, so durcheinander war ich noch nie in meinem Leben!« Aber ihre Gemessenheit war aus ihr herausgeschüttelt, und entzückt rief sie immer weiter: »In meinem ganzen Leben noch nicht«, während sie zuschaute, wie die Wohnzimmertür von unsichtbaren Händen geöffnet und Schuhe hinausgeschleudert wurden, während sie aus dem Dunkel hinter der Tür kreischen, stoßen und rufen hörte: »Da sind eine Menge Schuhe. Kommt her, Wölfe. Au! Lassen Sie doch, ja!«

      Als Carola plötzlich im kämpfenden Wohnzimmer Licht machte, saß die halbe Gesellschaft hinten an der Wand, an die sie sich während des Gefechts schlau zurückgezogen hatte, aber mitten auf dem Fußboden rang Kennicott mit Harry Haydock. Ihre Kragen waren abgerissen, das Haar fiel ihnen über die Augen; und der höchst verständige und weise Herr Julius Flickerbaugh zog sich von Juanita Haydock zurück, an einem ungewohnten Lachen würgend. Guy Pollock hing die bescheidene braune Krawatte am Rücken herunter. Die Batistbluse der jungen Rita Simons hatte zwei Knöpfe eingebüßt und zeigte mehr von ihrer rundlichen Schulter, als in Gopher Prairie für züchtig gehalten wurde. Ob aus Empörung, Widerwillen, Kampfesfreude oder infolge der Bewegung, alle waren von ihren Jahren gesellschaftlicher Würde befreit. George Edwin Mott kicherte, Luke Dawson zupfte an seinem Bart; Frau Clark sagte immer wieder: »Ich hab' auch mitgemacht, Sam – ich hab' einen Schuh erwischt – ich hätt' nie gedacht, daß ich so schrecklich raufen kann!«

      Carola war überzeugt davon, daß sie eine große Reformatorin sei.

      Sie hatte Kämme, Spiegel, Bürsten, Nadel und Zwirn in Bereitschaft. Sie erlaubte ihren Gästen, sich wieder in den göttlich anständigen Zustand der Zugeknöpftheit zurückzubegeben.

      Die grinsende Bea brachte einen Haufen weicher, dicker Papierbogen herunter, die mit blauen, roten und grauen Lotosblüten, Drachen, Affen bemalt waren, und mit purpurroten Vögeln, die in den Tälern des Landes ›Nirgendwo‹ zwischen meergrünen Bäumen umherflogen.

      »Das«, verkündete Carola, »sind richtige chinesische Maskenkostüme. Ich habe sie aus einem Importgeschäft in Minneapolis. Die sollen Sie jetzt über Ihre Kleider anziehen, und vergessen Sie, bitte, daß Sie aus Minnesota sind, verwandeln Sie sich in Mandarine und Kulis und Samurais (so heißt's doch, nicht?), und was Sie sich sonst noch ausdenken können.«

      Während man schüchtern mit den Papierkostümen raschelte, verschwand sie. Zehn Minuten später blickte sie von der Treppe auf grotesk derbe Yankeeköpfe über orientalischen Gewändern hinunter und rief ihnen zu: »Die Prinzessin Winky Poo begrüßt ihren Hof!«

      Als sie zu ihr hinaufschauten, sah sie, daß alle sie bewunderten. Die Gäste erblickten eine zierliche Gestalt in Hosen und einem mit Gold eingefaßten grünen Brokatrock; mit hohem Goldkragen unter stolzem Kinn; schwarzes Haar, in dem Jadesteinnadeln staken; eine weiche Pfauenfeder in der ausgestreckten Hand; alle Augen blickten empor wie zu einer Pagodenvision. Als sie ihre Pose fallen ließ und hinunterlächelte, entdeckte sie Kennicott, den vor Hausherrenstolz fast der Schlag rührte, und den grauen Guy Pollock, der flehend hinaufstarrte. Eine Sekunde lang sah sie in der ganzen roten und braunen Masse von Gesichtern nichts als den Hunger dieser beiden Männer.

      Sie schüttelte den Bann ab und lief hinunter. »Jetzt wollen wir ein richtiges chinesisches Konzert machen. Die Herren Pollock, Kennicott und, ja, Stowbody sind Trommler. Wir anderen singen und spielen Querpfeife.«

      Die Querpfeifen waren Kämme mit Seidenpapier, die Trommeln bestanden aus Taburetts und dem Nähtisch. Loren Wheeler, der Herausgeber des »Unverzagten«, dirigierte mit einem Lineal und ohne jeden Sinn für Rhythmus. Die Musik erinnerte an die Tam-tams, die man vor Wahrsagerzelten oder auf dem Minnesota-Jahrmarkt gehört hatte, aber die ganze Gesellschaft stampfte, schnaufte, winselte ihren Singsang und sah hingerissen aus.

      Bevor sie des Konzertes ganz müde waren, führte Carola sie in einer Polonaise ins Eßzimmer, zu blauen Schalen mit Chow Mein, mit Litschi-Nüssen und eingezuckertem Ingwer.

      Niemand außer dem großstädtischen Lebemann Harry Haydock hatte bisher von anderen chinesischen Gerichten als Fleisch-Sui gehört; mit angenehmen Zweifeln wagte man sich durch die Bambusschößlinge zu den goldgelben, gebackenen Nudeln des Chow Mein vor; Dave Dyer lieferte mit Nat Hicks einen nicht sehr komischen chinesischen Tanz; und man lärmte und war zufrieden.

      Carola ließ sich ein wenig gehen und merkte, daß sie empörend müde war. Sie hatte alles auf ihren schwachen Schultern getragen. Sie konnte nicht mehr weiter. Sie sehnte sich nach ihrem Vater, der bei solchen Gelegenheiten ein Künstler gewesen war. Sie dachte daran, eine Zigarette zu rauchen, um die Leute zu entsetzen, und ließ den furchtbaren Gedanken fallen, bevor sie ihn noch ganz zu Ende gedacht hatte. Sie war neugierig, ob man die Leute dazu bringen könnte, nur fünf Minuten lang von etwas anderem zu reden als dem Winterverdeck von Knute Stamquists Ford, oder der Bemerkung, die Al Tingley über seine Schwiegermutter gemacht hatte. Sie seufzte: »Ach, lassen wir sie in Frieden. Ich hab' genug gemacht.«

      Sie schlug ihre behosten Beine übereinander und kuschelte sich behaglich über ihrem Tellerchen Ingwer zusammen; sie fing Pollocks still gratulierendes Lächeln auf und belobte sich dafür, daß sie den bleichen Anwalt ein wenig aufgemuntert hatte; sie bereute den ketzerischen Gedanken, daß außer ihrem Gatten noch ein anderes männliches Wesen existiere; sie sprang auf, suchte Kennicott und flüsterte ihm zu: »Glücklich, mein Herr und Gebieter? Nein, es hat nicht viel gekostet!«

      »Die schönste Gesellschaft, die es bis jetzt hier gegeben hat, nur – schlag deine Beine in dem Kostüm nicht übereinander. Man sieht deine Knie zu deutlich.«

      Sie ärgerte sich. Seine Plumpheit verdroß sie. Sie ging zu Guy Pollock und sprach mit ihm über chinesische Religion – nicht, daß sie auch nur das geringste von chinesischer Religion wußte, aber er hatte ein Buch darüber gelesen, wie er an einsamen Abenden in seinem Büro überhaupt mindestens ein Buch über jeden Gegenstand gelesen hatte. Guys kümmerliche Reife wurde in ihrer Phantasie zu farbiger Jugend; sie durchstreiften eine Insel im Gelben Meer des Geplauders, bis sie merkte, daß die Gäste mit jenem Husten begannen, der in allen Sprachen bedeutet, daß man nach Hause und schlafen gehen will.

      Während man ihr versicherte, es sei »die netteste Gesellschaft von der Welt gewesen – weiß Gott! so gescheit und originell«, lächelte sie herzzerreißend, drückte Hände, machte viele passende Bemerkungen über Kinder, sagte, man solle sich nur warm einwickeln, sprach über Raymies Gesang und Juanita Haydocks Beherztheit bei Spielen. Dann wandte sie sich müde um und fand Kennicott in einem Haus voller Stille, Krümchen und Fetzchen von chinesischen Kostümen.

      Er rief: »Ich sag' dir, Carrie, du bist wirklich ein Prachtkerl, und wahrscheinlich hast du auch recht damit, daß die Leute aufgeweckt werden müssen. Jetzt, wo du ihnen gezeigt hast, wie man so was macht, werden sie nicht mehr ihre alten Gesellschaften mit den ›Nummern‹ und den ganzen Sachen geben. Nein! Rühr' nichts an! Du hast genug getan. Geh hinauf ins Bett, ich räum' schon auf.«

      Seine klugen Arzthände streichelten ihr über die Schulter, ihr Ärger über seine Plumpheit war vergessen.

      5

      Aus der Wochenschrift »Der Unverzagte«:


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