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Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.

Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen - Ludwig Bechstein


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Gottesjünger

       trank nie Wein, während unsere Schenken viel trinken,

       aber Petrus kann doch nicht Koch im Himmel

       sein, da er des Himmels Pförtner ist. Doch sage an,

       welche Ehren dir im Himmel zuteil wurden? Welche

       Speise, welchen Trank ließ der Herr des Himmels dir

       reichen? An welchem Ort hast du gesessen? – Ich vermaß

       mich nicht, mich unter die seligen Himmelsgäste

       zu setzen, erwiderte der Lügner, sondern ich hielt

       mich heimlich in einem Winkel der Küche und nahm

       ein Leberlein oder Stückchen Lunge, das aß ich ungesehen.

       So hast du gestohlen in dem Himmel und

       konntest an dem heiligen Ort von deiner Art nicht lassen!

       rief der Bischof, und der Himmel sendet dich

       uns, daß wir dich dafür strafen. Ließ alsobald den

       Lügner an den Schandpfahl binden und mit Ruten

       stäupen, dann aber gehen, wohin er wollte.

       Erzbischof Willigis war ein gelehrter und frommer

       Mann und von Herzen demütig. Er war von niederer

       und geringer Herkunft, sein Vater war ein armer Rademacher.

       Das machte ihm Neid bei den adeligen

       Domherren, die ihre Ahnenproben ablegen mußten

       und beschwören, die malten ihm heimlich Räder an

       die Türen und Wände seines Bischofhofes, zu

       Schmach und Schimpf, und spotteten: Das ist unsers

       Bischofs Ahnenwappen. Willigis aber, der fromme

       Mann, nahm sich das mitnichten als eines Spottes an,

       er ließ über seiner Bettstätte ein hölzernes Pflugrad

       aufhängen und in seine Gemächer weiße Räder in rote

       Wappenfelder malen und dazu einen Reim setzen, der

       lautete: Willigis, Willigis, denk, woher du kommen

       sis. Und nachher haben dem frommen Willigis zum

       Gedächtnis alle nach ihm kommenden Erzbischöfe

       dieses Rad als Wappenzeichen beibehalten, und Stadt

       und Bistum Mainz haben es angenommen und beibehalten

       bis auf den heutigen Tag.

       64. Die heiligen Kreuze zu Mainz

       Zu Mainz hat eine schöne Kirche in der frühern Zeit

       den Namen Zu Unsrer Lieben Frauen im Felde geführt,

       das Volk aber nennt sie Heiligkreuz. Ein Schiff

       kam gefahren mit Männern und Frauen, die sahen in

       der Luft ein schimmerndes Kreuz schweben, das

       ihrem Schiffe nachzog und an seinen Mast sich heftete.

       Nahe der alten Schiffbrücke beim Holztor legte

       das Schiff an, und siehe, da war das schimmernde

       Kreuz kein Luftgebilde, sondern ein ehernes kunstvolles

       Kruzifix von wundersamer Meisterarbeit. Um nun

       dessen Bestimmung zu erkunden, wurde es zwei ungejochten

       und ungeschirrten Ochsen auf den Rücken

       gelegt, und diese ließ man ohne Leitung und Führung

       gehen, und da trugen sie das Kreuz auf den

       Hechtsheimer Berg, dort ward eine Kirche erbaut und

       das Wundergebilde darinnen zur Verehrung aufgestellt.

       Viele Kranke sind genesen, die vor dem Kreuze

       in Andacht knieten, bis die Kirche mit mehreren anderen

       in Flammen aufging, als Markgraf Albrecht von

       Brandenburg 1552 die Stadt Mainz einnahm. Zwischen

       dem Holz- und Bockstor aber ward noch lange

       Zeit ein Gemälde gesehen, davon noch heute Spuren

       zu entdecken sind, darstellend ein Kreuz, hangend an

       den Segeln eines stromaufwärts fahrenden Schiffes.

       Zwischen der Kirche zum Heiligen Kreuz und St.

       Alban stand vorzeiten eine offene Kapelle, darinnen

       war ein hölzern Kruzifix, darunter Maria und Johannes,

       zur Verehrung der Gläubigen aufgestellt. Nun

       lebte zu Mainz ein Bürger, des Name war Schelkropf,

       ein Spieler und Trunkenbold, der wenig aus dem

       Wirtshaus zur Blume kam, das in der ehemaligen

       Vorstadt Vilzbach stand. Eines Tages hatte er alles,

       was er besaß, verspielt und vertrunken und verwünschte

       in seinem wilden Rausche sich, Gott und

       alle Heiligen und schwur, mit seinem Schwerte das

       erste beste heilige Bild, auf das er stoße, mitten voneinander

       zu hauen. So taumelte er durchs Feld, und

       kam an die offene Kapelle, und rannte auf die hölzernen

       Bilder an, und stach und hieb. Und siehe, da

       sprangen ihm aus den leblosen Bildern, zumal aus

       dem Kruzifix, Ströme Blutes entgegen. Entsetzt stand

       er und sinnverwirrt, das Schwert entfiel seiner Hand,

       und so ward er gefunden und gefangen. Fromme

       Hände fingen in Schalen das rinnende Blut auf. Schelkropf

       wurde für seinen unerhörten Frevel lebendig

       verbrannt, das wundertätige Christusbild aber und das

       heilige Blut brachte man in die nahe Kirche. Als diese

       in Flammen aufging, blieb dieses heilige Kreuzbild

       verschont und ward gerettet, und noch heute wird es

       den Gläubigen in der St. Christophskirche zu Mainz

       gezeigt.

       65. Heinrich Frauenlobs Begängnis

       Es war in deutschen Lande ein Minnesänger, der sang

       viel süße Weisen zum Lobe der Frauen, vor allen zum

       Preise von aller Frauen Krone, deshalb gewann er

       auch den Namen Frauenlob, denn sein rechter Name

       war Meister Heinrich von Meißen. Viele Reisen

       machte der Sänger von einem deutschen Hofe zum andern,

       er sang irdische und sang Gottesminne. Zu Rostock

       war Markgraf Waldemar von Brandenburg gesessen,

       der hatte einen Rosengarten, und ließ ein Festsingen

       halten, da war Meister Heinrich der erste Singer.

       Einstmals lauerten Feinde ihm auf und umringten

       ihn mit Dräuen, sie wollten ihn töten. Da bat er, sie

       sollten ihm noch einen Sang zum letzten vergönnen,

       und als sie das taten, sang er so rührend zum Preise

       der himmlischen Frauen, daß jede gehobene Waffe

       sich senkte und die Feinde ihn ungehemmt und ungeschädigt

       von dannen ziehen ließen. Auf seinen Sangesfahrten

       kam Meister Heinrich auch nach Mainz

       und verstarb allda und wurde begraben


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