Von Bagdad nach Stambul - 400 Seiten. Karl MayЧитать онлайн книгу.
sich mit den Obeïde und Beni-Lam verbündet hatten,
um alle Stämme zwischen dem Tigris und Thathar die Spitzen
ihrer Speere fühlen zu lassen. Nun waren die Schammar zwar mit
dem einen Ferkah der Obeïde, dessen Scheik Eslah el Mahem
war, befreundet, aber dieser Mann konnte seine Gesinnung
geändert haben, und von den andern Ferkah wußte Mohammed
Emin genau, daß sie den Haddedihn feindlich gesinnt seien. Unter
diesen Umständen war es am geratensten, unsere Richtung zuerst
nach Sulimania zu nehmen und uns dann weiter zu entscheiden.
Hatten wir Amad el Ghandur befreit und glücklich bis hierher
gebracht, so wollten wir nun lieber einen Umweg einschlagen, als
uns wieder in neue Gefahren begeben.
So gelangten wir nach längerer Zeit und mancherlei
Anstrengungen und Entbehrungen glücklich an das nördliche
Zagrosgebirge.
Es war Abend, und wir lagerten am Rande eines
Tschimarwaldes (Orientalische Platane.). Ueber uns wölbte sich
ein Firmament, dessen Glanz nur in diesen Gegenden in solcher
ein Firmament, dessen Glanz nur in diesen Gegenden in solcher
Reinheit und Kraft zu beobachten ist. Wir befanden uns in der
Nähe der persischen Grenze, und die Luft Persiens ist ja wegen
ihrer Klarheit berühmt. Das Licht der Sterne war so stark, daß
ich, trotzdem der Mond weder im Kalender noch am Himmel
stand, die Zeiger meiner Taschenuhr auf drei Schritte Entfernung
ganz deutlich erkennen konnte. Lesen hätte ich, selbst bei kleiner
Schrift, ganz gut vermocht. Die Strahlen des Jupiter waren so
hell, daß seine Trabanten selbst dann mit einem Fernrohre mit
ausgeschraubten Gläsern wohl schwerlich zu entdecken gewesen
wären, wenn man den Körper des Planeten mit dem Rande des
Rohres zu bedecken versucht hätte. Sogar teleskopische
Gestirne kamen zum Vorscheine. Der siebente Stern des
Siebengestirns war ohne bedeutende Anstrengung des Auges zu
erkennen. Die Klarheit eines solchen Firmamentes macht einen
tiefen Eindruck auf das Gemüt, und ich lernte einsehen, warum
Persien die Heimat der Astrologie ist, dieser unfrei geborenen
Mutter der edlen Tochter, welche uns die leuchtenden Welten
des Himmels kennen lehrt.
Unsere Lage ließ uns vorziehen, im Freien zu übernachten. Wir
hatten uns im Laufe des Tages von einem Hirten ein Lamm
gekauft und brannten uns jetzt ein Feuer an, um das Lamm gleich
in der Haut zu braten, nachdem wir es ausgenommen und mit
dem Messer geschoren hatten.
Unsere Pferde grasten in der Nähe. Sie waren in der letzten Zeit
ganz ungewöhnlich angestrengt worden, und es wäre ihnen eine
ganz ungewöhnlich angestrengt worden, und es wäre ihnen eine
mehrtägige Ruhe zu gönnen gewesen, was sich leider aber nicht
ermöglichen ließ.
Wir selbst befanden uns alle wohl, mit Ausnahme eines Einzigen.
Dies war Sir David, welcher unter einem großen Aerger zu
leiden hatte.
Er war nämlich vor einigen Tagen von einem Fieber befallen
worden, welches ungefähr vierundzwanzig Stunden lang anhielt.
Dann war es wieder verschwunden, aber mit diesem
Verschwinden hatte sich bei ihm jenes schaudervolle Geschenk
des Orientes entwickelt, welches der Lateiner Febris Aleppensis,
der Franzose aber Mal d'Aleppo oder Bouton d'Alep nennt.
Diese "Aleppobeule", welche nicht nur Menschen, sondern auch
gewisse Tiere z¨B¨ Hunde und Katzen heimsucht, wird stets von
einem kurzen Fieber eingeleitet, nach welchem sich entweder im
Gesicht oder auch auf der Brust, an den Armen und Beinen eine
große Beule bildet, welche unter Aus- sickern [Aussickern] einer
Feuchtigkeit fast ein ganzes Jahr steht und beim Verschwinden
eine tiefe, nie wieder verschwindende Narbe hinterläßt. Der
Name dieser Beule ist übrigens nicht zutreffend, da die Krankheit
nicht nur in Aleppo, sondern auch in der Gegend von Antiochia,
Mossul, Diarbekr, Bagdad und in einigen Gegenden Persiens
auftritt.
Ich hatte diese verunstaltende Beule schon öfters gesehen, noch
niemals aber in der ungewöhnlichen Größe wie bei unserm
niemals aber in der ungewöhnlichen Größe wie bei unserm
[Illustration Nr. 1] guten Master Lindsay. Nicht genug, daß bei
ihm die außerordentliche Anschwellung im dunkelsten Rot
erglänzte, war sie auch so impertinent gewesen, sich just die
Nase zu ihrem Sitze auszuwählen - diese arme Nase, welche so
schon an einer ganz abnormen Dimension zu leiden hatte. Unser
Englishman trug das Uebel nicht etwa mit Ergebenheit, wie es
seine Pflicht als Gentleman und Vertreter der very great and
excellent nation gewesen wäre, sondern er verriet einen Aerger
und eine Ungeduld, deren Ausbrüche oft das Zwerchfell der
Zuhörer in Mitleidenschaft zog.
Auch jetzt saß er am Feuer und befühlte fortwährend mit beiden
Händen die unverschämte Pustel.
"Master!" sagte er zu mir. "Hersehen!"
"Wohin?"
"Hm! Dumme Frage! Auf mein Gesicht natürlich! Yes! Ist wieder
gewachsen?"
"Was? Wer?"
"'s death! Diese Beule hier! Viel gewachsen?"
"Sehr! Sieht grad wie eine Gurke aus."
"All devils! Schauderhaft! Entsetzlich! Yes!"
"All devils! Schauderhaft! Entsetzlich! Yes!"
"Vielleicht wird's mit der Zeit ein Fowling-bull, Sir!"
"Wollt Ihr eine Ohrfeige haben, Master? Stehe sofort zu
Diensten! Wollte, Ihr selbst hättet dieses armselige Swelling (*
Englisch: Geschwulst.) auf Eurer Nase!"
"Habt Ihr Schmerzen?"
"Nein."
"So seid froh!"
"Froh? Zounds! Wie kann ich froh sein, wenn die Leute denken,
meine Nase hätte die Snuff-box gleich mit auf die Welt gebracht!
Wie lange werde ich dieses Ding haben?"
"Ziemlich ein Jahr, Sir!"
Er machte ein Paar Augen, daß ich vor Schreck beinahe