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Alles in Blut. Ole R. BörgdahlЧитать онлайн книгу.

Alles in Blut - Ole R. Börgdahl


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Ich bin dort auf Ihren Namen gestoßen. Ihr Eintrag hat mich interessiert und veranlasst, Sie zurate zu ziehen, oder sind Sie der Falsche Tillman Halls?«

      Jetzt dämmerte es mir, die Sache war mir ganz entfallen. »Ich bin der Richtige«, bestätigte ich Bruckner zunächst einmal, bevor ich begann, ihn zu enttäuschen. »Es stimmt, ich habe mich dort mal eintragen lassen, als ich vor drei Jahren von Amerika hierhergezogen bin. Ich weiß auch nicht, warum ich es gemacht habe. Vielleicht konnte ich damals noch nicht gleich loslassen. Das hat sich jetzt aber geändert, eigentlich stehe ich nicht mehr zur Verfügung und außerdem hat sich in den ganzen drei Jahren nie jemand bei mir gemeldet. Niemand, Sie sind der Erste, wirklich.« Ich griff in meine Jacketttasche. »Warten Sie.« Ich holte mein Smartphone hervor und aktivierte die Diktierfunktion. »Einen Moment!« Ich startete die Aufnahme und hielt mir das Smartphone vor den Mund. »Memo! Eintrag in E-S-P-E löschen lassen, sofort, dringend!«

      Ich lächelte Bruckner an. »Feine Sache, was? Und so praktisch für unterwegs, man darf nur nicht vergessen, die Memos später auch abzuhören.«

      Bruckner schien nicht beeindruckt zu sein. »Aber Sie haben in Amerika als Profiler gearbeitet, das stimmt doch?«

      Ich nickte. Ja, ich musste es zugeben, ich hatte alles in diese Datenbank eingegeben, alles. Meine Zeit in New York, eine schöne Zeit. Die drei Jahre in Quantico, für mich eine Erfahrung und genau diese Erfahrung war es, auf die es dieser Bruckner anscheinend abgesehen hatte.

      »Waren Sie bei der Polizei oder beim FBI?«

      Bruckners zweite Frage konnte ich nicht so lässig beantworten. Ich war ja auch selbst schuld. Als ich nach Hamburg kam, hatte ich irgendwie gehofft, meinen alten Beruf nicht ganz so aufgeben zu müssen. Doch dann hatte ich Arbeit, sehr viel Arbeit. Evas Vater ging es damals nicht gut und so bin ich eingestiegen und mit der Zeit hat es mir auch richtig Freude gemacht. Ich taugte zu dem Job. Wir haben gut verdient, und nachdem Gustav wieder voll da war, blieb nicht mehr alles an mir hängen. Eigentlich war dieser Bruckner zu spät gekommen, dachte ich.

      »N-Y-P-D«, antwortete ich auf seine Frage, »aber ich war meistens abgestellt, habe viel mit den Agents vom Federal Bureau of Investigation zusammengearbeitet und dann haben sie mich nach Quantico eingeladen.«

      »Die FBI Academy?«

      »Ganz richtig Quantico, auf der dortigen Militärbasis. Waren Sie schon einmal in Virginia?«

      Jetzt hatte ich eine Frage gestellt, eine sinnlose Frage. Bruckner schüttelte den Kopf.

      »Ich war noch nie in den Staaten. New York würde mich mal interessieren.«

      Ich nickte. »New York kann toll sein. Quantico ist nicht so toll. Wir haben damals in Fredericksburg gewohnt, das ist noch weniger toll, tiefste Provinz. Gut, wenn man den ganzen Tag arbeitet, dann geht es, aber für meine Frau war es schwer, sie ist ohnehin nie ganz zur Amerikanerin geworden und da kann die Provinz schrecklich sein. Wenn wir damals in New York geblieben wären, dann wäre ich vielleicht heute nicht hier in Hamburg.«

      »Und in Quantico hat es Ihrer Frau nicht gefallen?«, fragte Bruckner.

      »Fredericksburg, wir hatten ein schönes Haus in Fredericksburg. Nach Quantico bin ich nur morgens hingefahren und abends wieder zurück nach Fredericksburg. Quantico, das ist nur Militär und Academy und ein Haufen Marines.«

      »Und Sie haben an der Academy unterrichtet?«

      »Crime Scene Investigation, Criminal Profiling, ich habe meine Erfahrungen weitergegen, aufgepeppt mit ein bisschen Psychologie und angewandter Wissenschaft. Ich habe mal ein paar Semester Physik studiert. Für den Nobelpreis hat es nicht gereicht und da bin ich eben zum New York City Police Department gegangen.«

      Bruckner nickte anerkennend, obwohl ich ihn gar nicht beeindrucken wollte.

      »Ich bin auch Profiler«, sagte er nach kurzem Zögern. »Hier bei der deutschen Polizei nennt es sich aber Fallanalytiker, Operative Fallanalyse. Obwohl es einen deutschen Namen hat, kommt alles aus den Staaten, aber ich glaube, das wissen Sie besser als ich.«

      Jetzt musste ich aufpassen, nicht zu weit zu gehen. Es war wichtig, eine Grenze zu ziehen und zu sehen, was Bruckner unternahm. Meine nächsten Worte waren wohl überlegt.

      »Herr Kommissar, ich will nicht unhöflich sein, aber wenn ich ehrlich bin, dann ist es mir nicht sehr genehm.«

      Das hatte gesessen. Bruckner war überrascht. Er fuhr sich wieder mit Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken. Er brauchte einige Sekunden für eine Antwort.

      »Entschuldigung, ich dachte ...« Er räusperte sich. »Ich konnte am Telefon nicht so deutlich werden ...« Er stockte, überlegte kurz, dann wurde seine Stimme wieder fester. »Ich kann auch gehen, so ist das nicht. Ich hatte nur gedacht, es würde Sie vielleicht interessieren und Sie würden mir, also Sie würden der deutschen Polizei gerne helfen, ich meine, Sie waren doch selbst einmal ...« Bruckner beendete den Satz nicht, sondern strich mit der flachen Hand über den Umschlag, ohne ihn vom Tisch aufzunehmen.

      »Nein!« Ich schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, dass Sie sich Hoffnung gemacht haben?«

      »Aber am Telefon ...«

      Ich merkte, dass Bruckner sich bremsen musste, um nicht ärgerlich zu klingen. Es war ihm bewusst, dass er etwas von mir wollte und es war nicht nett von mir, ihn so hinzuhalten. Dann aber lächelte er.

      »Warum sind Sie eigentlich nicht bei der Polizei geblieben, ich meine bei Ihrer Karriere? Sie hätten doch wieder nach New York gehen können.«

      Jetzt versuchte er es auf diese Weise. Ich hatte ihm schon zu viel erzählt, er durchschaute mich. Er spürte, dass da etwas war. Ich wollte natürlich sehen, was er aus der Situation machte.

      »Sie wissen anscheinend gut über mich Bescheid«, warf ich ein.

      »Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, entgegnete er sofort.

      Er wagte sich jetzt etwas vor. Er spürte irgendwie, dass mein Widerstand nur gespielt war. Ich lehnte mich erst einmal in meinen Sessel zurück und schwieg noch einige Sekunden, bis ich schließlich antwortete.

      »Sie sind also an meiner Lebensgeschichte interessiert?«

      Bruckner zuckte mit den Schultern. »Ich habe in der ESPE nach einem Experten gesucht und da hat das Programm Ihren Namen ausgespuckt.«

      »Nur meinen Namen?«, entgegnete ich. »Es muss doch hier in Hamburg auch andere Experten geben.«

      »Mag sein, aber die anderen haben mich nicht interessiert.« Bruckner hielt kurz inne, sein Blick veränderte sich. »Sie haben Dinge gesehen, die wir normalerweise nicht zu sehen bekommen. Ich würde eine Menge dafür geben, Ihre Erfahrung zu besitzen und dabei bin ich auch schon fast zwanzig Jahre im Dienst.«

      »Mir haben acht Jahre auf der Straße gereicht und meiner Frau ebenfalls.«

      »Ihrer Frau?« Bruckner runzelte die Stirn.

      »Natürlich, ich liebe meine Frau und meine drei Kinder und ich liebe mein Familienleben. Eigentlich wollte ich mich mit dem Schritt nach Quantico aus dem aktiven Dienst verabschieden, aber wenn man der Branche treu bleibt, gelingt das nicht, das war, zumindest meine Erkenntnis. Dann kam natürlich noch hinzu, dass meine Frau nicht für dieses Landleben geeignet war. Sie können mir glauben, Virginia ist schön, aber es war nicht das Richtige und so haben wir eben etwas ganz anderes versucht. Das kann ich nur jedem empfehlen.«

      Bruckner hatte meinem Vortrag unruhig zugehört. Es interessierte ihn nicht. Es gab nur eines, das ihn interessierte.

      »Ich verlange ja gar nichts von Ihnen«, begann er wieder. »Ich habe ein paar Fotografien, die sollen Sie sich ansehen und mir Ihre Meinung sagen. In fünf Minuten bin ich wieder verschwunden. Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen ...« Er zögerte. »... auch nicht vor Ihrer Frau.«

      Ich reagierte nicht. Ich hatte Bruckners Provokation verstanden und er wollte, dass ich darauf einging. Jetzt war es tatsächlich ein Spiel.

      »Sind Sie verheiratet?«,


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