Cuba Libre!. Klaus MullerЧитать онлайн книгу.
und betrat die Wohnung.
Durch die Fenster zur Straße fiel etwas Licht. Ich schloss die Tür hinter mir und schaute mich um.
Es stank nach alten offenen Flaschen, Feuchtigkeit und vergammeltem Essen.
Mein Blick richtete sich auf das Bett, das auf der, den Fenstern gegenüberliegenden Seite des Zimmers stand.
Die Fenster waren noch nicht dreckig genug und die Straßenlampen tauchten das Zimmer gnädig in ein gelbes Zwielicht.
Minutenlang verharrte ich bewegungslos im Türrahmen und beobachtete die reglose Gestalt auf der Matratze.
An der Wand über dem Bett hing eine billige, leicht verblichene Kopie von Van Goghs Sonnenblumen. Es schien mir, als wäre das Bild nach Hause gekommen.
Es hätte keinen besseren Platz dafür geben können! Es war wie ein unerfüllter Wunsch einer vergangenen, besseren Zeit.
„Du hast dich nicht weit genug verkrochen Harry“, dachte ich.
Langsam steckte ich meine Kanone zurück ins Halfter und ging auf das Bett zu.
Meine Augen hefteten sich auf die dort liegende Person, während ich eine Lucky Strike aus der Schachtel nahm und sie mir zwischen die Lippen steckte. Ich riss ein Streichholz an und entzündete die Zigarette. Meine Hand mit dem Streichholz sank tiefer und beleuchtete das Gesicht.
Harry wie erwartet, wer sonst?
Auf dem Bauch liegend, das Gesicht seitlich gedreht, lag er auf dem Bett und schlief.
Speichel tropfte aus seinem geöffneten Mundwinkel.
Ich sog den Rauch meiner Zigarette tief ein und blies ihn an die Decke des Zimmers.
Es stieg Wut, gepaart mit Traurigkeit in mir hoch.
Am liebsten hätte ich diesen Drecksbastard durch den Raum geprügelt, aber in Anbetracht seines Zustands erschien mir dieser Wunsch wenig sinnvoll.
Ich merkte, wie sich meine anfängliche Wut je länger ich auf ihn herabschaute, in Mitleid umwandelte. Was wusste ich schon was passiert war, oder was ihn hier hatte letztlich enden lassen.
Wie oft stand ich selbst schon vor einem Absturz. Wer weiß, vielleicht hatte ich einfach immer nur etwas mehr Glück.
Es gibt Kinder, die kommen ohne Schutzengel auf die Welt. Und bei einigen, bleibt es das ganze Leben so.
Ich griff zu einer kleinen Drahtlampe an der Wand und schaltete das Licht an.
Es schien mir, als würde das Licht erst richtig die Trostlosigkeit dieses Raumes freilegen.
In dieser Umgebung musste ein Mann verzweifeln. In dieser Umgebung musste jeder verzweifeln!
Aber trotzdem alledem, ich traute Harry durchaus zu, dass er sich jeden Tag bis zur Bewusstlosigkeit besoff, sich beschiss und bepisste, oder sogar eine Lady vergewaltigte. - Das war eine Sache, aber ein Mord war eine ganz andere!
Ich ging hinüber zu einer kleinen Abseite, in der sich ein überfülltes Waschbecken und ein Kochherd befand.
Zwischen all den Küchenresten und leeren Flaschen entdeckte ich ein halbwegs sauberes Glas.
Ich nahm es, füllte es mit Wasser und ging zurück ans Bett.
Eine kurze Sekunde Zögern, dann goss ich es Harry mit einem Schwung ins Gesicht.
Er zuckte zusammen und fing an, während er prustete, sich mit der linken Hand über das Gesicht zu wischen. Langsam, ohne dabei seinen weiteren Körper zu bewegen, erhob er ganz langsam seinen Kopf. Die Augen waren nur zwei glasige Schlitze, die ein erbärmliches Leben bescheinigten.
Ich stellte das Glas zur Seite und griff ihn an seinen Hemdkragen, um ihn daran von der Matratze hochzuziehen.
„Komm hoch du blöder Idiot!“ zischte ich und setzte ihn aufs Bett.
Von alle dem nahm er mit taumelndem Kopf nicht viel wahr.
„Harry!“ rief ich und schlug ihn ins Gesicht „Harry wach auf verdammt!“
Er glotzte mich an.
„Gib mir was zu trinken,“ röchelte er mir mit seinem Stinkatem entgegen.
Ich packte ihn fester.
„Das Einzige was du kriegst, ist was in die Fresse!“
Sein Kopf schlackerte von einer Seite auf die andere, während ich ihn schüttelte.
„Hör auf!“ rief er und befreite sich mit einer Armbewegung aus meinem Griff.
Er schaute mich an, und plötzlich schien es, als würde sein restlicher Verstand anfangen zu arbeiten.
„Was willst du von mir?“ lallte er.
Ich setzte mich neben ihn auf das Bett.
„Komm Harry, rede mit mir. Jetzt ist noch Zeit, bevor die Bullen kommen. Du weißt, wie die sind. - Lass mich versuchen dir zu helfen.“
Er glotzte mich verständnislos an.
„Bullen?“
Ich stand auf und ging zum Fenster.
„Harry, wir haben nicht mehr viel Zeit bis sie hier auftauchen!“
Ich warf einen Blick hinter den Lappen, der einmal eine Gardine gewesen ist, hinaus auf die Straße. Es war alles ruhig. Vielleicht wusste Pinky nicht einmal die Adresse von Harry, fiel mir ein. Das konnte mir nur recht sein, so blieb uns etwas mehr Zeit. Verlassen wollte ich mich darauf allerdings nicht.
„Also was ist, spuck`s schon aus!“ forderte ich ihn auf und drehte mich wieder um.
Harry rappelte sich langsam hoch und stützte sich jetzt auf den kleinen Tisch, der zwischen uns stand.
„Kannst du mir mal erzählen was überhaupt los ist! - Du tauchst hier nach einem Jahr bei mir auf und quatschst wirres Zeug. - Hast du Probleme mit den Blauen?“
Unbeholfen fingerte er sich eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an.
Ich machte einen Schritt auf ihn zu und schlug ihm meine Faust mitten ins Gesicht. Die Zigarette flog im hohen Bogen auf den Fußboden und er rückwärts zurück auf das Bett.
Mit einem Satz war ich über ihm.
„Du willst mir also erzählen, du weißt nichts von Rita, von dem Kleid, der Tombola und allem was heute Abend passiert ist!?“ rief ich wütend.
Er schaute mich verängstigt an und wischte sich etwas Blut aus dem Mundwinkel.
Ich stellte mich wieder auf, holte ein Taschentuch heraus und warf es ihm hin.
„Hier nimm das“, sagte ich knapp.
Er betupfte sich seinen Mund und fuhr mit der Zunge über die aufgesprungene Lippe.
„Was ist denn mit Rita?“ kam es zögernd durch das Taschentuch.
„Ich weiß nicht was es ist Harry, aber ich habe das Gefühl, dass du mich tatsächlich verarschen willst.“
„Natürlich will ich dich nicht verarschen, Floyd. Das weißt du doch, wir sind Freunde“, behauptete er. „Was ist mit Rita?“
Ich betrachtete dieses Häufchen Elend auf dem Bett. War es möglich das er so gut schauspielerte oder war er nur verdammt clever und versuchte auf diese Art seine Haut zu retten?
„Was weißt du noch von gestern Abend?“ fragte ich ihn, nicht ohne Hoffnung, vielleicht doch eine Lücke in seinen Erzählungen zu finden.
„Ich war besoffen!“ erwiderte er betont mit großer Geste.
„Daran führt kein Weg vorbei Harry. - Also, was weißt du noch?“
Er fing an, sich wie ein Aal zu winden.
„Nichts Floyd, ich weiß einfach nichts mehr, - glaub mir!“
„Was