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In Mexiko Bd. 1. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

In Mexiko Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich


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stellte ihnen doch das Land selber mit seiner unwegsamen Wildniß und ungeheuern Ausdehnung die größten Schwierigkeiten entgegen, und der Feind, zehnmal geschlagen, fand doch immer wieder Schlupfwinkel, durch die er entkommen und sich weiter entfernt wieder sammeln konnte. Die Franzosen nahmen fast alle Plätze, gegen die sie vorrückten, aber - sie konnten dieselben nicht behaupten, denn es war unmöglich, in diese Entfernungen das nöthige Kriegsmaterial wie Proviant zu schaffen. - Sowie sie sich zurückzogen, rückten die Republikaner wieder nach, und cs blieb nichts Anderes als eine Sisyphus-Arbeit, der sie sich unterzogen.

      Während der Reise des Kaisers hielten sich die Führer der verschiedenen Parteien noch vollständig ruhig - sogar der Klerus schien geduldig vor allen Dingen die Rückkehr des Monarchen abzuwarten, wozu auch das viel beitragen mochte, daß Labastida, der Erzbischof, mit dem General Bazaine auf einem sehr gespannten Fuß stand und mit ihm unter keiner Bedingung verhandelt hätte. Als aber Maximilian endlich zurückkehrte, preßte die Geistlichkeit in geschlossener Phalanx vor.

      Aber der Kaiser hatte in der Zeit doch eingesehen, daß er dem Drängen des Klerus nicht nachgeben durfte, wenn er nicht augenblicklich wieder eine Revolution heraufbeschwören wollte. Konnte doch dieselbe sogar noch durch die ganze Partei der Conservativen, also die Besitzenden, unterstützt werden, /49/ und mußte gefährliche Dimensionen annehmen, sobald sich diese mit den Liberalen vereinigten.

      Uebrigens kannte Maximilian schon ziemlich genau die Stützen, welche der Klerus in der Hauptstadt hatte, und suchte sie für sich zu gewinnen - vergebenes Bemühen. Miramon selber war ein häufiger Gast auf Chapultepec, und mit seinem geschmeidigen Wesen fügte er sich in Alles, sobald es nicht die Hauptsache berührte. Dann aber hielt diese Partei ihm nur immer mit Achselzucken das starre Non possumus12 entgegen, und es ließ sich mit ihr eben in keiner Weise unterhandeln. Es gab da nur zwei Wege: er mußte sich ihr fügen oder sie bekämpfen. Ein Compromiß zwischen beiden lag nicht im Bereich der Möglichkeit. Das Einzige deshalb, worauf Maximilian hoffen konnte, war der Erfolg seines eigenen Strebens, daß die Mexikaner nämlich einsehen und erfahren sollten, wie er selber nur das Beste des Landes und der Bevölkerung im Auge habe. Gelang ihm das, so konnte er den Klerus wenigstens isoliren und brauchte ihn nicht mehr zu fürchten.

      Unermüdlich war er dabei mit seinen Räthen beschäftigt, um dem Lande nützliche Gesetze und Verordnungen zu geben, die freilich anfangs nur noch auf dem Papier bleiben mußten, aber einmal erlassen auch in nur etwas ruhiger Zeit leicht ausgeführt werden konnten. Auch das Ministerium, das er ernannte, zeugte davon, daß er der liberalen Partei keinen Haß entgegentrug. Wie er selbst an Benito Juarez einen versöhnenden Brief schrieb, der aber von diesem kalt und halb drohend beantwortet wurde, so begünstigte er fast auffallend liberale Persönlichkeiten, und zwar so entschieden, daß man schon anfing, ihm einen Vorwurf daraus zu machen, aber er ließ sich nicht mehr beirren. Er hatte sich einmal seinen Weg vorgezeichnet und glaubte fest, daß es ihm gelingen müsse, sich die Herzen der Mexikaner zu erobern, wenn er ihnen nur erst einmal beweisen konnte, daß es ihm wirklich Ernst sei, dem Lande nicht allein geregelte, unparteiische Gesetze, sondern auch den Frieden zu geben, und dabei das Volk heranzubilden, den Ackerbau zu heben und Künste und Wissenschaften zu unterstützen.

      Edle Vorsätze, eines großherzigen Fürsten würdig – aber /50/ wie wenig paßten sie für das mexikanische Volk, für das in völliger Auslösung begriffene Reich!

      In der Woche arbeitete Maximilian unermüdlich mit seinen Räthen, revidirte nicht selten in eigener Person die Bureaux und entwarf und berieth neue Verordnungen, oder suchte eine Menge von eingerissenen Mißbräuchen abzustellen; den Sonntag dagegen verbrachte er in Chapultepec und gab dann auch Jedem, der ein dringendes Anliegen an ihn hatte, Audienz.

      Damit bürdete er sich freilich eine Last auf; denn gerade in damaliger Zeit trafen eine Menge von Abenteurern in Mexiko ein, die, durch ein aufblühendes Kaiserreich angelockt, diesem ihre oft vollkommen werthlosen Dienste anboten, in der Hoffnung, in kurzer Zeit einen Theil seiner Schätze sich anzueignen, die sie noch aus Montezuma's Zeit vor ihrer Phantasie heraufbeschworen. Daß Maximilian ein anderes Ziel verfolgte, daß er wirklich mit ernstem Willen daran ging, das mexikanische Reich aus der Asche seiner Revolutionen erstehen zu lassen, kümmerte sie wenig genug. Sie wollten allein die Beute theilen, die ihrer Meinung nach dabei abfiel, und um erst festen Fuß im Lande zu fassen, bedurfte es natürlich einer einträglichen Stellung.

      An solchen Sonntagen sah aber der Kaiser auch gern einzelne Gäste bei sich, mit denen er dann in freundschaftlichster und ungezwungenster Weise verkehrte. Er liebte ein offenes Wort, wenn es auch nicht immer mit seinen Ansichten übereinstimmte, und wich einer Debatte über streitige Punkte nie aus. Vorzugsweise gern unterhielt er sich aber mit Leuten, die das Land genau kannten, und hatte auch heute wieder Gäste bei sich gesehen.

      Es waren Don Jose Fernando Ramirez, der neue Minister des Aeußern, der junge Obrist Lopez und der Erzbischof Labastida zur Tafel gezogen worden. Das Gespräch hatte sich hauptsächlich um die Zustände in den Vereinigten Staaten von Nordamerika gedreht, wo die Südstaaten wieder bedeutende Vortheile errungen haben sollten und jetzt sogar das Capitol von Washington bedrohten. Der Erzbischof schien sich aber nicht besonders wohl in der Gesellschaft zu fühlen; er hatte /51/ gehofft, sich ungestört mit dem Kaiser aussprechen zu können, und dabei störte ihn auf das Entschiedenste Ramirez, früher ein fester Anhänger des Expräsidenten Juarez und ebenfalls an dem Decret betheiligt, das im Jahre 1859 der Kirche fast jede Macht raubte. Bald nach aufgehobener Tafel schützte er Geschäfte vor, befahl seine Carrosse, und fuhr dann in dem mit sechs weißen Maulthieren bespannten Wagen in die Stadt zurück.

      Maximilian lächelte, als er es bemerkte, wie Ramirez, sobald sie der Prälat verließ, aus tiefer Brust aufathmete, als ob ihm eine Last von der Seele genommen wäre.

      „Sie sind nicht böse darüber, Ramirez," sagte er, „daß uns die „Kirche" verlassen hat, und Obrist Lopez schneidet ebenfalls ein ganz vergnügtes Gesicht."

      „Ich muß gestehen, Majestät, daß ich den frommen Herrn lieber gehen, als kommen sehe," sagte Ramirez trocken, „denn Gutes bringt er nie, und da ich genau weiß, daß er mich lieber mit einem Strick um den Hals an einem Baume als in der Stellung sähe, die ich jetzt durch Eure Majestät Huld und Vertrauen bekleide, so - halte ich es immer für besser, ihm aus dem Weg zu gehen, denn vertragen werden wir uns doch nie im Leben."

      „Sie thun ihm unrecht, Ramirez."

      „Ich glaube nicht, Majestät, und außerdem haben wir einen festen Barometer solcher Gefühle in unserem eigenen Herzen. Haß wie Liebe sind fast immer gegenseitig."

      „Glauben Sie wirklich?"

      „Haben Majestät das noch nie erprobt? Wenn wir uns zu Jemandem recht innig hingezogen fühlen, so - liegt es entweder in der Zuneigung, die wir ihm entgegentragen, oder in einer Sympathie der Seelen, wer kann cs sagen, aber ein ähnliches, wenn auch vielleicht schwächeres Gefühl dürfen wir gewiß in ihm erwarten."

      Der Kaiser war mit Ramirez auf die Terrasse hinausgetreten, die den freien und wunderherrlichen Blick nach den beiden Vulkanen öffnete. Ein Diener brachte auf seinen Wink Cigarren und Licht. Maximilian drehte den Kopf nach dem Saal zurück.

      "Lopez," sagte er lächelnd, „ist noch bei den Damen ge-/52/blieben; er erzählt lebendig, und die Kaiserin besonders hört ihn gern von seinen wilden Zügen sprechen. Mexiko war bis jetzt in der That ein Schauplatz für Abenteuer, und ich hoffe nur zu Gott, daß wir im Stande sind, es in eine geregeltere und friedlichere Bahn zu lenken. - Doch wovon wir vorher sprachen - also Sie glauben an Etwas, was ich den „ersten Eindruck" nennen möchte."

      „Das thue ich allerdings, Majestät."

      „Ich möchte Ihnen fast Recht geben; aber ist es nicht trotzdem ein etwas gefährliches Experiment, gerade zu fest darauf zu bauen?"

      „Ich gebe zu," sagte Ramirez, „daß wir oft durch eine glänzende Erscheinung bestochen werden können, aber -"

      „Was halten Sie von Miramon?" unterbrach ihn der Kaiser.

      „Wie kommen Majestät gerade auf Miramon?" sagte Ramirez, wirklich etwas betroffen, denn an denselben Mann hatte er in diesem Augenblick gedacht.

      „Weil


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