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Ein Mann will nach oben. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Ein Mann will nach oben - Ханс Фаллада


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unter einer Tür stand und mit hängenden Armen und verdrehten Augen ihn beobachtete, als könne er aus solchem Beobachten erraten, welche Bewandtnis es nun wohl mit seiner neuen Hilfskraft habe. Und einmal überraschte Karl Siebrecht den Zwerg dabei, wie der sich seine Joppe vorgenommen hatte. Er hatte sie sich über die Knie gelegt und fingerte mit seinen schwarzen Pfoten in der Brieftasche herum.

      Das war nach der Frühstückspause gewesen. Karl hatte sie benutzt, um schnell noch einmal zu den Trockenmietern herumzuspringen, ob sie wohl noch Hilfe gebrauchten. Oh, sie gebrauchten schon Hilfe! Jetzt lag die Frau, völlig erledigt, im Bett, zitternd, am ganzen Leibe fliegend, und der Mann mühte sich ab, die verquollenen Fenster zu schließen, im Herd mit einer zerschlagenen Kiste Feuer zu machen und seiner Frau etwas Warmes aufzusetzen. Karl Siebrecht hatte sich nicht lange besonnen. Das bißchen Kistenholz war nur wie ein rasch aufflammendes, gleich wieder zusammenfallendes Papierfeuer, er holte von drüben aus »seinem« Keller einen Arm voll Anmachholz und einen Korb Kohlen, ohne viel Nachdenken, ob das nun auch »zulässig« war. Es schien ihm »recht«, und es war ihm ganz egal, daß der Buckel dabei zusah. Es war ihm auch egal, daß die beiden Trockenmieter ihm für sein Tun nicht mit einem Wort dankten, daß der Mann sogar noch sagte: »Ick habe dir nich darum jebeten, det weeßte, du!« Karl Siebrecht hatte es nicht um Dank getan.

      Aber als er da nun bei seiner etwas verspäteten Rückkehr aus der Frühstückspause den Zwerg Edwin mit seiner Brieftasche in den Kohlenpfoten fand – und in der Brieftasche war doch, neben manchem Gleichgültigen, die Aster der Erika Wedekind –, da hatte ihn Zorn erfaßt. Noch keine vierundzwanzig Stunden, und die kleine Stadt und die unbeschwerte Jugend waren so fern gerückt, so fern. Aber die Erika Wedekind, die saß fest in ihm, mit ihrem zutraulichen, halboffenen Kindermund – wie oft hatte er während der Arbeit nach einem bayrischen Jodler »Riariatiritiro!« gesummt, und hatte doch nicht den Jodler gemeint ... Er riß dem Edwin die Brieftasche aus der Hand und schrie ihn an: »Nun ist aber Schluss mit deiner Schnüffelei, Edwin! Wenn ich dich noch einmal bei so was erwische, gibt's Krach!«

      Der Buckel schien sich aber endlich davon überzeugt zu haben, daß hinter der neuen Hilfskraft nichts anderes steckte als eben eine neue Hilfskraft. Er stand ohne Verlegenheit auf und sagte nur mürrisch: »Bei wem det wohl kracht, du Neuer?! Mach lieber, det de nach deinem Feuer siehst, det verschmookt ja allens! Und übahaupt – es is bald 'ne Viertelstunde nach Frühstück –« Drohendes murmelnd ging er.

      Der Junge arbeitete munter fort und sang dabei sein »Riariatiritiro!« immer lauter – keiner konnte ja wissen, was er sich dabei dachte! Und je mehr gegen die Mittagsstunde zu die Knochen von der ungewohnten Arbeit zu schmerzen, die Füße zu brennen anfingen, um so mehr steigerte er sein Tempo: er ließ sich nicht unterkriegen! Er sollte zehn Mark die Woche verdienen, und die wollte er auch wert sein.

      Gegen zwölf, kurz vor der Mittagsstunde, wurde es laut im Bau: es kam Besuch. Es war der Herr Chef selbst, mit Spitzbauch und Gehpelz, laut in Sprache und Benehmen. Ach, Karl Siebrechts Vater war eine andere Art von Unternehmer gewesen, er hatte mit seinen Arbeitern so gesprochen, daß immer noch zu erkennen gewesen war, er war auch einmal ein Maurer gewesen. Er hatte ihre Sprache gesprochen, ihre Sorgen nicht vergessen. Darum hatte er es wohl auch nie zu einem Gehpelz gebracht und nie zu einem ganzen Häuserblock mit Hunderten von Wohnungen. Der Herr Kalubrigkeit schien nur schimpfen zu können, und was auch gemacht worden war, es war schlecht gemacht. »Ist das der Junge, den Sie mir wieder mal aufgeladen haben, Polier?« bullerte er los. »Ich bin keine Wohltätigkeitsanstalt! Was soll ich denn mit so 'nem Jungen?!«

      »Er ist ja billig, Herr Kalubrigkeit«, antwortete der Polier, der all dies wohl gewohnt war, gleichgültig. »Und wenn er sich erst eingearbeitet hat, wird er so viel schaffen wie ein Mann.«

      »Immer machen Sie so 'ne Geschichten! Erst den Busch – wo ich Ihnen den Busch extra verboten habe, und nun diesen Bengel! – Halt keine Maulaffen feil, Junge! Siehst du nicht, daß das Feuer nicht brennt?! Da steht er und glotzt! Und überhaupt, wozu hier noch trocknen? Die Wohnung ist trocken!« – Ein langer Herr mit einem scharfen Gesicht, aber dunklen, nicht unangenehmen Augen bemerkte, daß die Wände noch feuchte Flecken zeigten. – »Ach was! Die Wände schwitzen eben. Das kommt, weil die Feuchtigkeit rauszieht. Seit wann heizt ihr hier in der Wohnung, Junge? Das kostet alles ein Geld! Nu –?«

      »Ich bin erst seit heute früh hier.«

      »Hättest du dich erkundigt! Dieser andere soll kommen, wie heißt er doch, dieser schwarze Buckel! Da wird einfach losgefeuert, ohne Sinn und Verstand, Polier –!«

      »Hier wird erst seit gestern geheizt.«

      »Ach was, seit gestern! Das sagen Sie auch so aufs Geratewohl! Und immerzu ist der Koks alle, natürlich, der Kalubrigkeit bezahlt neuen! Nächstens heize ich ganz Berlin! Nu, wo ist der Zwerg?« – Edwin war schon da. Mit hängenden Armen und rundem Rücken stand er vor dem Chef und verdrehte die Augen zum Gotterbarmen. – »Nu, seit wann heizt ihr hier – wie heißt du doch?«

      »Edwin! Edwin Raabe, Herr Chef«, krächzte der Buckel und schoß einen schnellen Blick nach dem Polier. »Wir heizen –«

      »Sieh nicht den Polier an! Sieh mich an. Seit wann heizt ihr diesen Abschnitt?«

      »Ick jloobe, ick jloobe, ich ha' so'n schlechtet Jedächtnis –«

      »Heizt ihr nicht erst seit gestern?« sagte plötzlich zu dem sich Windenden der lange Herr mit den dunklen Augen.

      »Ich bitte dich, Schwager –!« schrie Herr Kalubrigkeit. »Steckst du mit der Bande auch noch unter einer Decke? Natürlich heizt ihr schon seit Dienstag oder gar seit Montag! Aber ich fasse euch, und wenn ich euch fasse, schmeiße ich euch alle raus, und Sie zuerst, Polier!«

      »Sie haben mich schon oft rausgeschmissen, Chef!« sagte der Polier gleichmütig. »Und die Wände sind eben noch naß. Wenn nachher die Baupolizei kommt, und es gibt Stunk, schmeißen Sie mich wieder raus, aber nur vor den Herren, weil ich nicht genug geheizt habe.«

      »Einmal schmeiß ich dich aber zum letzten Mal raus«, murrte Herr Kalubrigkeit. Er sah sich um und fand einen Anlass, seinen Ärger auszutoben. »Da steht der verdammte Bengel noch immer!« schrie er. »Steht und glotzt! Steht hier zehn Minuten und glotzt! Für mein Geld! Was ist mit dem Bengel?« schrie er den Edwin Raabe an. »Sieh mich an, nicht den Polier! Tut er was, der Bengel, oder glotzt er bloß?«

      Der Buckel wand sich. »Er tut schon was, Herr Chef«, sagte er, und mit plötzlichem Entschluss: »Aber von't Frühstück is er ooch 'ne Viertelstunde zu spät jekommen, allens, wat recht is, Herr Chef, aber ick bin reell.«

      »So, vom Frühstück eine Viertelstunde zu spät und hier dann gleich wieder zehn Minuten glotzen! Das ist 'ne feine Arbeitsstelle, der Kalubrigkeit ist ja doof, der zahlt's ja! Alles mein Geld! Wo hast du denn gesteckt über Frühstück?«

      »Ich war bei den Trockenmietern nebenan –« fing Karl Siebrecht an, der seinen Entschluss gefaßt hatte. Er hatte diesen Unternehmer Kalubrigkeit vom ersten Sehen an gehaßt.

      »Bist du stille von den Trockenmietern, Junge!« schrie der Polier.

      »Und was war bei den Trockenmietern?« fragte Herr Kalubrigkeit fast sanft.

      »Stille biste, Jung!«

      »Schande war da«, sagte der Junge fast feierlich. »Schande für Sie und Tod für die Leute! Die Frau ist schon beinahe hinüber, und der Mann wird's auch nicht mehr lange machen. Die Wände sind naß, nicht ganz so wie hier, wo's schon so schön trocken ist, Herr Chef, aber noch so, daß die Hand feucht wird, wenn man drüber wischt. Und die Fenster sind so verquollen, daß sie nicht auf noch zu gehen. Die Frau ist ein paarmal umgefallen, jetzt hustet sie sich die Seele aus dem Leibe.«

      »Und er hat denen 'nen janzen Korb Koks und zwei Arme voll Anmachholz rüberjeschleift«, krächzte der Zwerg.

      »Das habe ich!« rief der Junge. »Aber ich will's bezahlen, Herr, ich will gar nicht, daß Sie's denen schenken! Herr«, wandte sich Karl Siebrecht an den Langen mit den dunklen Augen, »Sie sehen doch anders aus – wie können Sie es mit anschauen, daß die Menschen in diesen nassen Löchern verrecken?«

      »Mein


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