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Wolf unter Wölfen. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада


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grünen Filz. Starrt ihn an. Er ist schweißnass, seine Glieder hängen von ihm, dabei ist sein Mund trocken. Er ist völlig erschöpft. Er hört die Hühner auf dem Hof glucksen, die Schweizer klappern im Kuhstall mit Eimern und Milchkannen. (›Wollte ich mir auch ausgebeten haben – höchste Zeit zum Melken!‹)

      Der Brief liegt vor ihm. Die Fliegen surren und burren eintönig, es ist unerträglich schwül. Er will einen Blick auf das Barometer an der Wand tun (›Vielleicht kommt doch ein Gewitter?‹), aber er sieht nicht hoch: ›Es ist ja ganz egal!‹

      Der Brief, das bläulich-weiße, reine Rechteck auf dem fleckigen grünen Filz! Ihr Brief!

      Lässig, halb spielend greift er nach dem Papiermesser, zieht den Brief näher und legt beides wieder hin. Er wischt sich erst an der Joppe die schweißnassen Hände trocken. Dann nimmt er das Papiermesser und langsam, genußreich führt er die stumpfe Spitze in die kleine Öffnung oben zwischen Deckelklappe und Umschlag ein. Seine Augen sind starr, um seine dicken Lippen spielt ein leichtes, befriedigtes Lächeln. Jawohl, er öffnet den Brief. Achtsam schiebend, hebend, stoßend, drückend löste er die nachlässig festgeklebte Klappe. Nun sieht er schon eine Ecke vom Brief, da sind Fäserchen, die sich nicht fügen wollen, wie Härchen – aber zugleich sieht er sie, sieht er Weio, wie er sie eben gesehen hat, auf dem Liegestuhl ... Sie streckt ihren Leib, ihr weißes, volles Fleisch zittert ein wenig ... sie wirft die Arme hoch und in den Achselhöhlen schimmert es hell, kräuselt sich ...

      Oh! stöhnt Negermeier. Oh! Er hat die ganze Zeit auf den Brief gestarrt, er hat ihn dabei geöffnet – aber er war fort unterdes, fünfhundert Meter von hier, auf dem flachen, sonnenschwitzenden Pappdach – Fleisch bei Fleisch, Haut bei Haut, Haar bei Haar –: O du! Du!

      Die Welle wird flacher. Noch einmal in den Farben schönen, lebendigen Fleisches leuchtend, wie von einem Abendrot bestrahlt, verrinnt sie im Sande. Ächzend atmet Negermeier auf. ›Nein, so was!‹ wundert er sich nun doch. ›Dies Biest muß mich ganz verrückt gemacht haben! Aber die Hitze tut auch was dazu!‹

      Der Brief ist tadellos aufgegangen. Man braucht die Klappe nachher nicht einmal frisch zu gummieren, so nachlässig hat Fräulein Violet von Prackwitz zugeklebt. Also, lesen wir ... Aber vorher wischt er noch einmal die Hände an der Joppe ab, sie sind schon wieder schweißnass.

      Dann zieht er das Blatt wirklich aus dem Umschlag, schlägt es auf. Er ist nicht sehr lang, der Brief, dafür aber hat er es in sich. Er liest:

      Liebster! Allerliebster!! Einziger!!! Eben bist Du erst weg und schon bin ich wieder ganz wild nach Dir! Ich fliege am ganzen Leibe und es summt in mir, daß ich immerzu die Augen zumachen muß! Dann sehe ich Dich! Ich habe Dich ja sooo lieb!! Papa kommt heute bestimmt nicht, und so erwarte ich Dich zwischen elf und zwölf am Teich beim Schwanenhaus. Sieh, daß die dumme Versammlung bis dahin bestimmt alle ist. Ich sehne mich schrecklich nach Dir!

      100000000 Küsse und noch viel mehr! Ich drücke Dich an mein Herz, das ganz doll klopft Deiner Violet.

      Gott! sagt der kleine Meier und starrt auf das Briefblatt. Die liebt ihn wirklich: so lieb mit drei o und Deine unterstrichen. So ein kleines Pimädchen – die wird er schön reinlegen. Na, um so besser!

      Er tippt sich den Brief auf der Schreibmaschine ab, zählt dabei sorgfältig die Nullen bei der Kusszahl (›Die reine Inflation – die macht mit!‹), klebt wieder zu. Die Abschrift des Briefes legt er in den Band 1900 des amtlichen Kreisblattes, den Brief steckt er wieder in die Joppentasche. Und nun ist er völlig zufrieden. Und völlig fertig für die Wirtschaft. Er sieht auf das Barometer. Es ist wieder ein bißchen gefallen.

      ›Ob es doch noch ein Gewitter gibt? Ob ich doch noch einfahren lasse? Ach, Quatsch, die redet ja bloß Unsinn!‹

      Er geht ab zu seiner Mähmaschine.

       7

      Dachte ich es mir doch, daß du mich heute noch aufsuchen würdest, meine liebe, meine arme Mathilde!

      Frau von Anklam, verwitwete Generalmajor, über siebzig, schneeweiß, unförmlich dick, ist aus ihrem tiefen Sessel, in dem sie ihren Nachmittagsschlaf hielt, mühsam emporgetaucht. Mit beiden Händen hält sie die Hand der Besucherin und sieht ihr teilnehmend-besorgt mit den großen braunen, immer noch schönen Augen ins Gesicht. Vorläufig spricht sie nur getragen – wie bei einem Todesfall. Sie kennt aber auch noch eine andere Tonart, die der Regierungskommandeuse, die sämtliche Damen des Regiments in Zucht, Ordnung und Anstand hielt.

      Wir werden alt, aber unsere Last wird nicht leichter. Unsere Kinder, solange sie jung sind, treten sie auf unsern Schoß. Später dann auf unser Herz.

      (Frau von Anklam hat nie Kinder gehabt. Sie konnte Kinder auch nie ausstehen.)

      Komm, setze dich hier auf das Sofa, Mathilde. Ich klingle – Fräulein bringt gleich Kaffee und Kuchen. Ich habe heute den Kuchen von Hilbrich holen lassen, er hat doch immer den besten. Nur lohnt es sich nicht recht für mich allein – vierzigtausend Mark Fahrgeld, verstehst du, vierzigtausend! Räuber sind das! – Ja, Fräulein, Gebäck und Kaffee, recht kräftig, meine Kusine hat eine traurige Nachricht bekommen. – Ja, liebe Mathilde, ich habe da eben in meinem Stuhl gesessen und nachgedacht. Fräulein glaubt, ich schlafe, aber ich schlafe natürlich nicht. Ich höre jedes Geräusch in der Küche, und wenn beim Abwaschen ein Teller zerbrochen wird, bin ich sofort da! Zerbricht deine Minna auch so viel –? Es ist noch das alte Nymphenburger Porzellan, das Großvater Kuno vom Hochseligen Herrn zur Diamantenen Hochzeit bekam – Gott, es ist ja genug für mich alte Frau da, aber trotzdem, man muß auch an seine Erben denken! Ich hatte es eigentlich Irene versprochen, aber ich bin in letzter Zeit doch wieder schwankend geworden, Irene hat solch seltsame Ansichten über Kindererziehung – direkt, wie soll ich sagen, revolutionär!

      Und die Nachricht ist bestimmt richtig, Betty? fragt Frau Pagel, grade aufgerichtet, dürr – und keine noch so teilnehmende nahe Verwandte konnte ihr ansehen, daß sie Tränen geweint hatte.

      Die Nachricht? Welche Nachricht? Ach so, die Nachricht! Aber liebe Mathilde, ich muß doch sagen, wo ich es dir extra geschrieben habe –! Dies ziemlich als Kommandierende, aber nun wieder teilnahmsvoll: Nein, natürlich richtig – der gute Junge, der Eitel-Fritz hatte dort zu tun. Er hat es mit eigenen Augen gelesen, das Aufgebot heißt es ja wohl. Ich weiß allerdings nicht, was er dort zu tun hatte. Ich war so aufgeregt, daß ich ihn nicht danach gefragt habe. Aber du kennst ja Eitel-Fritz, er ist so originell, er geht an die seltsamsten Plätze – Attention! La Servante!

      ›Das Fräulein‹ erscheint mit dem Kaffeegeschirr, mit dem Tablett, mit dem Nymphenburger von dem diamantenen Großvater. Die Damen verstummen, und lautlos deckt Fräulein, ein ältliches, mausgraues Wesen, den Tisch.

      Es ist immer nur ›Fräulein‹ – alle diese häufig wechselnden Gestalten bei Frau Generalmajor von Anklam sind namenlos. Fräulein deckt und Fräulein stopft, Fräulein liest vor und Fräulein erzählt was, und vor allem: Fräulein hört zu! Fräulein hört zu von morgens bis abends, Geschichten von Regimentsdamen, längst verstorben und vergessen (›Ich sage ihr: liebes Kind, was Takt heißt, bestimme ich!‹); Geschichten von Kindern, längst im Besitz eigener Kinder (›Und da sagt doch dieses süße Engelskind zu mir ...‹); Geschichten von Verwandten, längst verzankten; Geschichten von blauen Briefen und Beförderungen; Geschichten von Orden; Geschichten von Verwundungen; Geschichten von Eheirrungen und von Ehescheidungen – Wust und Gerümpel eines ganz in Klatsch und Tratsch verbrachten Lebens, Intima, Intimissima!

      Fräulein, farblos, mausgrau, hört zu, sagt ja, ach nein!, so etwas!, himmlisch! – aber wenn Besuch bei Exzellenz ist, hört sie nichts, Frau Generalmajor flüstert mit dem letzten Rest ihres Lausanner Pensionsfranzösisch: Attention! La Servante!, und die Damen verstummen. Ist Besuch da – wird Fräulein zu Luft, so gehört es sich. (Erst wenn der Besuch wieder fort ist, wird ihr alles erzählt.)

      Aber nach dem ersten Verstummen bleibt Frau von Anklam nun nicht etwa stumm, das gehörte sich auch wieder nicht. Sie redet vom Wetter, es ist so schwül heute, vielleicht gibt es ein Gewitter, vielleicht ja, vielleicht aber auch nein. Sie hatte einmal ein Fräulein, das bekam Reißen in der großen Zehe vor Gewitter – sehr


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