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Wolf unter Wölfen. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада


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vertat mit diesen komischen Schildereien, über die alle nur lächelten –?

      Laß ihn doch, Mathilde, sagte die Verwandtschaft. Für einen Kranken ist das sehr gut. Er hat doch seine Beschäftigung und Ablenkung.

      Nein, sie ließ ihn nicht. Als sie ihn heiratete, war nicht von Malen die Rede gewesen. Ihr war nichts davon bekannt, daß er je einen Pinsel in der Hand gehabt hatte. Sie haßte das alles, schon den Geruch der Ölfarben. Sie stieß ständig gegen die Keilrahmen, die Staffelei war ihr immer im Wege. Sie fand sich nie mit ihr ab. In den Gastzimmern der Badeorte, auf den Böden der Mietswohnungen vergaß sie seine Bilder, die Kohlezeichnungen lagen herum, verkamen.

      Manchmal, mitten aus einer Arbeit heraus, aus den Sorgen heraus, aus dem sehr engen Gefängnis ihres eigenen Ich heraus, konnte sie hochsehen und solch Bild an der Wand betrachten, als sähe sie es zum erstenmal. Irgend etwas wollte sie dann leise anrühren, als rege sich etwas im Schlaf – dem Erwachen zu. Halte ein! Halte doch ein! Es war sehr hell, ein Baum etwa, in der Sonne, in der Luft, gegen einen klaren Sommerhimmel. Halte doch ein! Aber der Baum schien sich zu heben, Wind wehte sachte, der Baum bewegte sich – flog er? Doch, die ganze Erde flog, die Sonne, Spiele von Licht und Luft, leise, eilig, zart – halte doch ein, grimmige, dunkle Erde!

      Sie trat näher heran. Der Vorhang vor dem Geheimnisvollen wehte. Es war Leinwand, riechende Ölfarbe, Erdenstoff, fester, fester Erdenstoff. Aber Wirbel erklangen, Wind wehte, der Baum bewegte die Äste, das Leben floß, wehte – fliege, halte nicht ein, fliehe und fliege, wie wir armen Irdischen fliehen und fliegen. Umsonst hängen wir die Bleigewichte der Sorgen, der Hoffnungen, der Entwürfe an unsere Sohlen, uns der Stunde zu verhaften. Wir fliehen dahin, wir rinnen ins Meer ...

      Von einem Gelähmten gemalt, erschaffen aus dem Nichts. Freilich von einem Manne, der Bewegung kannte und liebte, der jetzt nichts mehr ist als ein schwerfälliger Leib, den man aus dem Bett in den Stuhl wälzt – nein, halte nicht ein, wir fliehen, wir fliegen.

      Ja, es rührt sich sachte in der betrachtenden Frau. Eine Ahnung will sie überkommen, als hätte sie ihren Mann unvergänglicher, strahlender, rascher als je zuvor – doch sie schüttelt es ab, sie sinkt wieder in Schlaf. Leinwand und Farbe, eine plane Fläche nach bestimmten Regeln bunt gemacht, nichts von Bewegung, nichts von dem Manne!

      Weiter in die Bäder! Zu noch mehr Ärzten! Was sagt denn die Welt? Es hat zwei oder drei kleine Ausstellungen gegeben – man hörte nichts darüber, man sah nichts davon –, nie wurde ein Bild verkauft. Gottlob, daß man das wenigstens nicht nötig hatte! Und wer sie dann und wann auf den ruhelosen Reisen durch die Heilstätten der Erde doch zu finden wußte: irgendein junger Mensch, schweigsam, ungelenk, düster oder ein anderer, plötzlich in einen Wortstrom ausbrechend, mit fahrigen Bewegungen, eine neue Zeit kündend – der machte ihr nicht grade Mut, seine Schildereien wichtig zu nehmen!

      Komm, der Tag ist so schön, laß uns ausfahren!

      Das Licht ist gut. Laß mich noch malen, eine Stunde.

      Ich weiß gar nicht mehr, wie es draußen ist. Ich komme um vor Lufthunger!

      Gut, setze dich ans Fenster, mach es auf – ich wollte schon lange dich einmal malen ...

      So war er, freundlich, heiter, nie böse – aber nicht zu erschüttern. Sie redete, sie bat, wurde zornig, wieder gut, hinterhältig, um Verzeihung bittend – er war wie ein Feld, über das Wind, Gewitter, Sonnenschein, Nachtfrost, Regen dahingehen. Es nimmt alles auf, es scheint sich nicht zu ändern, am Ende ist eine Ernte da.

      Ja, eine Ernte war da. Aber bis sie reifte, geschah noch etwas anderes, etwas, um das sie zwanzig Jahre gekämpft, gehadert, gerungen, gefleht hatte: eines Tages stand er da! Er ging ein paar Schritte, zögernd zuerst, mit demselben ein wenig beklommenen, um Verzeihung bittenden Gesicht wie vor zwanzig Jahren: Ich glaube wirklich, es geht!

      Wie sie gekommen, war die Krankheit geschwunden, unbegreiflich warum. All ihr Eifer, all ihr Sorgen hatten diesem Fortgang nichts dazu tun können; menschlichem Einwirken, ihrem Einwirken war dies alles entrückt – es war zum Verzweifeln!

      Inzwischen war ein halbes Leben – und der bessere Lebensteil – verronnen. Sie stand Anfang der Vierzig, einen fünfundvierzigjährigen Gesandtschaftsattaché neben sich – verronnen, verwelkt, vorbei! Ein tätiges Leben, ein eiferndes Leben, ohne Rast, voller Pläne, voller Hoffnungen ... Nun sind die Hoffnungen erfüllt, und es bleibt nichts mehr zu hoffen. Alle Pläne, alle Sorgen sind gestaltlos geworden. Ein ganzes Leben zerrann zu Staub in dem Augenblick, da Edmund aufstand und ging!

      Unbegreifliches Frauenherz:

      Da steht dein Bild, Edmund. Du hast nur noch ein paar Striche zu tun – willst du nicht –?

      Bilder, ja, Bilder ... sagte er gedankenlos, sah es flüchtig an und ging hinaus, schon ganz draußen.

      Nein, er hatte keine Zeit, eine halbe Stunde zu malen. Er hatte zwanzig Jahre Zeit gehabt, geduldig, ohne Klage krank zu sein, nun hatte er nicht eine Minute mehr Zeit! Das ganze Leben wartete draußen auf ihn, mit einem Wirbel von Festlichkeiten, eine strahlender als die andere, mit Hunderten von Menschen, mit denen es herrlich war, zu reden – mit schönen Frauen, mit jungen Mädchen, die so betörend jung waren, daß es einem über den Rücken rieselte, sah man sie nur an ...

      Und war er selber etwa nicht jung –? Er war fünfundzwanzig; was dann gekommen war, zählte nicht, es war nur Warten gewesen. Er war jung, das Leben war jung, fasse, halte, koste die Frucht – halte ein, halte doch ein! Weiter ...

      Malen? Jawohl, ja, es hatte ihm geholfen, es war ein angenehmer Zeitvertreib gewesen. Jetzt brauchte nichts mehr die zähe, lastende Zeit zu vertreiben – funkelnd, aus tausend Augen strahlend, Millionen Lieder jauchzend, jagte der Strom dahin – mit ihm, noch mit ihm, endlich wieder mit ihm!

      Manchmal, nachts fuhr er auf, todmüde, kaum in den ersten, fieberischen Schlaf der Überwachen gesunken. Er stützte die glühende Schläfe in die heiße Hand. Er meinte, die Zeit rauschen zu hören. Sie entrauschte. Er durfte nicht schlafen; wer durfte schlafen, da Zeit so rasch floß –? Schlaf hieß Versäumnis. Und leise, leise, sie nicht zu wecken, stand er auf, ging in die Stadt, ging noch einmal in die Stadt, wo die Lichter brannten. Er saß an einem Tisch, er sah atemlos in die Gesichter. Dieses dort –? Oder du –? Oh, enttäusche nicht – halte doch ein!

      Sie ließ ihn gehen. Sie hörte ihn, aber sie ließ ihn gehen, tags wie nachts. Zu Anfang war sie mitgegangen, sie, deren Hoffnung nun erfüllt, deren Kampf noch siegreich geworden war. Sie sah ihn auf dem Gartenfest einer befreundeten Familie, auf einem Diner – untadelig gekleidet, schlank, rasch, fröhlich – mit grauem Haar, zwei messerscharfen, tiefen Falten von den Nasenflügeln, über die Mundwinkel bis zum Kinn. Er tanzte, untadelig, mit einer Sicherheit, einer spielenden Vollendung –›fünfundvierzig‹ sprach es in ihr. Er scherzte, plauderte, sprach – immer mit den Jüngsten, sah sie. Fast kam sie ein Schaudern an. War es nicht beinahe, als sei ein Toter lebendig geworden, als fordere ein Abgeschiedener Lebensspeise, in dessen Mund der Staub schon knirscht –? Halte doch ein! Das, was ihr eifersüchtiges, zorniges Herz am innigsten festgehalten, das, was ihr zwanzig Jahre hindurch Glücksbrot und Lebensspeise gewesen: die Erinnerung an ihre erste, festliche Zeit – zerging ihr nun. Sie konnte es nicht mehr halten.

      Die Nacht steht wie eine Wand um sie, ein enges Gefängnis, ohne Ausweg. Die Uhr auf dem Nachttisch tickt nutzlose Zeit weg, die durchwartet werden muß. Die zitternde Hand läßt das Licht aufleuchten – und von den Wänden grüßen sie seine hellen, eiligen Bilder.

      Sie blickt sie an, als sähe sie diese Bilder zum erstenmal. Sie ist wie die Welt draußen, die in dieser Zeit auch anfängt, vor seinen Bildern stille zu stehen, sie zu sehen. Plötzlich ist die Zeit dieser Bilder gekommen – aber für ihren Schöpfer ist die Zeit vorüber. Widerspiel, Widerpart, Unsinn der Zeit, Widersinn – da er sein Werk schuf, zwanzig Jahre, unablässig, geduldig, milde, war er der einzige, der es sah. Nun kommt die Welt, mit Briefen und Abbildungen, mit Kunsthändlern und Ausstellungen, mit Geld, mit goldenem Lorbeer aber seine Zeit verrann, er hat sie ausgeschöpft, der Brunnen ist leer ...

      Ja, Bilder ... sagt er und geht.

      Die Frau,


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