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TARZAN UND DIE AMEISENMENSCHEN. Edgar Rice BurroughsЧитать онлайн книгу.

TARZAN UND DIE AMEISENMENSCHEN - Edgar Rice Burroughs


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Fremden sahen sie nicht als ihresgleichen an. Er ähnelte ihnen so wenig wie die anderen Geschöpfe, die ihnen die Mutter sonst zur Atzung gebracht hatte. Ihn zu verzehren, war ebenso berechtigt wie bei einer Antilope. Indessen wären die meisten von ihnen nicht auf diesen Gedanken gekommen. Das älteste der Mädchen war darauf verfallen, und auch sie hätte nicht daran gedacht, wäre etwas zum Essen dagewesen, denn sie wusste wohl, dass das sonderbare Wesen nicht zu diesem Zwecke hereingebracht worden war. Wara hatte ihn als Mann für sich mitgebracht, wie es bei diesem Volke üblich war, wo sich die Weibchen einmal in jedem Jahre einen neuen Gefährten draußen im Wald jagten; dort lebten die schüchternen Männchen als Einzelgänger für sich. Während der Zeit, in der sie dann in den steinernen Hürden des herrschenden Geschlechts gefangen gehalten wurden, erfuhren sie roheste Behandlung und waren sogar der Verachtung seitens der Sprösslinge ihrer zeitweiligen Ehegefährtinnen ausgesetzt.

      Manchmal, wenn auch selten, gelang es ihnen, zu entkommen, gelegentlich ließ man sie aber auch laufen, denn es war leichter, sich in der nächsten Paarungszeit einen neuen Mann zu fangen, als einen solchen das ganze Jahr über in der Gefangenschaft zu füttern. So etwas wie Liebe gab es unter diesen wilden Halbtieren nicht. Die zur Welt gekommenen Jungen kannten weder ihre Väter noch besaßen sie irgendwelche wenn auch noch so dürftige Zuneigung zu einander oder zu irgendeinem Wesen überhaupt.

      Ein schmales Band fesselte sie nur an ihre Mutter, auf die sie der Nahrung wegen angewiesen waren, bis sie groß genug waren, um selbst in die Wälder zu gehen und Beute zu machen oder sich das zu suchen, was die freigebige Natur für sie bereithielt.

      Im Alter von fünfzehn bis siebzehn Jahren wurden die Knaben freigelassen und in den Wald gejagt. Von da ab kannte selbst die eigene Mutter sie nicht mehr. Etwa im gleichen Alter wurden die Mädchen von der Mutter mit in die eigene Höhle genommen und blieben dort. Sie durften die Mutter dann auf der täglichen Jagd begleiten, bis sie sich selbst den ersten Gatten gewannen. Von da ab hausten sie für sich allein, und jedes Band zwischen Mutter und Kind war zerschnitten. Es konnte sogar Vorkommen, dass sie wegen eines Mannes auf einander eifersüchtig wurden oder um eine Beute auf Leben und Tod miteinander kämpften. Der Bau der Steinhütten und Einfriedigungen, in denen die Kinder gehalten wurden, war die einzige gemeinsame Tätigkeit, zu der sich die Weiber notgedrungen zusammentun mussten, denn die Männer wären bei der ersten sich bietenden Gelegenheit während des Bauens in den Wald geflüchtet, und die Kinder hätten das gleiche getan, soweit sie sich schon stark genug fühlten, um auf eigenen Beinen zu stehen. Aber die Riesenweiber konnten mit dieser Riesenarbeit auch allein fertig werden.

      Von der Natur mit ungeheuren Muskeln und Stahlsehnen ausgestattet, brachen sie die großen Steinplatten aus einem das Amphitheater überragenden Berghang, schleiften sie nach dem Grunde des kleinen Tales und richteten sie ohne weitere Hilfsmittel nur mit roher körperlicher Kraft auf.

      Aber es wurde selten nötig, neue Hütten und Höfe zu bauen, denn die hohe Sterblichkeitsziffer unter ihnen machte meist genug Wohnstätten für die heranwachsenden Mädchen frei. Eifersucht, Gier, Jagdunfälle, gegenseitiger Mord und Totschlag, alles zusammen hielt die Zahl der erwachsenen Weiber auf niedrigem Stand. Gelegentlich erschlug wohl auch einer der verachteten Männer seine Häscherin beim Kampfe um die Freiheit.

      Die abstoßende Lebensweise der Alalis war die naturgemäße Folge der unnatürlichen Vertauschung der Geschlechtsanschauungen. Der Mann soll Liebe fordern und durch seine Überlegenheit erst Achtung, dann Bewunderung im Herzen des begehrten Weibes erwecken. Die Liebe kam erst nach diesen anderen Empfindungen ins Dasein. Da die weiblichen Alalis den männlichen allmählich über den Kopf wuchsen, erloschen auch die Gefühle für Achtung und Bewunderung, und eine Liebe war unmöglich.

      Tarzan war über die menschenfresserischen Absichten der wilden missgebildeten Geschöpfe nicht im Zweifel. Die männlichen Alalis beteiligten sich zwar nicht an der Einleitung eines Angriffs, aber sie trugen eifrig trockenes Gras und kleine Stücke Holz aus den Hütten zusammen. Während die drei Mädchen, deren jüngstes kaum sieben Jahre zählte, sich dem Affenmenschen mit drohend erhobenen Keulen näherten, zündeten die Jungen ein Feuer an, auf dem sie bald den saftigen Braten zubereiten wollten, den ihnen ihre zottige Mutter mitgebracht hatte.

      Nur einer der Knaben, ein Bürschlein von sechzehn Jahren, hielt sich allein und machte mit Händen, Kopf und Körper erregte Zeichen. Anscheinend suchte er die Mädchen von ihrem Vorhaben abzubringen; er wendete sich sogar an die anderen Knaben um Hilfe, aber diese sahen nur einmal zu den Mädchen hin und setzten dann ihre Kochvorbereitungen fort. Als sich aber die Mädchen planmäßig dem Affenmenschen näherten, stellte sich der Junge ihnen sogar in den Weg und suchte sie aufzuhalten. Im Nu warfen sich die drei kleinen Teufel auf ihn, um ihn mit der Keule umzubringen. Aber der Knabe entwischte ihnen, riss ein paar der federgeschmückten Steine vom Gürtel und schleuderte sie auf seine Angreiferinnen. Seine Geschosse flogen so rasch und gutgezielt, dass zwei der Mädchen heulend zu Boden fielen. Das dritte Geschoss verfehlte sein Ziel, traf aber einen der Knaben an der Schläfe und tötete ihn augenblicklich. Es war jener Knabe, der Tarzans Anhängsel gestohlen hatte. Seit Tarzan wieder zur Besinnung gekommen war, hatte er es, schüchtern wie alle seine männlichen Gefährten, krampfhaft in der Hand verborgen gehalten.

      Das älteste Mädchen sprang aber vorwärts, ohne sich dadurch stören zu lassen. Der Knabe warf noch einen Stein nach ihr, dann flüchtete er zu dem Affenmenschen. Er wusste zwar nicht, wie ihn dieser aufnehmen würde, vielleicht bewog ihn ein angeborenes Erinnerungsgefühl der Kameradschaft dazu - möglich auch, dass der in Tarzan in so hohem Grade verkörperte Edelmut in ihm eine Art vergessener Seele wiedererweckte. Wie dem auch sein mochte, er stellte sich an Tarzans Seite, während das Mädchen, das augenscheinlich in dieser neuen ungewohnten Kühnheit seines Bruders eine Gefahr witterte, nunmehr vorsichtiger herankam.

      In ihrer Zeichensprache schien sie dem Knaben klarzumachen, was sie mit ihm anfangen werde, wenn er noch weiter seinen schwachen Willen zwischen sie und ihre hungrigen Wünsche stelle. Aber er machte nur ein paar trotzige Zeichen und blieb. Tarzan klopfte ihm jetzt freundschaftlich lächelnd auf den Rücken, da fletschte der Kleine gräulich die Zähne, anscheinend ein Versuch, das gewinnende Lächeln des Affenmenschen zu erwidern. Doch inzwischen war das Mädchen heran. Tarzan wusste wirklich nicht, wie er sich verhalten sollte. Seine angeborene Ritterlichkeit verbot ihm, dies Geschöpf anzugreifen, ja schon der Gedanke, ihr in Selbstverteidigung eine Verletzung zufügen zu müssen, war ihm unangenehm. Gleichwohl wusste er, dass es sogar nötig werden könne, seine Gegnerin zu töten. So sah er sich denn wohl nach einem Ausweg um, hielt sich aber doch für eine Tat bereit, die ihm zuwider war. Zunächst hoffte er noch, so durchkommen zu können.

      Die Riesin Anga hatte den neugefangenen Gatten aus der Höhle in die Umfriedigung gebracht, wo sie ihn ein oder zwei Wochen eingesperrt halten wollte. Sie hörte das Trampeln der nackten Füße und die Schläge der Keulen gegen die Wände aus dem Hof der toten Wara schallen und erriet bald deren Ursache. Ihr persönlich war das Wohl und Wehe der Sprösslinge jener anderen gleichgültig. Aber ein gewisser Rasseninstinkt bewog sie, die Kinder freizulassen, damit sie sich selbst ihren Lebensunterhalt suchen konnten und nicht durch Verhungern dem Stamme verloren gingen. Sie dachte nicht daran, fremde Kinder zu füttern, aber sie wollte ihnen das Tor öffnen und sie laufen lassen; dann konnten sie für sich selbst sorgen, sich durchbringen oder zugrunde gehen, wie es das unerbittliche Naturgesetz von der Auswahl der Tüchtigsten vorschreibt.

      Vorläufig ließ sie sich aber noch Zeit. Sie griff mit ihren kraftvollen Fingern ins Haar ihres knurrenden Gatten und schleppte ihn trotz seines Widerstandes zu ihrem Hof, nahm den großen Stein vom Eingang, stieß den Mann hinein und schloss die Öffnung wieder. Dann ging sie zum Hof der anderen, öffnete die Tür und schritt durch die beiden Räume nach dem Innenhof, in dem eben das älteste Mädchen auf Tarzan losging. An der Tür stehenbleibend, schlug sie mit ihrer Keule an die Wand, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und sogleich sahen alle zu ihr hin. Sie war das erste erwachsene weibliche Wesen, das die Kinder außer ihrer Mutter zu Gesicht bekamen, und sie wichen in offenbarer Angst zurück. Der Knabe an Tarzans Seite verkroch sich sogar hinter dessen Rücken, worüber sich dieser keineswegs wunderte. Auch er sah zum ersten Mal ein ausgewachsenes Alali-Weib, denn während der ganzen Zeit, in der ihn Wara herumgezerrt hatte, war er bewusstlos gewesen.

      Das Mädchen, das


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