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Die Kartause von Parma. StendhalЧитать онлайн книгу.

Die Kartause von Parma - Stendhal


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und des Glückes hinweg, von 1800 bis 1810. Fabrizzio verbrachte davon die ersten im Schloß Grianta, prügelte sich mit den Bauernjungen des Dorfes und lernte nichts, nicht einmal lesen. Später schickte man ihn auf die Jesuitenschule nach Mailand. Der Marchese, sein Vater, verlangte, daß man ihm Latein beibrächte, doch nicht nach den alten Schriftstellern, die immer von Republiken reden, sondern nach einem prächtigen, mit mehr als hundert Kupferstichen geschmückten Folianten, einem Werk von Meistern des Secento. Es war die lateinische Familiengeschichte des Hauses derer von Valserra, Marchesi del Dongo, herausgegeben Anno 1650 von Fabrizzio del Dongo, Erzbischof von Parma. Da die Valserras ihr Glück vornehmlich im Waffenhandwerk gemacht hatten, so stellten die Stiche in der Hauptsache Schlachten dar, und auf jedem sah man einen Helden dieses Namens, der mächtige Säbelhiebe austeilte. Das Buch gefiel dem jungen Fabrizzio ungemein. Seine Mutter, die ihn vergötterte, durfte ihn von Zeit zu Zeit in Mailand besuchen; aber da ihr Gatte ihr niemals Geld zu diesen Reisen gab, war es ihre Schwägerin, die liebenswürdige Contessa Pietranera, die ihr das Nötige borgte. Nach der Wiederkehr der Franzosen war jene eine der glänzendsten Frauen am Hofe des Fürsten EugenEugène de Beauharnais (1781-1824), Stiefsohn Napoleons., des Vizekönigs von Italien.

      Als Fabrizzio gefirmelt war, erhielt die Contessa von dem noch immer in freiwilliger Verbannung lebenden Marchese die Erlaubnis, ihn ab und zu aus seiner Schule zu sich kommen zu lassen. Sie fand, er sei eigenartig, geweckt, sehr ernst, aber ein netter Junge, der dem Salon einer Modedame keineswegs zur Unzierde gereiche, im übrigen drollig unwissend, ja kaum des Schreibens kundig. Die Contessa, die ihren Feuergeist in keiner Sache verleugnete, versprach dem Schulvorstand ihre Gönnerschaft, falls ihr Neffe Fabrizzio bemerkenswerte Fortschritte mache und am Jahresschluß recht viele Preise bekäme. Das Erreichen dieser Ziele förderte sie damit, daß sie den Jungen alle Sonnabende abends abholen ließ und ihn oft erst am Mittwoch oder Donnerstag darauf zu seinen Lehrern zurückschickte. Die Jesuiten waren, trotz der zärtlichen Vorliebe des Vizekönigs für sie, nach den Gesetzen des Königreichs aus Italien verwiesen, und der Superior der Schule, ein gewandter Mann, wußte genau, welchen Vorteil er aus den Beziehungen zu einer am Hofe allmächtigen Frau ziehen konnte. Er hütete sich, über Fabrizzios Ausbleiben Klage zu führen, der, unwissender denn je, am Ende des Jahres fünf erste Preise erhielt. Infolgedessen wohnte die glänzende Contessa di Pietranera mit ihrem Gatten, jetzt Generalleutnant und Kommandeur einer Gardedivision, nebst fünf oder sechs der höchsten Persönlichkeiten vom Hofe des Vizekönigs der Preisverteilung bei den Jesuiten bei. Der Superior wurde von seinen Vorgesetzten beglückwünscht.

      Die Contessa nahm ihren Neffen auf alle glänzenden Feste mit, durch die sich die kurze Regierungszeit des liebenswürdigen Fürsten Eugen auszeichnete. Dank ihrem Einfluß zum Husarenoffizier ernannt, trug der zwölfjährige Fabrizzio Uniform. Entzückt von seiner hübschen Erscheinung, erbat sie eines Tages beim Fürsten eine Pagenstelle für ihn, was soviel bedeutete wie den Friedensschluß der Familie del Dongo mit der Regierung. Am Tage darauf mußte sie freilich ihren ganzen Einfluß aufbieten, damit der Vizekönig sich ihrer Bitte nicht mehr erinnere, der nichts weiter fehlte als die Einwilligung vom Vater des künftigen Pagen, die schroff verweigert worden wäre. Nach dieser Torheit fand der wutschnaubende Marchese einen Vorwand, den jungen Fabrizzio nach Grianta heimzurufen. Die Contessa strafte ihren Bruder mit überlegener Verachtung. In ihren Augen war er ein jämmerlicher Trottel und aller Schandtaten fähig, falls er je die Macht dazu gewänne. In Fabrizzio dagegen war sie vernarrt. Nach zehnjährigem Schweigen schrieb sie an den Marchese und forderte ihren Neffen zurück. Ihr Brief blieb ohne Antwort.

      Als Fabrizzio wieder in das düstere Schloß kam, das die kriegerischsten seiner Ahnen erbaut hatten, verstand er von nichts auf der Welt etwas als vom Reiten und Exerzieren. Graf Pietranera, der in den Jungen ebenso vernarrt war wie seine Frau, hatte ihn manchmal auf ein Pferd gesetzt und zum Dienst mitgenommen.

      Bei seiner Ankunft im Schloß Grianta waren Fabrizzios Augen noch ganz rot von den Tränen, die er beim Scheiden aus den schönen Gemächern seiner Tante vergossen hatte. Seine Mutter und seine Schwestern empfingen ihn mit leidenschaftlichen Liebkosungen. Der Marchese hatte sich mit seinem ältesten Sohne, dem Marchesino Ascanio, in sein Arbeitszimmer eingeschlossen. Dort fertigten die beiden Geheimbriefe an, die die Ehre hatten, nach Wien zu gehen. Vater und Sohn erschienen nur zu den Mahlzeiten. Der Marchese pflegte mit Betonung zu sagen, er unterrichte seinen natürlichen Nachfolger in der doppelten Buchführung über die Erträge seiner Landgüter. In Wirklichkeit war er viel zu eifersüchtig auf seine Macht, als daß er einen Sohn und notwendigen Erben aller seiner Besitztümer in derlei eingeweiht hätte. Er gebrauchte ihn dazu, Berichte von fünfzehn bis zwanzig Seiten zu chiffrieren, die er zwei- oder dreimal wöchentlich nach der Schweiz schmuggelte, von wo aus sie nach Wien gelangten. Der Marchese vermeinte, seinen rechtmäßigen Herrscher über die Zustände im Königreich Italien, von denen er selber keine Ahnung hatte, auf dem laufenden zu halten. Gleichwohl hatten seine Berichte viel Erfolg. Das kam so: Der Marchese ließ auf den Heerstraßen durch irgendeinen sicheren Beauftragten die Zahl der Soldaten aller französischen oder italienischen Regimenter feststellen, die ihre Standorte wechselten, und wenn er dem Wiener Hof darüber berichtete, so verheimlichte er sorglich ein reichliches Viertel der zur Zeit vorhandenen Truppen. Diese auch sonst lächerlichen Schreiben hatten den Vorzug, andere, genauere Berichte Lügen zu strafen. Deshalb gefielen sie. Und so hatte der Marchese, wenige Tage vor Fabrizzios Ankunft im Schloß, das Großkreuz eines hochgeschätzten Ordens bekommen. Es war der fünfte, der seinen Kammerherrnrock zierte. Zwar wagte er zu seinem Leidwesen nicht, in dem Rock außerhalb seines Zimmers umherzustolzieren, aber er erlaubte sich nie einen Bericht zu diktieren, ohne den bestickten, mit allen seinen Orden geschmückten Rock angelegt zu haben. Er hätte es für Mangel an Ehrerbietung gehalten, wenn er anders gehandelt hätte.

      Die Marchesa war über die liebenswürdigen Eigenschaften ihres Sohnes entzückt. Nun hatte sie die Gewohnheit bewahrt, zwei- oder dreimal im Jahr mit dem General Grafen von A. Briefe zu wechseln; so hieß jetzt jener Leutnant Robert. Voller Abscheu davor, Menschen, die sie liebte, zu belügen, fragte sie ihren Sohn aus und war über seine Unwissenheit entsetzt.

      ›Wenn er schon mir, die ich selber nichts weiß, ungebildet vorkommt,‹ sagte sie sich, ›so wird Robert, der so Wohlunterrichtete, seine Erziehung ganz mangelhaft finden. Und heutzutage muß man etwas taugen.‹ Eine andere Eigentümlichkeit Fabrizzios setzte sie fast ebenso in Erstaunen. Er nahm alle kirchlichen Dinge, die man ihm bei den Jesuiten beigebracht hatte, für Ernst. Obgleich selbst sehr fromm, erschrak sie doch vor dem Glaubenseifer des Kindes. Sie sagte sich: ›Wenn der Marchese Geist genug hätte, diese schwache Seite herauszufinden, so könnte er mir die Liebe meines Sohnes abspenstig machen.‹ Sie weinte viel, und ihre leidenschaftliche Schwäche für Fabrizzio wuchs dadurch noch mehr.

      Das Leben in dem Schloß, das dreißig bis vierzig Dienstboten bevölkerten, war recht traurig. Daher verbrachte Fabrizzio den ganzen Tag auf der Jagd oder in einer Barke auf dem See. Bald war er mit den Kutschern und Stallburschen auf vertrautem Fuß. Allesamt eifrige Parteigänger der Franzosen, machten sie sich unverblümt über die kriecherischen Kammerdiener lustig, die dem Marchese oder seinem ältesten Sohne sklavisch ergeben waren. Besonders erregte es ihren Spott, daß sich diese würdevollen Leute nach dem Vorbild ihrer Herrschaft puderten.

      Zweites Kapitel

      Nun, da der Abend unser Aug umflort,

       Betracht ich zukunftssüchtig die Gestirne,

       Durch die uns Gott in Lettern, wohl zu deuten,

       Der Kreaturen Los und Schicksal kündet.

       Denn der aus Himmelshöhn den Menschen schaut,

       Weist ihm aus Mitleid oft den rechten Pfad

       In seiner Sternenschrift am Firmament

       Und sagt das Glück, das Unglück uns voraus.

       Doch wir, am Staube haftend, sündenschwer,

       Verachten solche Schrift und sehn sie nicht.

       RonsardPierre de Ronsard, einer der Dichter der Plejade (sechzehntes Jahrhundert), von seinen Zeitgenossen dem Homer und dem Pindar gleichgesetzt.

      Der Marchese bekundete einen starken Haß gegen jede Aufklärung.


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