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Der Meerkönig. Balduin MöllhausenЧитать онлайн книгу.

Der Meerkönig - Balduin Möllhausen


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umzuwenden. »Was sollte ich wohl ganz allein auf der Welt anfangen?«

      »Es ist wahr,« versetzte die Frau leise, »ich muß bei Dir bleiben, aber das Herz bricht mir, wenn ich an unser Lieschen denke. Lieber, lieber Gott, erst zehn Jahre alt, und schon sterben zu müssen! Das Kind war so gut und so schön!« fügte sie schluchzend hinzu.

      »Zu schön und zu gut für uns, oder der liebe Gott hätte es uns gelassen,« tröstete der Vater die trauernde Mutter.

      »Alle Menschen hatten ihre Freude an dem klugen Kinde,« fuhr diese darauf wieder schmerzbewegt fort, »und es lernte so leicht und schrieb so wunderbar schön.«

      »Du hast recht, Mutter; doch was helfen die Klagen? Unser Lieschen bringen sie nicht zurück. Liebte doch auch der Herr Pfarrer das Kind, und der mußte es gewiß kennen, denn er hatte es ja getauft; und der sagt: Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen, der Name des Herrn sei gelobt!«

      Die Mutter antwortete mit einem tiefen Seufzer. Die Aufmerksamkeit ihres Gatten dagegen wurde jetzt ausschließlich durch die Pferde in Anspruch genommen und durch den Wagen, welchen er nur mit genauer Noth zwischen den Bäumen hindurch zu lenken vermochte.

      Nach der Landstraße zu war Alles dunkel, die Schatten des Waldes fielen fast gänzlich mit der schneeerfüllten Atmosphäre zusammen; er zog es daher vor, sich in der Nähe der Schonung zu halten, die, wie er wußte, weiter unterhalb die Straße berührte.

      Langsamer noch, als bisher, verfolgten die Pferde ihren hindernißreichen Weg, und oft bedurfte es der Aufbietung aller ihrer Kräfte, den Wagen durch die bankähnlichen Schneeanhäufungen zu schleppen, die sich über den zerstreut stehenden Gruppen kleiner Tannenschößlinge gebildet hatten.

      Sie befanden sich nicht mehr weit von der Landstraße, als beim Hineinwaten in eine neue, jedoch hohle Schneebank die Pferde plötzlich erschreckt zur Seite prallten und durch heftiges Schnauben Unruhe verriethen.

      Der Bauer, in der Meinung, ein Baumstumpf oder eine Vertiefung habe die Besorgniß der klugen Thiere wachgerufen, versuchte, an dem verborgenen Gegenstande vorbeizulenken; da derselbe sich aber gerade zwischen den Pferden, unterhalb der Deichselstange befand, so erwies sich seine Mühe als vergeblich; er erreichte nur, daß die Thiere noch ungeduldiger und störrischer wurden.«

      Doch auch zurück vermochten die Pferde den Wagen, trotz der aufmunternden Worte und des milden Gebrauchs der Peitsche, nicht mehr zu schieben, indem tiefer Schnee und niedriges Strauchwerk die Räder hemmten, so daß der Bauer sich endlich genöthigt sah, abzusteigen, um sich von der Ursache des unwillkommenen Aufenthaltes zu überzeugen.

      Seine Frau nahm daher die Zügel, und immer noch freundlich zuredend, begab er sich nach der Spitze der Deichsel hin, wo er das Hinderniß vermuthete.

      Kaum aber hatte er den gewölbt liegenden Schnee mit den Füßen zurückgestoßen und demnächst mit den Händen auf der betreffenden Stelle zwischen dem Gestrüpp umhergetastet, da richtete er sich plötzlich wieder empor.

      »Guter Gott, ein Mensch!« rief er entsetzt aus; dann aber sich schnell ermannend, trat er zwischen die Pferde, um den Verunglückten gegen deren beschlagene Hufe zu schützen.

      Doch die Pferde, sobald sie ihren Herrn vor sich sahen, verhielten sich ruhig, und ohne weitere Scheu zu verrathen, duldeten sie, daß der erstarrte Körper zwischen ihnen hervorgezogen wurde.

      »Ach, Mutter, es ist ein Kind,« rief er gleich darauf aus, »aber todt, todt! Gräßlich, ein Kind, und im Schnee umkommen zu müssen!«

      »Ist es denn wirklich todt?« fragte die Bäuerin, deren Lebensgeister durch das tiefste Mitgefühl plötzlich wieder zur hellen Flamme angefacht worden waren.

      »Kalt und schlaff,« entgegnete der Mann, indem er versuchte, den kleinen, schmächtigen Körper in eine sitzende Stellung zu bringen.

      »Vater, es ist dennoch vielleicht Leben in ihm!« rief die Frau lebhaft, die sie verhüllende Decke zurückwerfend und sich erhebend. »Du weißt, unser Lieschen, als es gestorben war, wurde starr und steif, die kleinen Arme bogen sich nicht mehr, und nur mit Mühe gelang es mir, die Fingerchen zu falten! Schnell, Vater, schnell hebe es auf den Wagen! So lange die Glieder schlaff und beweglich sind, ist die letzte Hoffnung nicht verloren!«

      »Armer Wurm, so im Schnee und Eise verkommen zu müssen!« sprach der Bauer vor sich hin. »Und die Eltern, die Eltern, wo mögen sie sein, in welcher Lage mögen sie sich befinden, daß ihr Kind überhaupt verloren gehen konnte?« Dann aber hob er den anscheinend leblosen Körper empor, und an die Seite des Wagens hintretend, reichte er ihn seiner Gattin dar.

      Im nächsten Augenblicke befand er sich ebenfalls auf dem Wagen, die Handschuhe warf er zur Seite, die Zügel schnürte er an den Leiterbalken fest, und ohne Säumen traf er Anstalt, seine Gattin in den Wiederbelebungsversuchen zu unterstützen.

      Was kümmerten die guten Leute nun noch der fallende Schnee und die zunehmende Dunkelheit, was fragten sie danach, daß sie außerhalb der Straße auf unwegsamem Boden hielten und die Pferde, die ihnen einen großen Theil ihres täglichen Brodes verdienen halfen, um so länger dem bösen Wetter ausgesetzt blieben? Es galt, ein Menschenleben zu retten, das Leben eines Kindes, und zu genau wußten sie, was es heißt, den Liebling des Herzens dem Grabe überantworten zu müssen.

      Darum beeilten sie sich auch so sehr, das Halstuch und das leichte Kleidchen von der Brust des auf dem Sitzsacke liegenden kleinen Mädchens zu entfernen, und darum empfanden sie auch ein so inniges Entzücken, als sie entdeckten, daß das Herz noch nicht aufgehört hatte zu schlagen. Freilich wiederholten sich die kaum fühlbaren Schläge in langen, unregelmäßigen Pausen, allein sie bewiesen doch, daß wenigstens noch ein Funke von Leben vorhanden sei und ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt werden dürften.

      Mit weiteren Prüfungen hielten sie sich daher nicht auf, denn jeder Pulsschlag in dem zarten Körper konnte ja der letzte sein, jeder Augenblick über Leben und Tod entscheiden. Zwar hatten die guten Leute in der Schule keine große Gelehrsamkeit gesammelt, aber lesen hatten sie gelernt, und rechtzeitig erinnerte sich die Frau, in einem Bilderbuche von der Wiedererweckung im Schnee Erstarrter gelesen zu haben, und von den Mitteln, deren man sich dabei bediente. Die Mittel erschienen ihr damals wunderbar und märchenhaft, allein heute verstand sie den ganzen Werth derselben, und leicht gelang es ihr, auch den Gatten damit vertraut zu machen. Schnee war ja in ihrer nächsten Nähe in Fülle vorhanden, sie hatten es daher so bequem, wie sie nur wünschen konnten, und für Leute ihres Schlages, die seit ihrer frühesten Jugend mit schwerer Arbeit vertraut gewesen, war es kaum eine Mühe, mit lockerem Schnee die erstarrten Glieder zu bedecken und zu reiben.

      Und sie rieben lange und eifrig; nur gelegentlich ließen sie ein bedauerndes Wort fallen über die hageren Aermchen, die unter ihren Händen und der rauhen Behandlung zu zerbrechen drohten, und über das dünne Kleid, welches selbst der kräftigsten und abgehärtetsten Natur keinen hinreichenden Schutz gegen die winterliche Kälte geboten hätte. In dem Maße aber die schlaffen Glieder sich zu erwärmen begannen, verdoppelten sie auch ihre Anstrengungen, und als sie dann endlich das Klopfen des Herzens deutlicher spürten, ein leiser, warmer Athemzug die Schläfe der dicht vor den kalten Lippen ängstlich horchenden Bäuerin streifte, da dankten sie laut dem lieben Gott, daß er den Weg hatte verschneien und die Pferde von demselben abirren lassen. Wie ein freundlicher Trost zog es in ihre bekümmerten Herzen ein, und die auf ihren erhitzten und vom Wetter gebräunten Wangen schmelzenden Flocken vermischten sich mit einzelnen warmen Tropfen, die ein unerklärliches Gefühl den biederen Leuten, ohne daß sie es merkten, in die Augen getrieben hatte. Indem aber das auf der Gränze des Todes stehende Leben unter ihren Händen zurückkehrte, verschärfte sich auch ihre Erfindungsgabe.

      Die Frau holte nämlich aus ihrem Kober einen Krug Essig hervor. Behutsam wusch sie Schläfen und Gesicht des Kindes, und ein paar Tröpfchen ließ sie zwischen die noch immer kalten Lippen laufen. Der Mann dagegen hatte unterdessen den Deckel von dem kleinen Sarge geschraubt, und zwar mit fester Hand und ohne jenen herben Schmerz zu empfinden, der ihn, als er in der Stadt die letzte Wohnung seines einzigen Kindes auf den Wagen lud, erschütterte; in den Sarg auf die Hobelspäne legte er seinen dicken Mantel, sorgfältig darauf achtend, daß die


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