Reise durch die Sonnenwelt. Jules VerneЧитать онлайн книгу.
überein. Er geht an der Sonne in einer Entfernung von nur 7200 Meilen und mit einer Schnelligkeit von 8000 Meilen in der Secunde vorüber. Die Wärme, welche er dabei empfängt, gleicht derjenigen, welche 87,000 Sonnen der Erde in ihrem mittleren Abstande zustrahlen würden. Sein Schweif war sogar am hellen Tage sichtbar.
Der Donati'sche Komet, der seiner Zeit zwischen den Sternbildern des nördlichen Himmels in so lebhaftem Glanze schimmerte, hatte eine etwa siebenhundertmal geringere Masse als die Erde.
Der mit heller leuchtenden Strahlenbüscheln geschmückte Komet von 1861 glich einer ungeheuren, phantastischen Muschel.
Der Komet von 1864, dessen Umlaufszeit nicht weniger als 280,000 Jahre beträgt, verliert sich also sozusagen im Weltraume.
Die dritte Frage: Wie verhält es sich mit der Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes zwischen der Erde und irgend einem jener Kometen?
Wenn man die Bahnen der Planeten und die der Kometen auf Papier zeichnet, so schneiden sich dieselben an vielen Punkten. In der Wirklichkeit liegt das aber anders. Die Ebenen dieser Bahnen stehen gegen die Ekliptik, d.i. die Kreisbahnebene der Erde, in sehr verschiedenen Winkeln geneigt. Kann es nun aber trotz dieser »Vorsichtsmaßregeln« des Schöpfers, bei der ungeheuren Anzahl der Kometen nicht einmal vorkommen, daß einer derselben gegen die Erde anstößt?
Hier die Antwort:
Die Erde verläßt, wie bekannt, niemals die Ebene der Ekliptik, und die von ihr um die Sonne beschriebene Bahn liegt in jedem Punkt in dieser Ebene.
Was muß also zusammentreffen, damit ein Komet gegen die Erde stoßen könne:
1 Dieser Komet muß ihr in der Ebene der Ekliptik begegnen.
2 Die Stelle, welche der Komet schneidet, muß dieselbe sein, an welcher sich die Erde eben befindet.
3 Die Entfernung zwischen den Mittelpunkten der beiden Gestirne muß kleiner sein als die Summe ihrer Halbmesser.
Können nun diese drei Bedingungen erfüllt werden und in Folge dessen einen Zusammenstoß herbeiführen?
Als man diese Frage einst Arago vorlegte, antwortete er:
»Die Wahrscheinlichkeitsrechnung liefert uns die Unterlagen, die Chancen eines solchen Zusammentreffens abzuschätzen, und zwar lehrt sie, daß man bei dem Auftreten eines bisher unbekannten Kometen 280 Millionen gegen 1 wetten kann, daß derselbe die Erde nicht treffe.«
Laplace leugnete die Möglichkeit eines solchen Zusammenstoßes nicht vollständig und beschreibt dessen Folgen in seiner »Darstellung des Weltsystemes«.
Sind die Aussichten nun hinreichend beruhigend? Darüber wird Jeder je nach seinem Temperamente urtheilen. Es verdient hierbei übrigens bemerkt zu werden, daß die Berechnung des berühmten Astronomen auf zwei Elemente basirt ist, welche unendlich verschieden sein können. Er verlangt nämlich: 1. daß der Komet in seinem Perihel der Sonne näher sei als die Erde, und 2. daß der Durchmesser dieses Kometen (-kernes) dem halben Radius der Erde mindestens gleichkomme.
Bei diesem Exempel handelt es sich also nur um den Zusammenstoß zwischen einem Kometenkerne und der Erdkugel. Wollte man auch ein Zusammentreffen mit der Nebelhülle in Betracht ziehen, so müßte man jene Zahl um das Zehnfache vermindern, also entweder 280 Millionen gegen 10, oder 28 Millionen gegen 1 dafür einsetzen.
Bleiben wir zunächst bei Arago's Auseinandersetzung stehen, so sagt er weiter:
»Nehmen wir einmal an, daß ein die Erde treffender Komet das Leben des ganzen Menschengeschlechtes vernichtete; dann wäre die Todesgefahr für das einzelne Individuum bei der Erscheinung eines unbekannten Kometen ebenso groß, als befände sich in einer Urne eine einzige weiße Kugel unter 280 Millionen anderen Kugeln, und seine Verurtheilung zum Tode würde davon abhängig gemacht, daß diese einzige weiße Kugel bei der ersten Ziehung zum Vorschein käme!«
Aus Allem geht immerhin hervor, daß die Möglichkeit des Zusammenstoßes eines Kometen mit der Erde nicht unbedingt auszuschließen ist.
Ist ein solches Ereigniß schon jemals dagewesen?
Nein, behaupten die Astronomen, weil »seit die Erde sich um ihre unveränderte Achse dreht, sagt Arago, man mit aller Sicherheit darauf schließen kann, daß sie keinen Stoß von einem Kometen erlitten habe. In Folge eines solchen Stoßes wäre plötzlich eine andere Rotationsachse an Stelle der jetzigen Hauptachse getreten, und die Zonen der Erde hätten nach und nach entstandene Veränderungen aufweisen müssen, für welche aber keinerlei Beweise beizubringen sind. Die Constanz der irdischen Zonen spricht also dafür, daß unser Planet seit seiner Entstehung durch keinen Kometen getroffen worden ist.. Auch kann man nicht, wie es mehrere Gelehrte wollten, jene etwa hundert Meter unter die Meeresoberfläche betragende Senkung des Caspischen Beckens etwa von dem Anprall eines Kometen herleiten«.
Daß also kein solcher Zusammenstoß stattgefunden, scheint sicher zu sein aber hätte denn jemals einer stattfinden können?
Diese Frage erinnert unwillkürlich an den Gambart'schen Kometen.
Als derselbe im Jahre 1832 erschien, erfüllte er die Welt mit einem gewissen Entsetzen. In Folge einer sonderbaren kosmographischen Coïncidenz schneidet die Bahn dieses Kometen fast diejenige der Erde. Am 29. October, kurz vor Mitternacht, mußte derselbe sehr nahe an einem Punkte der Erdbahn vorbeikommen. Würde die Erde zu derselben Zeit sich ebenda befinden? Wenn das der Fall war, so mußte ein Zusammenstoß stattfinden, denn die Länge des Kometen-Radius betrug nach Olber's das Fünffache des Erd-Radius und eine Strecke der Erdbahn war von seiner Nebelhülle bedeckt.
Glücklicher Weise gelangte die Erde nach diesem Punkte ihrer Bahn erst einen Monat später, am 30. November, und als sie daselbst mit der ihr eigenen Geschwindigkeit von 46,400 Meilen im Tage vorüberkam, war der Komet von ihr schon gegen 13 Millionen Meilen entfernt.
Recht schön; doch wäre sie an diesem Punkte einen Monat früher, oder der Komet einen Monat später eingetroffen, so hätte ein Zusammenstoß stattgefunden. Wäre das möglich gewesen? Unzweifelhaft, denn wenn man auch gar nicht anzunehmen braucht, daß irgend ein fremder Einfluß die Rotation des Erdsphäroïdes hätte beschleunigen können, so wird doch Niemand bestreiten, daß der Lauf eines Kometen nicht verzögert werden könnte, da diese Gestirne auf ihrer Bahn bekanntermaßen oft ganz gewaltige Störungen erleiden.
Wenn ein solcher Stoß in der Vergangenheit also nicht stattgehabt hatte, so spricht doch nichts dagegen, daß es hätte der Fall sein können.
Uebrigens war der in Rede stehende Gambart'sche (Biela'sche) Komet im Jahre 1805 schon einmal zehnmal näher, d.h. in einer Entfernung von nur 1,200,000 Meilen, bei der Erde vorübergegangen. Bei der Unbekanntschaft mit diesem Verhältniß rief jene Constellation damals aber keinerlei Besorgniß hervor. Nicht ganz so verhielt es sich mit dem Kometen von 1843, denn man fürchtete, daß die Erde ganz und gar von dessen Schweif verhüllt und unsere Atmosphäre vielleicht zum Athmen untauglich würde.
Die vierte Frage: Was würde die Folge eines solchen Stoßes sein, je nachdem der betreffende Komet einen harten Kern besäße oder nicht?
Die Einen dieser weit im Weltraume umherschweifenden Gestirne haben nämlich in der That einen Kern, der den Anderen abgeht.
Fehlt den Kometen ein solcher Kern, so erweisen sie sich aus einem so zarten Nebel bestehend, daß man durch denselben selbst Fixsterne zehnter Größe wahrzunehmen vermochte. Hierdurch erklärt sich auch der nicht seltene Wechsel in der Form dieser Himmelskörper und die Schwierigkeit, sie allemal sicher wieder zu erkennen. Dieselbe überaus seine Materie bildet auch ihren Schweif. Letzterer erscheint fast nur als eine unter dem Einflusse der Sonnenwärme entstehende Ausdünstung aus dem Kerne, resp. der Nebelhülle.
Ein Beweis hierfür liegt darin, daß dieser Schweif, sei es in der Form einer seinen Feder oder in der eines mehrtheiligen Fächers, sich erst dann auszubilden beginnt, wenn die Kometen nur noch 18 Millionen Meilen, also weniger als die Erde, von der Sonne entfernt sind. Daneben beobachtet man jedoch auch, daß gewisse, vielleicht dichtere, massenreichere und gegen hohe Temperaturgrade widerstandsfähigere Kometen kein Anhängsel dieser Art