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Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen. Johann Wolfgang von GoetheЧитать онлайн книгу.

Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen - Johann Wolfgang von Goethe


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das Leben verbittert, wird ehstens hier erscheinen, voll Zutrauens und Gehorsams. Möge die alles durchdringende Stimme der Götter ihn ergreifen, sein Herz fassen und ihm gebieten, nie wieder einen Fuß über meine Schwelle zu setzen! Mein Dank würde ohne Grenzen bleiben.« – Der Alte nickte mit dem Kopfe, sein weißer Bart bewegte sich murmelnd; ich ging mit wechselnder Hoffnung und Sorgen zurück und bin nun hier.

      FERIA. Möge alles zum Besten ausschlagen! – Du verzeihst, Bruder; ich muß vor Tafel mit meinen Räten, die schon lange warten, noch einige Geschäfte abtun; ich lasse dir die Kinder; unterhalte dich mit meinem muntern Geschlechte.

      ANDRASON. Ich danke dir, Schwester. Wenn ich dich missen soll, weiß ich nichts Bessers als diese freundlichen Augen.

      FERIA. Bald seh ich dich wieder. Ab.

      SORA. Sagt uns nun, Herr, was Ihr denkt.

      ANDRASON. Von der geflickten Braut?

      SORA. Ich meine, was Ihr tun wollt.

      ANDRASON. Tun! als ob das Orakel nichts gesagt hätte; mit meinem Übel beladen wieder nach Hause gehn und nach meiner Frau sehen, die ich in wunderbaren Zuständen anzutreffen fürchte.

      SORA. Was macht sie denn indessen?

      ANDRASON. Sie geht im Mondscheine spazieren, schlummert an Wasserfällen und hält weitläufige Unterredungen mit den Nachtigallen. Denn seitdem der Prinz weg ist, einen Zug durch seine Provinzen und hiernächst zum Orakel zu tun, ist's nicht anders, als ob ihre Seele in einen langen Faden gezogen wäre, der bis zu ihm hinüberreichte. Eins noch, an dem sie großes Vergnügen findet, ist, daß sie Monodramen aufführt.

      MANA. Was sind das für Dinge?

      ANDRASON. Wenn ihr Griechisch könntet, würdet ihr gleich wissen, daß das ein Schauspiel heißt, wo nur eine Person spielt.

      LATO. Mit wem spielt sie denn?

      ANDRASON. Mit sich selbst, das versteht sich.

      LATO. Pfui, das muß ein langweilig Spiel sein!

      ANDRASON. Für den Zuschauer wohl. Denn eigentlich ist die Person nicht allein, sie spielt aber doch allein; denn es können noch mehr Personen dabeisein, Liebhaber, Kammerjungfern, Najaden, Oreaden, Hamadryaden, Ehemänner, Hofmeister; aber eigentlich spielt sie für sich, es bleibe ein Monodrama. Es ist eben eine von den neuesten Erfindungen; es läßt sich nichts darüber sagen. Solche Dinge finden großen Beifall.

      SORA. Und das spielt sie ganz allein für sich?

      ANDRASON. O ja! Oder, wenn etwa Dolch oder Gift zu bringen ist – denn es geht meistens etwas bunt her –, wenn eine schreckliche Stimme aus dem Felsen oder durchs Schlüsselloch zu rufen hat, solche wichtige Rollen nimmt der Prinz über sich, wenn er da ist, oder in seiner Abwesenheit ihr Kammerdiener, ein sehr alberner Bursche; aber das ist eins.

      MELA. Wir wollen auch einmal so spielen.

      ANDRASON. Laßt's doch gut sein und dankt Gott, daß es noch nicht bis zu euch gekommen ist! Wenn ihr spielen wollt, so spielt zu zweien wenigstens; das ist seit dem Paradiese her das üblichste und gescheiteste gewesen. Nun noch eins, meine Besten – daß wir die Zeit nicht mit fremden Dingen verplappern –, meine Hoffnung, wieder glücklich zu werden, ruht nicht allein bei den Göttern, sondern auch auf euch, ihr Mädchen.

      SORA. Auf uns?

      ANDRASON. Ja, auf euch! und ich hoffe, ihr werdet das Eure tun.

      MANA. Wie soll das werden?

      ANDRASON. Der Prinz, wenn er nach dem Orakel geht, wird hier vorbeikommen, euch seine Ehrerbietung zu bezeigen, wie Fremde gewöhnlich tun, die diesen Weg nehmen. Meine Schwester wird artig sein und ihm Quartier anbieten; ihm anbieten, daß sie seine Leute, sein Gepäcke beherbergen will, indes er sich ins Gebirge nach dem Orakel tragen läßt, wo jeder, er sei, wer er wolle, allein, ohne Gefolge anlangen muß. Wenn er nun kommt, meine Besten, so sucht sein Herz zu rühren. – Ihr seid liebenswürdig. Ich will die als eine Göttin verehren, die ihn an sich zieht und mich von ihm befreit.

      SORA. Gut! Euch ist er unerträglich, und uns wollt Ihr ihn zuschieben! Wenn er uns nun auch unerträglich ist?

      ANDRASON. Seid ruhig, Kinder! Das findet sich. Ihr andern liebt meistenteils an den Männern, was Männer an sich untereinander nicht leiden können. Und gewiß, er ist so übel nicht und wäre, denk ich, noch zu kurieren.

      MELA. Wie sollen wir es denn anfangen?

      ANDRASON. Bravo, liebes Kind! du zeigst doch guten Willen! Ich muß erst eure Anlagen ein wenig kennenlernen. Laßt sehn! Stellt euch vor, ich sei der Prinz; ich will ankommen, schmachtend und traurig tun – wie wollt ihr mich empfangen?

      Sie beginnen einen lebhaften Tanz.

      ANDRASON. Nicht doch, Kinder, nicht doch! Meint ihr, daß alles Wild nach einer Witterung geht? Mit einem solchen Bauerntanz wollt ihr meinen sublimierten Helden gewinnen? Nein! seht auf mich! das muß in einem andern Geiste traktiert werden.

      Sanfte Musik.

      Er macht ihnen die hergebrachten Bewegungen vor, womit die Schauspieler gewöhnlich die Empfindungen auszudrücken denken.

      ANDRASON. Habt ihr wohl achtgegeben, Kinder? Erstlich, immer den Leib vorwärtsgebogen und mit den Knien geknickt, als wenn ihr kein Mark in den Knochen hättet! Hernach immer eine Hand an der Stirne und eine am Herzen, als wenn's euch in Stücken springen wollte; mitunter tief Atem geholt, und so weiter. Die Schnupftücher nicht vergessen!

      Die Musik geht fort, und die Fräulein befolgen seine Vorschrift. Er stellt den Prinzen vor; bald korrigiert er sie, bald nimmt er die Person des Prinzen wieder an; endlich hört man eine Trompete in der Ferne.

      ANDRASON. Aha!

      LATO. Es wird aufgetragen.

      ANDRASON. Es heißt zu Pferde und zu Tische! Beides eine schöne Einladung. Kommt! diese Empfindsamkeit zuletzt hat mich hungriger gemacht als meine Reisen bisher.

      Zweiter Akt

      Saal, in chinesischem Geschmacke, der Grund gelb mit bunten Figuren.

      Mana und Sora.

      MANA. Nun, das heiß ich ein Gepäcke! Der ganze Hof ist voll Kisten, Kasten, Mantelsäcke und ungeheurer Verschläge.

      SORA läuft ans Fenster. Wir werden ihm den ganzen Flügel des Palastes geben müssen, nur seine Sachen unterzubringen.

      MANA. Es ist abscheulich, wenn Mannspersonen reisen, als ob sie Wöchnerinnen wären. Über uns halten sie sich auf, daß, wenn wir doch auf vier Wochen ins Bad gehen, der Schachteln, Kästchen, Pappen und Wachstücher kein Ende werden will; und sich erlauben sie's!

      SORA. Wie mehr Sachen, liebes Kind, die sie uns übelnehmen.

      Ein Bedienter kommt.

      BEDIENTER. Der Kavalier des Prinzen läßt sich melden.

      MANA. Führt ihn herein.

      Bedienter ab.

      Sieh zu, es hat sich doch nichts an meinem Kopfputze verschoben?

      SORA. Halt! – Die Locke hier – Er kommt.

      Merkulo tritt herein.

      MERKULO. Vollkommene Damen! Es sind nicht viel Augenblicke meines Lebens, worin ich mich so glücklich fühlte als in dem gegenwärtigen. Sonst werden wir armen Diener meistenteils bei verdrießlichen Angelegenheiten vorgeschoben, bei angenehmen Ereignissen stehen wir zurück; aber diesmal erhebt mich mein Prinz über sich selbst, indem er mich voraus in die Wohnung des Vergnügens und der Reize sendet.

      MANA. Sie sind sehr gütig.

      SORA. Und recht willkommen. Wir haben so viel Gutes von dem Prinzen gehört, daß wir vor Neugierde brennen, ihn zu sehen.

      MERKULO. Mein Fürst ist glücklich, daß er schon in der Entfernung Ihre


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