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Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen. Johann Wolfgang von GoetheЧитать онлайн книгу.

Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen - Johann Wolfgang von Goethe


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      Die deutlich, doch undeutlich, immerfort

      Das Ungeheure mir entfalten.

      Gespenster sind's, nicht Wolken, nicht Gespenster,

      Die Wirklichen, sie dringen auf mich ein.

      Wie kann das aber wirklich sein,

      Das Webende, das immer sich entschleiert?

      Verschleierte Gestalten, Ungestalten,

      In ewigem Wechseltrug erneuert!

      Wo bin ich? Bin ich mir bewußt? –

      Sie sind's! sie sind auch nicht, und aus dem Grauen

      Muß ich voran lebendig Kräft'ge schauen;

      Fürwahr, es drängt sich Brust an Brust

      Voll Lebensmacht und Kampfeslust;

      Die Häupter in den Wolken sind gekrönt,

      Die Füße schlangenartig ausgedehnt,

      Verschlungen schlingend,

      Mit sich selber ringend,

      Doch alle klappernd nur auf mich gespitzt.

      Die breite Wolke senkt sich, eine Wolke

      Lebendig tausendfach, vom ganzen Volke,

      Von allen Edlen schwer; sie sinkt, sie drückt,

      Sie beugt mich nieder, sie erstickt!

      Er wehrt sich gegen die von der Einbildungskraft ihm vorgespiegelte Vision, weicht ihr aus, wähnt, in die Enge getrieben zu sein, ist ganz nahe, zu knien. Die Hoffnung nimmt ihre ruhige Stellung wieder an. Er ermannt sich.

      Aufgeregte Höllenbilder,

      Zeigt euch wild und immer wilder,

      Und ihr fechtet mich nicht an!

      Euer Wanken, euer Weben

      Sind Gedanken; sollt' ich beben

      Vor dem selbstgeschaffnen Wahn?

      Euer Lasten, euer Streben,

      Ihr Verhaßten, ist kein Leben;

      Eure Häupter, eure Kronen

      Sind nur Schatten, trübe Luft.

      Doch ich wittre Grabesduft:

      Unten schein' ich mir zu wohnen,

      Und schon modert mir die Gruft.

      Er entflieht mit Grauen. Hoffnung ist nicht mehr zu sehen. Der Vorhang fällt.

      Zweiter Aufzug

      Erster Auftritt

      LIEBE erhebt sich nach einiger Zeit, wie abwesend, wo nicht wahnsinnig.

      Sag', wie ist dir denn zumalen?

      Was beengt dir so das Herz?

      Was ich fühle, sind nicht Qualen,

      Was ich leide, ist nicht Schmerz.

      Ob ich gleich den Namen höre,

      Liebe, so hieß ich immerfort;

      Es ist, als ob ich gar nicht wäre,

      Liebe, 's ist ein leeres Wort.

      GLAUBE die indessen aufgestanden, aber nicht sicher auf ihren Füßen steht.

      Wankt der Felsen unter mir,

      Der mich sonst so kräftig trug?

      Nein! ich wanke, sinke hier,

      Habe nicht mehr Kraft genug,

      Mich zu halten; meine Knie

      Brechen, ach, ich beuge sie

      Nicht zum Beten; sinnenlos,

      Herzlos lieg' ich an dem Boden,

      Mir versagt, mir stockt der Oden;

      Götter! meine Not ist groß!

      LIEBE weiterschreitend.

      Zwar gefesselt sind die Hände,

      Doch der Fuß bewegt sich noch;

      Wenn ich, ach, dorthin mich wende,

      Schüttl' ich ab das schwere Joch.

      GLAUBE wie jene, nur etwas rascher und lebhafter.

      Will ich mich vom Ort bewegen,

      Wird vielleicht der Busen frei.

      Sieht die Schwester herankommen.

      O, die Schwester! Welch ein Segen!

      Ja, die Gute kommt herbei.

      Indem sie gegeneinander die Arme ausstrecken, sehen sie sich so weit entfernt, daß sie sich nicht berühren können.

      LIEBE.

      Gott! ich kann dich nicht erreichen,

      Ach, von dir steh' ich gebannt!

      Indem sie an ihren vorigen Platz eilig zurückkehrt.

      GLAUBE.

      Gibt's ein Elend solchesgleichen!

      Die noch gezögert und sich hin und wieder umgesehen hat, stürmt auch nach ihrer Seite.

      Nein! die Welt hat's nicht gekannt.

      Beide werfen sich an ihrer Stelle nieder.

      Zweiter Auftritt

      HOFFNUNG welche indessen oben erschienen und heruntergetreten ist.

      Ich höre jammern, höre klagen –

      In Banden meine Schwestern? Wie,

      O wie sie ringen, wie sie zagen!

      Vernehmt mein Wort, es fehlet nie.

      Ihr zeigt mir freilich eure Ketten,

      Getrauet nicht, mich anzuschaun;

      Doch bin ich, hoff' euch zu erretten –

      Erhebt euch, kommt, mir zu vertraun!

      Dritter Auftritt

      GENIEN herbeieilend.

      Immer sind wir noch im Lande,

      Hier und dort mit raschem Lauf.

      Sie nehmen die Ketten ab, zugleich mit dem Schmuck.

      Erstlich lösen wir die Bande –

      Richte du sie wieder auf!

      Denn uns Genien gegeben

      Ward gewiß ein schönes Teil;

      Euer eigenes Bestreben

      Wirke nun das eigne Heil.

      Sie entfernen sich.

      HOFFNUNG zu den wegeilenden Genien.

      Nehmt Gotteslohn, ihr süßen Brüder!

      Sie hebt erst den Glauben auf und bringt ihn gegen die Mitte.

      Und steht nur erst der Glaube fest,

      So hebt sich auch die Liebe wieder.

      LIEBE die von selbst aufspringt und auf die Hoffnung loseilt.

      Ja, ich bin's, und neugeboren

      Werf' ich mich an deine Brust.

      GLAUBE.

      Völlig hatt' ich mich verloren,

      Wieder find' ich mich mit Lust.

      HOFFNUNG.

      Ja, wer sich mit mir verschworen,

      Ist


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