Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.
Braut. Der
sprach zum Abschied ein bewegliches Wort: »Gottes
Güte sei mit dir, o Tochter! Er gebe dir Ruhe im
Glück und ein friedlicheres Herz, als ich an meiner
Frau erfunden habe!«
Kaum war diese Rede gesprochen, so schlug die
Mutter einen Lärmen auf und schrie der Tochter nach:
»Vernimm auch mein Wort! Du sollst alle deine Lebetage
deinem Mann untertan sein, so, wie ich dich
gelehret habe!« und die Tochter rief zurück: »Wohl,
meine Mutter, so soll es geschehen nach deiner
Lehre.«
So ritten nun die beiden ganz allein miteinander
hin, aber der Ritter vermied die Straße, um der Braut
Argheit willen, und ritt einen unbequemen, steilen
und engen Seitenweg, wohl einer Meile lang, doch ritt
er rasch, daß er in kurzer Zeit eine halbe Meile zurücklegte
auf dem rauhen, ungebahnten Steinpfad. Da
kamen sie an einen umbuschten Werder und der Falke
begann nach seiner Art mit den Flügeln zu schlagen
und von der Hand zu begehren, weil er auf Reiher stoßen
wollte. Sprach der Ritter: »Mit deinem Federschlagen
laß es gut sein, oder ich reiße dir den Kopf
ab.« Bald darauf sah der Falke eine Krähe fliegen, der
wollte er nach; da sprach wiederum der Ritter: »Du
bist betrogen, wenn du nach Ungemach strebst und
nicht gern in Ruhe dich hältst, und so will ich dir
gleich dein Recht tun. Stirb, da du nicht meinen Willen
halten willst!« Und er erwürgte den Falken, wie
ein Huhn.
Die Maid erschrak ob dieser Rede und der tötlichen
Tat und begann den Ritter zu fürchten. Nun wurde der
Pfad immer enger, steiniger und dorniger, und dem
Windspiel schmerzten die Füße, und es vermochte
nicht mehr, sich wie vor an des Pferdes Seite zu halten.
Der Ritter, der es an einem Riemen führte, mußte
es immer nachziehen, das war dem Ritter ungelegen,
und er schalt das Windspiel: »Du böser Hofwart, hab
acht, es kommt dir zum Unheil, daß du mir den Arm
so zerziehst!« Der arme Hund vermochte aber nicht
zu folgen, und da zog der Ritter sein Schwert und
hieb ihn tot.
Die Maid unterdrückte einen Schrei des Unwillens,
aber das Herz in der Brust erschrak ihr, es ward ihr
weh zu Mute, und sie dachte: Herr Gott, welch ein
Wüterich ist dieser Mann! brachte mich denn der Teufel
zu ihm! – Der Ritter aber behielt das Schwert
blank in der Hand und begann nun mit seinem Roß zu
schelten: »Was schnaubst du? Warum gehst du nicht
Paß oder Trab? Du willst wohl nur auf ebnem Plan
gehen? Du mußt sterben!« Da nun das arme Roß
nicht Paß traben konnte, welcher Gang ihm nie gelehrt
worden war, so sprach der Ritter: »Frau, steiget
ab!« Sie sprach: »Ich tue, was Ihr mich heißt.« Darauf
stieg der Ritter auch ab, und hieb dem Pferd das
Haupt vom Rumpfe, sprechend: »Wärest du nach
meinem Sinn gegangen, so wäre dir nicht der Tod geworden.
Frau, dies ist geschehen, wie Ihr seht. Mir
war das Pferd gar unlieb geworden, wie auch Windspiel
und Falke. Nun aber ist mir ein ungewohnt und
beschwerlich Ding, zu Fuße zu gehn, und ich habe
des keine Übung. Ich werde nun Euch reiten!« und
damit begann er, ihr Riemen und Bande anzulegen
und auch den Sattel wollte er ihr aufschnallen. Sie
sprach: »Herr, ich trüge schon genug an Euch, lasset
den Sattel und die Seile, viel herzlieber Herre mein,
ich trage Euch ja sanfter und besser ohne ihn.«
»Ei, Frau, wie stände mir das an, daß ich Euch ritte
ohne Sattel und Zeug?« fragte der Ritter heftig. »Ihr
habt böse Sitte, daß Ihr gegen meinen Willen zu
reden Euch erkühnet!« Und da ließ sie sich gefallen,
daß er zur Stund sie sattelte und aufzäumte, wie ein
Roß, und ihr Zaum und Gebiß in den Mund legte, und
gab ihr die Steigbügel in die Hände, die stramm zu
halten, saß dann auf, und ritt sie so eine kleine Weile,
etwa dreier Speerlängen weit, bis ihr die Ohnmacht
zuging von der schweren Last.
Da stieg der Ritter von ihr ab und sprach: »Frau,
schnappt Ihr nach Luft?« – »O nein, Herr!« antwortete
sie. Weiter sprach er: »Das ist ein schönes Feld, da
könnt Ihr nun im Zelt (Schritt) gehen.« Sie sprach,
indem sie auf Händen und Füßen weiter kroch: »Ich
will es gern tun. Auf meines Vaters Hofe laufen viele
Pferde, denen hab ich Zeltgang abgelernt.«
»So wollt Ihr alles tun, was ich will?« fragte der
Ritter, und sie gegenredete: »Und wenn ich tausend
Jahre leben sollte, so wollte ich tun, was Euch lieb
ist!« Da hieß er sie aufstehn, und nahm sie schön an
der Hand, und führte sie sittsamlich heim in sein
Schloß, wo seine Freunde versammelt waren, die
grüßten sie ehrfurchtsvoll und geleiteten sie in ihr
Zimmer. Das geschah mit großen Freuden, und die
Frau war das allerliebste Weib, ehrbar und wohlgezogen,
ohne List und Trug, treu, ruhig, mild, keine Tugend
fehlte ihr. Ihre Gäste empfing sie freundlich und
fröhlich, und ohne Haß und Unwillen erfüllte sie, wie
ein biederes Weib tun soll, die Wünsche ihres Eheherrn.
Als nun sechs Wochen vergangen waren, fuhren
der jungen Frau Vater und Mutter zu ihrer Tochter
hin, zu sehn, wie es ihr ergehe und wie sie sich gehabe.
Bald genug erfuhr die Mutter, was geschehen war,
und wie ihre Tochter ihrem Manne gehorsamte, als sie
diese zornig schalt und ihr zurief: »O über dich unseliges
Weib! Was ich sehen und hören muß, läßt mich
zweifeln, daß du mein Kind bist. Was? Du lässest
deinen Mann deinen Meister sein?« Und dabei schlug
die böse