Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2. Dr. Phil. Monika EichenauerЧитать онлайн книгу.
tätigen Behandler lachen darüber, wie die professionalisierte KV-Elite wie ein Esel an einen Strick gebunden zuschauen muss und darauf warten darf, bis jemand aus der Wirtschaft sie einkauft. Oder, wie sie versuchen, ihre Existenz zu retten – dabei allerdings vergeht allen beizeiten das Lachen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die politischen Pläne Richtung Verstaatlichung weitergehen. Die Verarmung geht weiter und überträgt sich auf die Berufseinsteiger: Stress, Angst – Angststörungen nehmen zu wie Christian Schüle in seinem Artikel „In den Fängen der Angst“ mitteilt. (In: DIE ZEIT, 19. April 2007).
Die rüde Art, wie mit der Behandlerschaft, ob Mediziner oder Psychotherapeuten, Naturheilpraktikern, Pädagogen oder Sozialarbeitern, gesellschaftspolitisch umgegangen wird, wurde vom Präsidenten der Caritas, Dr. Peter Neher, kommentiert und angemahnt:
„Wir brauchen einen öffentlichen Diskurs über soziale Berufe, über ihre Rahmenbedingungen und ihre Wertschätzung. Wir brauchen eine Politik, die soziale Arbeit fördert und nicht verhindert. Wir brauchen Menschen, die diese Berufe wählen, und wir brauchen alle, die sie darin unterstützen, auch weil es uns selbst betrifft.“ (Gesundheits- und Sozialpolitik, 2004, S. 28)
Hierzu sollte man wissen, dass dem deutschen Gesundheitswesen die Ärzte ausgehen! Der Arztberuf ist nicht mehr attraktiv – nicht zuletzt dank der aktuellen Reformen. Damit spreche ich das Thema „Kommunikation“ generell in unserer kulturellen Wirklichkeit an: Zu hoffen bleibt, dass nicht nur Kliniken auf öffentliche Kritik konstruktiv reagieren, wie der Ombus-Verein (2004) feststellte, sondern auch Politik, Unternehmen, Standesorganisationen und Kassenärztliche Vereinigungen etc. In Deutschland ist es ein Leichtes, sich auf irgendein Gesetz zu berufen, um Kommunikation, Reflexion und Denken zu verhindern. Das Alte soll im Kern erhalten bleiben. Nach dem Motto: Was ist zu ändern, um nichts zu verändern bzw. das Bestehende noch zu verschlechtern und als gut erscheinen zu lassen? wird unentwegt an Verordnungen, Gesetzesvorlagen und Gesetzen herumgefeilt, bis das Resultat wieder zu Lasten des Bürgers geht und das alte Muster des Sündenbocks, der Schuldverschiebung neu auflebt. Damit kann sich der Reformer – politisch bar jeglicher Verantwortlichkeit – aus der gesellschaftlichen Affäre ziehen. Diese politisch abgesicherte Gesetzesmacherei bezieht sich auf Berufsrechte für Psychologische Psychotherapeuten und Ärzte, aber ebenso auf Grundrechte und staatliche Verordnungen, und widerspricht dem Gedanken von Demokratie, Freiheit und Gleichheit. Generell zieht der Bürger den Kürzeren. Beispiel: Praxisgebühr.
Die provozierenden Pressemitteilungen zu den Ärztestreiks im ersten Vierteljahr des Jahres 2006 an Universitätskliniken à la „Dürfen Ärzte streiken?“ werden an dieser Stelle nicht wiederholt, sondern als bekannt vorausgesetzt. Die politischen Stellungnahmen wie zum Beispiel die der Gesundheitsministerin im März 2006, die Ärzte sollten an ihre moralisch-ethische Verpflichtung Patienten gegenüber denken und, statt für ihre Honorare zu streiken, wieder arbeiten gehen, werfen die Frage auf, wann Politiker und führende Wirtschaftsvertreter ihre moralisch-ethische Verpflichtung allen Bürgern gegenüber einlösen, statt die Probleme immer wieder erst verbal anzuerkennen, sie dann bis zur Unkenntlichkeit zu diskutieren, um sie schließlich in der politischen Grube versickern zu lassen …und dabei nicht vergessen, ihre eigenen Gehälter zu erhöhen. Die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung teilt im Juni 2009 mit: „Der Streit in der Ärzteschaft um die Honorare hat nicht zur Steigerung der Akzeptanz des KV-Systems in der Öffentlichkeit beigetragen. So berichten die Medien fast durchgängig über Ärzte, die Zuzahlungen verlangten, Behandlungen von GKV-Patienten verweigerten, die Praxen dicht machten. ‚Dr. Maßlos’ (Bild), ‚Lautes Klagen auf hohem Niveau’ (Südwestpresse) oder ‚Ärzte ohne Grenzen’ (Spiegel) waren typisch für die Berichterstattung.“ (Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung, 2. Mitgliederbrief 2009, Titelseite, Juni 2009) Diejenigen, die Patienten versorgen, werden zum Sündenbock, wenn sie eigene existenzielle und berufspolitische Interessen anmelden und sich dafür einsetzen.
Psychologische Psychotherapeuten dürften im gegenwärtigen Gesundheitswesen noch die einzige Facharztgruppe sein die auf der Grundlage des Hippokratischen Eides und damit im Sinne der Heilung arbeiten. Aufgrund ihres Behandlungsansatzes sind sie an der Gesundung des Patienten orientiert. Die Heilungserfolge der Psychotherapie wurden jahrelang von den Reformern des Gesundheitswesens ignoriert. In dem vorliegenden Band soll es daher um die Stellung der Psychologischen Psychotherapeuten innerhalb der Ärzteschaft gehen; denn es besteht Grund zu der Annahme, dass man uns eine „Zulassung zur Abschaffung der psychologischen Psychotherapie“ gab. Die Bestrebungen der KVen, der ärztlichen Standesorganisationen und die der Politik richten sich ganz offensichtlich gegen die psychologischen Psychotherapeuten. Trickreich versuchen sie den geisteswissenschaftlichen Strang der naturwissenschaftlichen Ärzteschaft unterzuordnen, um ihn per Repressionen allmählich schrumpfen zu lassen, bis niemand mehr in diesem Beruf arbeiten will.
In Band 3 schließlich wird generelle Verstaatlichung von Medizin und Psychologie in der Gesundheitswirtschaft unter die Lupe genommen, wie sie in dem vorliegenden Band bereits schon peripher angesprochen wird.
Anhand persönlicher Erfahrungen werden die politischen Umstände der Diplom-Psychologen beleuchtet, die im Gesundheitswesen der Gesundheitswirtschaft als Psychotherapeuten arbeiten. Teilweise werden offizielle Stellungnahmen zitiert, die Kollegen an die entsprechenden Fachverbände gerichtet haben – und die wie Sternschnuppen verglühten.
Kulturanalyse und Gefühle ergänzen sich: Alles, was in der Kultur vor sich geht, geht Behandler an – und umgekehrt: Was mit Behandlern passiert, sollte jeden Bürger interessieren
Die „Kultur“ ist ein riesiger, beweglicher, sensibler, manchmal unscheinbarer und dann wieder massiv in der Mitte der Gesellschaft stehender, Menschen entweder zerreißender oder zusammenführender und solidarisierender wie integrierender Organismus. Er wird beeinflusst und gelenkt durch Vergangenes wie Gegenwärtiges – und neuerdings verschärft durch Zukünftiges: Klima, Arbeitslosigkeit, Bildungsmissstände, Aggressionen, Terror, Steuergesetzgebung, Verwicklungen in internationale Konflikte und Kriege – und vieles mehr. All das, was in der Vergangenheit politisch und wirtschaftlich ignoriert wurde, schlägt in der Gegenwart offenbar unerbittlich zurück und lässt die Zukunftsprognosen zum Maß der aktuellen Aufarbeitung von Richtlinien zur Schadensbegrenzung werden.
Selbst angesichts der Vielfalt der zu behebenden Missstände sind die menschlichen Grundbedürfnisse nicht zu vernachlässigen, sondern zu beachten und zu befriedigen – denn ansonsten schlagen diese ebenfalls in naher Zukunft zurück.
Die Konflikte scheinen sich sogar aufgrund der Entwicklung im Gesundheitswesen auf die Gegenüberstellung, die hier im Buch aufgezeigt wird, zuzuspitzen: Welcher Wert ist auf den ersten Platz in einer Gesellschaft zu setzen? Ökonomie oder Heilung? Selbstwert oder Mehrwert? Das Koan (ZEN: eine Art Rätsel, um Grenzen zu überschreiten), wie beides zur gleichen Zeit zu verwirklichen wäre, liegt als Lösung nicht vor. Kultur entsteht und wächst aus gesellschaftspolitischen Entscheidungen und Einflüssen, die Entwicklungen hervorbringen. Die Globalisierung lässt Gesellschaft, Politik und Mensch zum Anhängsel der Wirtschaft werden. Die Frage, wie mit wirtschaftlichen Einflüssen umgegangen wird und was inhaltlich für welche Interessensgruppe verpflichtend ist, spielt eine wichtige Rolle. Daraus ergeben sich Fragen: Wie leben Menschen zusammen? Wie sieht die Basis für ihr Leben aus? Wie werden sie von Politikern und Wirtschaftsmanagern behandelt? Wie werden Patienten behandelt? Wie werden Ärzte/Mediziner politisch behandelt? Wie werden Psychologische Psychotherapeuten behandelt? Wie stellt sich gegenwärtig „Demokratie“ da? Wie wird mit relevanten außenpolitischen Fragen umgegangen? Wie wird in den Medien berichtet? Abstrahiert von den vielen „Wies“ zielt der Kern der Fragen auf Gerechtigkeit, Gleichheit, Existenzsicherung und Gesundheit.
Das menschliche Wesen und was es ist und sein könnte wird nicht fokussiert. Je nach Antwort auf diese Wies kann Kultur mobilisierend oder lähmend auf die in und mit ihr lebenden Menschen wirken. Kultur ist ein Sammelbecken aller Bestrebungen von Menschen, und ihr Ausweis sind die Geisteshaltungen einer Gesellschaft. Unsere derzeitige Kultur zeigt zwar vielerlei Ergebnisse, doch vor allem zwei Stränge stehen im Vordergrund: 1. Technologie und Ökonomie glänzen. 2. Menschliche Werte und Unterstützungen für Bedürftige gibt