Die Millionengeschichte. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.
Kleinaktien davon gekauft.«
John lachte.
»Zum Teufel, warum lachen Sie über das, was ich sage?«
»Es ist doch wirklich lächerlich. Nun sitzen Sie hier, zergrübeln sich den Kopf, wie Sie Ihr Vermögen vergrößern können, und besitzen so viel Geld, daß Sie nicht wissen, wohin damit – aber trotzdem haben Sie nichts davon. Sie verstehen überhaupt nicht, Geld richtig auszugeben. Wenn Sie wenigstens noch Vergnügen daran hätten, Ihre Einnahmen zu erhöhen!«
»Woher wissen Sie denn, daß ich kein Vergnügen daran habe? Verstehen Sie denn nicht, daß das allergrößte Vergnügen darin liegt, andere Leute davon abzuhalten, das Geld zu verdienen, das man sich selbst in die Tasche steckt? Nicht das Bewußtsein, daß ich ein so großes Vermögen habe, befriedigt mich, sondern die Tatsache, daß andere Leute mein Geld nicht haben. Sehen Sie, das ist ein Trick, den nicht alle Leute verstehen. Die größte Genugtuung beim Kampf liegt in der Niederlage des Gegners.«
»Wer ist eigentlich Ihr Gegner?« fragte John.
»Irgendeiner«, erwiderte Leman unbestimmt. »Irgendeiner, der an der Börse gegen mich spekuliert.«
Sie spielten drei weitere Spiele. Nun waren es im ganzen sechs, und das war das wohlabgewogene Maß der Erholung, das sich der alte Leman gönnte. Heute freute er sich besonders, denn er hatte gewonnen. Er ging wieder zum Büfett und goß ein Glas Likör ein.
Sands lachte gutmütig.
»Ich wundere mich manchmal selbst, daß ich immer noch zu Ihnen komme. Aber Sie scheinen mich doch ganz gern zu haben.«
»Ja, da haben Sie nicht unrecht.«
Sands sah ihn offen an.
»Habe ich jemals versucht, Geld von Ihnen zu erhalten, Harry?«
»Nein. Aber damit ist immer noch nicht gesagt, daß Sie nicht einmal den Versuch machen werden. Sie sind so ein ganz heimlicher Kerl, der seine Gelegenheit abwartet. Ich bewundere immer Ihre Geduld, und ich bin sehr neugierig, einmal zu erfahren, worauf Sie hinauswollen und warum Sie eigentlich mit mir verkehren.«
Die beiden lachten herzlich zusammen.
»Aber warum heiraten Sie denn nicht?« fragte John Sands dann plötzlich.
Der Millionär sah ihn argwöhnisch von der Seite an.
»Sie haben doch nicht etwa eine Schwester, die Sie unter die Haube bringen wollen? Habe ich Sie nun doch erwischt?«
»Nein, ich habe keine Schwester, die ich verheiraten möchte«, entgegnete Sands gleichgültig. »Aber Sie versauern hier mit der Zeit tatsächlich und ärgern sich über die ganze Welt. Schließlich könnte das durch eine Heirat gebessert werden. Sie haben außerdem so oft davon gesprochen, daß Sie heiraten wollen, um Ihre Verwandten zu ärgern, daß ich mich immer wundere, warum Sie Ihr Vorhaben nicht endlich einmal ausführen.«
»Ich habe doch keine Verwandten. Habe ich Ihnen das noch nicht oft genug erklärt?« entgegnete Leman scharf. »Da ist doch nur dieses junge Mädchen und ihre Mutter. Die alte Frau ist ein unnützes Wesen, das einmal meinen Bruder Tom geheiratet hat, und wenn der das Geld nicht mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen hätte, brauchte ich die Frau heute nicht zu unterhalten. Aber der war natürlich großspurig und sagte dem Kellner immer, er brauchte ihm nichts herauszugeben. Aber was sollte ich denn mit einer Frau anfangen?«
»Und was sollte eine Frau mit Ihnen anfangen? Das ist die andere Frage. Aber nehmen wir einmal an, Sie fänden die richtige Frau, die Sie heiraten und die Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten und getrennt von Ihnen irgendwo auf dem Kontinent leben würde?«
»Das ist der dümmste Vorschlag, den Sie mir jemals gemacht haben. Gehen Sie jetzt, ich möchte mich zur Ruhe legen!«
John Sands ging zum Hotel, in dem er telefonisch ein Zimmer bestellt hatte, saß noch lange in einem Lehnsessel vor dem Fenster und überlegte hin und her. Schließlich hatte er einen Plan ausgedacht. Den Millionär hatte er auf einem Dampfer kennengelernt, und zwar auf der Fahrt von den Vereinigten Staaten nach England. Die beiden hatten eine merkwürdige Freundschaft miteinander geschlossen, die hauptsächlich darauf beruhte, daß John Sands ein sehr ruhiges und ausgeglichenes Temperament besaß und vorzüglich Piquet spielte. In seiner Jugend hatte er ein nicht allzu großes Vermögen geerbt und dann sein Geld in einer Fabrik in Connecticut angelegt, die genügend Verdienst abwarf, um ihm ein bequemes, sorgenloses Leben in London zu ermöglichen. Er hatte natürlich Harry Leman dem Namen nach gekannt, denn der Millionär war einer der großen, ungekrönten Könige, und die Presse verherrlichte ihn seit zwanzig Jahren. Die Zeitungsleute kannten seine Schwäche, daß er gern über sich reden hörte. Auf der anderen Seite war er unglaublich geizig. Aber es machte ihm Spaß, Geschichten und Witze darüber zu lesen.
John Sands ärgerte sich, daß ein so reicher Mann seine Tage nutzlos verbrachte und eigentlich nichts vom Leben hatte. Harry Leman gab kaum mehr als einen Dollar pro Tag für seinen Unterhalt aus. Er rauchte billige Zigarren und renommierte damit, daß er sich in den letzten fünfzehn Jahren keinen neuen Anzug hatte machen lassen. Während der Überfahrt von den Vereinigten Staaten nach England hätte er sich natürlich die teuerste Kabine leisten können, aber er fuhr in einer Innenkabine, die er außerdem noch mit einem anderen teilte.
John Sands hatte im Gegensatz zu ihm eine der besten Kabinen an Bord des Luxusdampfers belegt, und er ließ sich mindestens zwölf verschiedene Anzüge im Jahr machen. Als er Lemans Eigenheiten kennenlernte, ärgerte er sich zuerst darüber, dann lachte er, und schließlich wurde er nachdenklich.
John verbrauchte alles Geld, das er verdiente, bis zum letzten Dollar, und immer hatte er etwas davon gehabt. Jedenfalls machte er sich das Leben so bequem und angenehm wie möglich. In letzter Zeit war der Ertrag seiner Fabrik geringer geworden; infolgedessen hatte er seinen Chauffeur entlassen und auch die beiden Rennpferde verkaufen müssen, die er in New Market trainieren ließ. Damit waren auch seine Aussichten und Hoffnungen auf einen großen Rennsieg und dementsprechende Gewinne gesunken.
Und nun saß er vor dem Kaminfeuer in seinem kleinen Hotelzimmer am Tavistock Square, baute Luftschlösser und träumte von besseren Zeiten.
*
Währenddessen suchten viele Polizisten im Regen das Gehölz südlich von Whitecross Hill ab. Ab und zu blieben sie stehen und fluchten nicht wenig auf Margaret.
»Ich gehe die höchste Wette ein, daß sie irgendeinen Bekannten hatte, der sie hier abholte«, sagte ein dicker Sergeant und entkorkte seine Whiskyflasche. Er hatte sich unter denselben großen Baum gestellt, unter dem Margaret von John Sands gefunden wurde. »Hübsch war das Frauenzimmer – nach allem, was man gehört hat. Aber daß man ausgerechnet bei einem solchen Schweinewetter nach ihr suchen soll, ist doch wirklich gemein! Na, wir wollen uns einmal stärken.«
Der Beamte neben ihm nahm die Flasche und tat auch einen Zug.
»Wenn ihr irgendein Mann zur Flucht verholfen hat, dann hoffe ich nur, daß sie ihn genauso behandelt wie ihren früheren!«
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